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DFST 41: Experiment 626

27. April 2024

Wir bleiben bei Disney weiterhin in einer spannenden Experimentierphase. Nach Dinosaurieren, einem aztekischen Herrscher, der zum Lama wird und einer Reise nach Atlantis dachte man sich im Maushaus 2002: „Okay, lasst uns mal was mit Aliens machen!“ Dabei entstand dann „LILO & STITCH“… ein Film, den ich damals mit meiner Mama und meinem jüngeren Bruder im Kino gesehen habe: Mein Mutter hat die ganzen Elvis-Presley-Sachen abgefeiert und mein kleiner Bruder den chaotischen Stitch. Ich habe irgendwie alles abgefeiert – und jetzt noch mehr, weil dieser Film auf die üblichen Disney-Klischees gekonnt verzichtet und mehr in der Tradition seiner Vorgänger eine schöne und witzige Geschichte erzählt.

Die Vereinigte Galaktische Föderation ist gerade dabei Dr. Jumba Jookiba (David Ogden Stiers) für seine Experimente zu verurteilen, als sein gefährlichstes Experiment, Nr. 626, einfach mal abhaut und auf der Erde notlandet. Hier trifft die gefährliche Kampfmaschine auf die junge Lilo (Daveigh Chase), die das Wesen als Hund adoptiert und Stitch nennt. Leider ist ihr Haustier so gar nicht stubenrein… und macht ihrer Schwester Nani (Tia Carrere) das Leben unnötig zur Hölle. Die muss nämlich vor dem Jugendamt, hier vertreten durch Cobra Bubbles (Ving Rhames), beweisen, dass sie auf ihre kleine Schwester aufpassen kann. Aber ohne Job und mit einem Alien, das wiederum von anderen Aliens gejagt wird, ist das alles gar nicht so einfach.

Was wir nun bekommen, ist ein ähnlich wilder Ritt wie „Ein Königreich für ein Lama“: „Lilo & Stitch“ setzt sehr viel auf old school Slapstick. Es geht viel kaputt, es fliegen viele Sachen durch die Gegend. Gerade Dr. Jookiba und sein Aufpasser Agent Leakley sind ein bisschen wie Laurel und Hardy… während Lilo und Stitch einfach das Paradebeispiel dafür sind, wie schwer es sein kann, ein Haustier zu trainieren. Mit den Beiden stoßen zwei sehr eigenwillige Trotzköpfe aufeinander, die im jeweils anderen dann aber Halt finden, sind sie doch Beide Außenseiter. Ich mag nach wie vor, wie gut „Lilo & Stitch“ dieses Thema in beiden Figuren aufgreift und so auch zeigt, wie die Zwei mit ihren Verantwortungen wachsen und sich gegenseitig Halt geben.

Da ist zwar sehr viel Comedy und Spaß. Gerade wenn Lilo Stitch mit Hilfe des Kings zu einem besseren Erdling zu machen, ist das schon eine verdammt lustige Ansammlung von Szenen, die wie eine „Rocky“-Trainingsmontage daherkommt. Aber ich muss sagen, dass hier das Herz trotzdem nicht zu kurz kommt. Gerade die emotionale Bindung zwischen Lilo und Stitch ist echt herzerweichend, aber auch wie die beiden Schwestern wieder mehr zueinander finden, ist echt schön. Für alle Figuren findet der Film Platz und vor allem einen Wandel in ihrem Denken. Selbst die gruseligen Außerirdischen werden zu Sympathie-Trägern, auch wenn es schon komisch ist, dass dieser Dr. Jookiba so plötzlich zum Guten wird, obwohl er doch Stitch als Zerstörungsmaschine erschuf. Aus seiner Figur hätte man tatsächlich mehr machen können… dann hätte man auch nicht zwingend Kapitän Gantu gebraucht, der dann eigentlich die Rolle des Schurken im Film übernimmt. Das war mir ein bisschen zu viel, das war zu sehr ein Verfallen in alte Muster. Gerade weil das Jugendamt und Dr. Jookiba als „Bedrohung“ des Friedens eigentlich ausgereicht hätten. Das hätte dem Film nochmal mehr emotionalen Wumms gegeben… zumal es ja schon reicht, wenn Lilo und Stitch irgendwann getrennt werden.

Aber gut, das ist Meckern auf hohem Niveau. Der Film ist trotzdem einfach schön… und halt auch einfach mal anders. Keine Disney-Prinzessin im klassischen Sinne, sondern einfach zwei Schwestern, die hart arbeiten und für sich einstehen müssen.

„Lilo & Stitch“ ist ein herrlich wilder Ritt, der wahnsinnig viel Spaß macht und dabei auch echt schön aussieht. Lange vor den surfenden Pinguinen wird hier Hawaii und Wellenreiten im Animationsbereich schmackhaft gemacht.

Wertung: 8 von 10 Punkten (wunderbar verrückt und wild)

Mit Abigail allein im Haus

26. April 2024

Erinnert ihr euch noch an „M3gan“? Dieses Kinderhorrorfilm mit dem Robotor-Mädchen, das so langsam durchdreht? Ich nenne es Kinderhorrorfilm, weil es zum einen um Kinder in den Hauptrollen ging und zum anderen, weil der Film für „Kinder“ gemacht wurde: Der bekam ja in den USA ein PG-13-Rating, damit auch alle coolen Kids sich den angucken konnten. Dementsprechend war da nicht so sonderlich viel los mit Horror oder Gewalt (obwohl uns ja immer ein R-Rated-Cut versprochen wurde). Viral ging der Film trotzdem – natürlich dank Tiktok, wo Megans skurriler Tanz zum Trend wurde und dem Film viel zu viel Publicity schenkte (ihr merkt schon, ich bin verbittert, was den Film angeht 😀 ). Jetzt taucht im Kino ein neuer Horror-Film auf – mit einem kleinen Mädchen, das auch wieder tanzt – den ich aber sehr viel mehr mochte: „ABIGAIL“.

Joey (Melissa Barrera), Frank (Dan Stevens), Rickles (Will Catlett), Sammy (Kathryn Newton), Peter (Kevin Durand) und Dean (Angus Cloud) bekommen von ihrem Auftraggeber Lambert (Giancarlo Esposito) folgende Aufgabe: Sie sollen die zwölfjährige Tochter eines fiesen Mafia-Bosses entführen und für 24 Stunden in einem alten Herrenhaus gefangen halten. Lambert möchte eben jenen Boss um ein paar Millionen erpressen. Also wird die junge Abigail (Alisha Weir) entführt… alles läuft am Schnürrchen, bis es dann doch nicht mehr so ganz nach Plan verläuft – und auf einmal deutlich wird, dass irgendwas mit unseren Entführern im Haus ist, das sie nach und nach umbringt.

Ich versuche jetzt mal an dieser Stelle aufzuhören und nichts zu spoilern, obwohl im Trailer und auf dem Poster schon sehr deutlich wird, was hier eigentlich Sache ist. Aber für den Fall, dass jemand noch nicht so wirklich viel über den Film weiß, will ich versuchen, den Twist (der relativ früh auch schon aufgelöst wird) zu verheimlichen.

Als erstes sei wirklich gesagt: Auch wenn ich „Abigail“ creepy Tänze durchgeführt werden, die sicherlich auch viral gehen könnten, ist dieser Film schon einfach tausendmal besser als „M3gan“. Denn im Gegensatz zu dem Film darf „Abigail“ blutig und äußerst brutal werden. Das Problem ist nur, bis es soweit ist, zieht sich der Film etwas:

Erstmal müssen sich alle Figuren kennenlernen… und dann gibt es zu Beginn eine Szene, in der Joey all ihre Partner anhand weniger Hinweise psychologisch kommentiert. Das sollte zeigen, wie krass sie ist und sollte uns zeigen, mit was für Menschen wir es zu tun haben. Aber das war alles überhaupt nicht nötig, denn die Figuren sind durch die Schauspieler schon so gut von einander zu trennen, dass ich das nicht nochmal auserzählt gebraucht hätte: Dan Stevens spielt den Boss der Truppe, der nur ans Geld denkt. Will Catlett ist der düstere, geheimnisvolle Typ, der lieber im Hintergrund bleiben will. Angus Cloud ist einfach der Naive, der scheinbar die ganze Zeit auf irgendwas drauf ist. Kevin Durand ist der knuddelige Riese mit wenig Sinn für Tiefgründiges und Sammy ist der Kaugummi kauende, rebellische Teenager. Da brauche ich keine Melissa Barrera, die das alles noch mal vertieft, weil die Charakter-Zeichnung durch die Darsteller wirklich schon mehr als ausreicht.

Das haben Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett, die unter anderem die letzten „Scream“-Filme gemacht haben, in „Ready or not“ viel besser hinbekommen. Da fackeln die auch nicht lange und lassen Samara Weaving schnell durchs alte Herrenhaus jagen. „Abigail“ verschwendet zu viel Zeit mit Gelaber – und so toll die Schauspieler auch sind, fragt man sich dann schon: „Geht’s bald mal los?“

Zum Glück geht es dann auch bald so richtig los… und dann wird „Abigail“ zu einem richtig schön fiesen Horror-Film, der es dabei aber auch immer wieder schafft, lustig zu bleiben. Ja, ich habe viel gelacht – vor allem auch an den Stellen, wo man merkt, da soll man auch lachen. Es war kein verzweifeltes Lachen, „Abigail“ ist eine wirklich gute Horror-Komödie (wenn sie denn mal in Fahrt kommt).

Im Gegensatz zur tanzenden Roboter-Dame darf der Film über die kleine, entführte Ballerina dann aber so richtig freidrehen. Da fängt noch verhältnismäßig harmlos an (so nur mit Kopf ab und so), aber steigert sich dann mehr und mehr. Am Ende splattern sich unsere zwei Regisseure aber einfach nur wild durch ihren Cast, lassen die Körperteile fliegen und das Kunstblut durch die Gegend spritzen, dass am Ende alles in dunkelstem Rot tapeziert ist. Untermalt mit diesem herrlich amüsanten Unterton, den schon „Ready or not“ so gut gemacht hat, muss ich wirklich sagen: „Abigail“ macht Spaß… da verzeihe ich dem Film dann auch, dass er gut 20 Minuten braucht, um so richtig in Fahrt zu kommen.

Wertung: 7 von 10 Punkten (herrliches Blutbad)

Warcrawler

24. April 2024

Als die ersten Trailer zu Alex Garlands „CIVIL WAR“ rauskamen, war ich nicht sonderlich angetan. Ich hatte das Gefühl, dass wir jetzt einen politisch sehr aufgeheizten Film zu einer politisch sehr aufgeheizten Lage bekommen – nicht zuletzt auch wegen der kommenden Präsidentschaftswahlen in den USA, wo ein gewisser Möchtegernschauspieler, der in „Kevin allein zuhause 2“ dem kleinen Kevin im Hotel den Weg wies, auch wieder antritt. Eben diesem Mann haben wir ja schon teils gruselige Bilder zu verdanken, wenn man nur an den Sturm auf das Kapitol denkt… und nun einen Film über einen erneuten, modernen Bürgerkrieg in den USA zu bringen, war mir ehrlich gesagt erstmal suspekt. Jetzt war ich aber in „CIVIL WAR“ – und war dann doch erstaunt, wie gut es Garland schafft, immer wieder einen neutralen Mittelweg zu finden. Was aber auch daran liegt, dass im Fokus eigentlich etwas ganz anderes steht.

Die USA in einer nicht allzu entfernten Zukunft: In den USA herrscht ein Bürgerkrieg. Der Präsident (Nick Offerman) ist zuversichtlich, dass seine Truppen eine baldige Kapitulation der Western Forces, einem Zusammenschluss von Texas und Kalifornien, durchbringen kann. Währenddessen versucht die Kriegsfotografin Lee Smith (Kirsten Dunst) mit ihrem Kollegen, dem Journalisten Joel (Wagner Moura), nach Washington D.C. zu gelangen… denn Joel will den Präsidenten interviewen. Im Schlepptau haben die Beiden die junge Jessie (Cailee Spaeny), die unbedingt in Lees Fußstapfen treten möchte und Sammy (Stephen McKinley Henderson), Lees einstiger Mentor. Der Weg nach D.C. liefert uns dabei ein Bild, wie unterschiedlich im Land mit dem Bürgerkrieg umgegangen wird.

Es ist schon ein bisschen John Conrads „Herz der Finsternis“, der Roman, der auch „Apocalypse Now“ von Coppola inspirierte, was Alex Garland uns hier präsentiert. „Civil War“ ist mehr ein Road-Movie durch ein vom Krieg zerrüttetes Amerika, in dem wir auf den verschiedenen Etappen unterschiedliche Leute kennenlernen. Deutlich wird dabei vor allem eins: Wer hier gegen wen und vor allem warum kämpft, ist schon längst nur noch eine schwammige Erinnerung in den Köpfen der Menschen. Wenn Lee und ihre Truppe zwei Soldaten trifft, die einen Scharfschützen umbringen wollen, sagen die es eigentlich ganz passend: „Der hat ne Waffe und will uns töten, also versuchen wir, ihn zu töten!“ Garland stellt jetzt nicht Republikaner oder Demokraten irgendwie in ein gutes oder schlechtes Bild, im Gegenteil – was das angeht, ist „Civil War“ erstaunlich unpolitisch: Der Krieg und seine Politik ist schon vorhanden, aber wer hier wirklich Freund und wer Feind ist, ist nie so wirklich eindeutig. Womit ich wieder zu dem „Apocalypse Now“-Thema komme: Garlands Reise durch den Bürgerkrieg zeigt uns einfach nur, wie kaputt das alles ist und wie kaputt die Menschen dadurch werden. Einige versuchen das Geschehen zu ignorieren, die anderen gehen voll darin auf, aber eigentlich haben sie alle den Sinn oder Unsinn hinter diesem Krieg vergessen. Es ist einfach ihr Leben geworden, und daraus versuchen sie, das Beste zu machen.

Das ist quasi die Grundlage für diesen Road-Trip, in dem vor allem Lee Smith und das Thema der Kriegsberichterstattung im Mittelpunkt steht. Es erinnert alles ein bisschen an „Nightcrawler“ mit Jake Gyllenhaal: Egal, wie gefährlich die Situation, das perfekte Bild geht vor. Ob Leute gerade im Sterben liegen oder andere foltern, Lee und ihre Kamera sind da – dokumentieren, damit – wie sie selbst sagt – andere dann die Fragen stellen können (eins sei gleich gesagt: Der Vergleich mit „Nightcrawler“ hinkt natürlich dann doch ein bisschen, weil Lee und Co. nie selbst was inszenieren, um die Bilder noch krasser zu machen).

Kirsten Dunst spielt diese scheinbar schon so harte und abgebrühte Lee wirklich unglaublich gut, das Drehbuch erlaubt ihr zwischendurch auch immer mal wieder, zu zeigen, was hinter der harten Schale schlummert – und es wird klar, dass sie doch darunter leidet. Helfen oder das Foto machen, dass einen am Ende berühmt macht. Das moralische Dilemma der Kriegsberichterstattung wird dann auch zusätzlich sehr schön durch Jessie gezeigt, die einem schönen Traum nachjagt und dann feststellen muss, wie brutal und eklig dieses Geschäft mit dem Krieg doch ist. Aber gerade auch diese Mentoren-Beziehung zu Lee lässt selbst Jessie an ihren selbstgewählten Aufgabe wachsen.

Dunst und Spaeny sind super, Wagner Moura ist auch echt toll als selbstsicherer Journalist und Stephen McKinley Henderson ist die Stimme der Vernunft, auf die aber keiner hört, weil das Interview mit dem Präsidenten einfach ein zu wichtiger Meilenstein in der Karriere aller Beteiligten ist.

Neben der ganzen menschlichen Ebene ist „Civil War“ aber auch einfach nur als Film eine echte Wucht. Garland und Kamera-Mann Rob Hardy finden extreme Bilder, authentische Bilder, brutale Kampfhandlungen, eklige Selbstjustiz. Mob-Mentalität und Krieg fühlen sich hier teilweise an, als würde man gerade die Nachrichten anmachen. Gleichzeitig erlaubt Garland uns und seinen Darstellern zwischendurch auch mal ruhige Momente, die man wirklich braucht. Doch dann knallt wieder irgendwo ein Schuss – und alles ist vorbei. Das Sound-Design in diesem Film sorgt hier für einige Aufschrecker, den Rest erledigt Garland so.

„Civil War“ ist ein bildgewaltiger und emotionaler Film, der zum Ende ein bisschen zu sehr im Chaos versinkt und dann auch ein paar charakterliche Entscheidungen trifft, die zwar vorhersehbar sind, aber nicht unbedingt clever inszeniert sind… aber das nenne ich jetzt mal „Meckern auf hohem Niveau“. Auf jeden Fall aber ist das ein erstaunlicher Film, der es schafft, kein Lager zu verurteilen, aber das jedes Lager (welches es auch sein möge) für sich interpretieren und „nutzen“ kann.

Wertung: 8 von 10 Punkten („Apocalypse Now“ trifft auf „Nightcrawler“)

Zack Snyders Kinder Country Spot

22. April 2024

Was ist eigentlich mit Zack Snyder los? Oder eher: Was ist mit Netflix los? Sobald irgendwas nicht so gut läuft, wird es abgesetzt. Aber Zack Snyder hat scheinbar „carte blanche“ bekommen und darf sich freiaustoben: Nachdem letztes Jahr im Dezember mit „Rebel Moon“ seine Version von einem Star-Wars-Film erschien und von so ziemlich allen als langweilig in der Luft zerrissen wurde, bekommen wir nun trotzdem noch „REBEL MOON 2: THE SCARGIVER“. Was natürlich daran liegt, dass die „back to back“ gedreht wurden und Netflix die schon sehr früh auch so angekündigt hat. Spannend wird es sein, ob die Pläne für vier weitere Filme in diesem „Rebel Moon“-Universum durchgesetzt werden – denn leider ist auch „REBEL MOON 2“ genau das Gleiche wie der erste Teil, jetzt nur mit mehr Explosionen.

Kora (Sofia Boutella) hat im letzten Film den bösen Admiral Noble (Ed Skrein) besiegt und somit die Gefahr vom Mond Veldt und seinen Bewohnern abgewehrt. Glaubt sie zumindest, aber Noble lebt und in fünf Tagen werden seine Truppen und er auf dem Mond einfallen – sich das Getreide schnappen und alle umbringen, die ihnen im Weg stehen. Kora muss nun gemeinsam mit ihren Gefährten – unter anderem General Titus (Djimon Hounsou) und dem Bauern Gunnar (Michiel Huisman) – die Bauern ausbilden und auf den großen Kampf vorbereiten.

In Teil 2 merkt man jetzt nochmal ein bisschen mehr, wie verzweifelt gerne Snyder eigentlich eine Weltraum-Version von Akira Kurosawas „Die sieben Samurai“ machen wollte. Da werden ein paar Bauern trainiert, da werden ein paar Gräben gezogen, das war’s. Und genau da liegt das Problem: Das war’s schon. Um diese Menschen kümmert sich Snyder kaum. Stattdessen bekommen wir erstmal 20 Minuten Getreide-Porn, und das ist kein Witz. Mehr als zwanzig Minuten zeigt uns Snyder (ohne Dialoge), wie das Getreide geerntet und zu  Mehl verarbeitet wird – natürlich mit schönem Licht, schwitzigen Körpern, die in Zeitlupe das Getreide mähen. Ich hatte dabei wirklich diesen alten Kinder Country Werbespot im Kopf, der uns weiz machen wollte, wie gesund das doch alles ist. Anstatt Getreideporn hätte man ja mal lieber die Figuren mehr aufbauen können – immerhin wissen wir, dass es demnächst zur Schlacht kommen wird, da wäre eine emotionale Bindung zu diesen Dorfbewohnern ja nicht verkehrt. Aber nee, lieber weiterhin verschwitzte, schöne Körper im Sonnenlicht beim Arbeiten zeigen.

Der Versuch, in die Tiefe zu gehen, folgt danach: Da sitzen dann Kora und ihre Gefährten an einem Tisch und JEDER darf noch einmal seine tragische Backstory erklären. In Teil 1 wäre das nicht schlecht gewesen, jetzt sind mir die Figuren leider schon so egal, dass noch mehr Hintergrundwissen es auch nicht besser macht. Zumal hier dann das eigentlich Tragische passiert: Jede, aber auch wirklich jede dieser Geschichten – so kurz sie dann auch sein mögen – ist interessanter als der Quatsch, den man sich nun schon seit 40 Minuten anschaut. Da merkt man, dass hinter „Rebel Moon“ eigentlich schon eine spannende Geschichte steckt, die Snyder aber nie auslebt. Die Hintergrundgeschichten zeigen mal ein paar andere Welten, unterschiedliche Szenarien, die alle mit diesem bösen Imperium in Verbindung stehen… aber wir stehen nur im Getreidefeld und warten und warten…

Nach 50 Minuten von Getreideporn und ein bisschen Charakter-Aufbau kommt dann die große Schlacht. Die geht etwa ne Stunde lang. Snyder versucht hier, alle Perspektiven in diesem Getümmel mal aufzugreifen: Wir fliegen mal mit den Raumschiffen der Angreifer über die Felder, dann springen wir mitten ins Getümmel, erleben EINEN aufregenden Kampf (in dem Doona Bae als Schwertkämpferin Nemesis mal schön freidrehen kann), begeben uns dann auch zum Mutterschiff von Noble. Snyder möchte Abwechslung reinbringen und das ist auch löblich. Problem ist halt wieder nur: Keine dieser Figuren berührt mich, ich fiebere mit niemandem wirklich mit, weil sie mir alle so egal sind. Weil sie keine Chemie haben – das hatten sie schon im ersten Teil nicht und das fehlt ihnen leider jetzt auch. Wenn da tragische Tode zu betrauern sind, muss ich mich erstmal fragen: „Oh, wer war das jetzt nochmal?“ Man weiß es einfach nicht, weil alles in diesem Chaos aus Explosionen, Schießereien und elendigen Zeitlupen untergeht. Eigentlich konnte Snyder das mal, aber in „Rebel Moon 2“ sieht das alles sehr öde aus.

Ich weiß es nicht, was das alles soll. Ich verstehe auch bis heute nicht, warum ausgerechnet Sofia Boutella seine „leading lady“ sein muss. In diesen Filmen hat sie immer den gleichen Gesichtsausdruck und einfach keinerlei Ausstrahlung – was aber einfach auch daran liegt, dass ihr das Drehbuch überhaupt nichts gibt, womit man irgendwie arbeiten könnte.

„Rebel Moon 2“ ist also wirklich genau der gleiche Müll wie Teil 1: verspieltes Potenzial, mit sehr eintönigen Figuren, langweiliger Action und anstrengenden CGI-Effekten. Ich bin mal echt gespannt, ob Netflix noch Teil 3-6 durchwinken wird.

Wertung: 3 von 10 Punkten (braucht echt kein Mensch, da gucke ich ja fast lieber nochmal „Jupiter Ascending“)

Random Sunday #136: BioShock 2

21. April 2024

In der Unterwasser-Stadt Rapture traf man im ersten Teil von „BioShock“ auf die Big Daddies, riesige Ungetüme in einer fetten Taucherrüstung, die einen gigantischen Bohrer als Hand hatten und für eine Sache verantwortlich waren: Auf die Little Sisters aufpassen, die durch kleine Rohre in den Wänden krabbelten und den Toten das ADAM absaugten. In Teil 1 musste man die Big Daddies angreifen, um die Little Sisters entweder zu befreien oder sie selbst von ihrem kompletten ADAM zu befreien. Je nachdem, wie man sich entschied, bekam man ein anderes Ende (ich war natürlich ein guter Jung‘ und habe die Sisters befreit). Nachdem Teil 1 ein gigantischer Erfolg wurde, musste man bei 2K Games natürlich nachlegen… und brachte 2010 „BIOSHOCK 2“ heraus.

Acht Jahre sind seit dem Ende von „BioShock“ vergangen. Mittlerweile hat Sofia Lamb die Macht in Rapture an sich gerissen, die nun den Egoismus aus den Menschen schaffen will – was sie natürlich auch wieder mit sehr viel Plasmiden und Forschung an den Genen macht. Wir spielen dieses Mal Delta, der erste funktionstüchtige Big Daddy, der aber eigentlich von Lamb vor Jahren dazu gebracht wurde, sich selbst umzubringen. Doch irgendwie ist Delta wieder da… und will nun seine eigene Little Sister, Eleanor, aus den Fängen von Sofia Lamb befreien.

Wir spielen also als ein Big Daddy. Haben aber trotzdem auch noch die Möglichkeit, uns mit Plasmiden die Gene so zu verstellen, dass wir wie im ersten Teil Feuer, Eis oder Blitze verschießen können, um uns gegen die Horden von Splicern zu wehren. An sich hat sich am eigentlichen Spiel-System nicht viel verändert. Ein paar Sachen, wie zum Beispiel das Hacken von Robotern und Maschinen, ist etwas einfacher geworden, aber ansonsten ballern und zappen wir uns immer noch durch unsere Gegner. Nur jetzt eben als riesiger, schwerfälliger Kerl in einem Taucher-Panzeranzug.

Trotzdem ist „BioShock 2“ wirklich eine enorme Verbesserung im Vergleich zum ersten Teil: Die einzelnen Missionen sind etwas übersichtlicher und gradliniger. Gerade das Finale im ersten Teil bestand erstmal nur darin, zig Sachen zu sammeln und dann in einem großen Raum gegen den Endboss zu kämpfen. Das ist im zweiten Teil jetzt wesentlich organischer und auch sehr viel anspruchsvoller gemacht worden… weil es in „BioShock 2“ auch ein paar interessantere Gegner gibt. Neben den üblichen Splicern gibt es so Hulk-artige Gegner, die einem ordentlich zusetzen; die Alpha Serie der Big Daddys taucht ebenfalls auf und kommen gerne zu zweit, was sie zu einem ordentlichen harten Brocken macht… und dann wären da noch die Big Sisters, die sich unheimlich ankündigen und dann wirklich extrem fordernd sind. So liefert Teil 2 wirklich mal auch im Kampf sehr viel Abwechslung und verlangt auch ein bisschen mehr, dass man seine Fähigkeiten dementsprechend ausrichtet. In Teil 1 musste man eigentlich nur genug Munition haben, dann kam man schon klar. Teil 2 fordert da mehr und das macht auch einfach Spaß.

Gleichzeitig wiederholen sich jetzt nicht die Level aus dem ersten Teil. Rapture ist eine gigantische Unterwasserstadt und wir lernen sehr viele neue Gegenden kennen, die aber – ähnlich wie im ersten Teil – wirklich fantastisch sind. Die neuen Gegenden sind jetzt etwas verschachtelter, aber auch wieder schön abwechslungsreich und erzählen einfach so ihre eigenen Geschichten. Rapture ist schon wirklich eine spannende Kreation, eine Stadt, die für sich steht – und nochmal: Ich glaube, daraus kann ein fähiger Filmemacher wirklich eine spannende Verfilmung machen.

„BioShock 2“ macht eigentlich alles richtig, verbessert viele Sachen, die mir in Teil 1 auf den Keks gegangen sind und schafft einen eigentlich sehr schönen Abschluss… wäre da nicht noch „BioShock Infinite“, um das ich mich dann jetzt mal als nächstes kümmern werde.

Krieg den Drogen!

19. April 2024

Ich habe vor kurzem noch einmal Denis Villeneuves „Sicario“ geguckt… und der Film haut ja wirklich rein. Dabei muss ich sagen, ist es jetzt bei der Zweitsichtung für mich eher ein Roger-Deakins-Film. Was der Kameramann hier für Bilder abliefert, ist einfach nur grandios. Dadurch, dass „Sicario“ ja auch mehr durch die Bilder als durch Dialoge lebt, ist das natürlich enorm wichtig. In Verbindung mit dem grandiosen Soundtrack von Johann Johannsson ist „Sicario“ echt ein Erlebnis, dass einen dann zusätzlich mit dieser fiesen Story fertig macht. Gerade weil wir auch eine gute Bezugsperson mit Emily Blunts Ermittlerin Kate haben, die stellvertretend für uns Zuschauer diesen Wahnsinn im Kampf gegen die Drogenkartelle Mexikos am eigenen Leib miterleben muss – und dann auch die krassen Methoden irgendwie rechtfertigen muss.

Ich hatte immer verdrängt, dass es ja noch eine Fortsetzung gibt: „SICARIO 2: DAY OF THE SOLDADO“, der aber keine Emily Blunt mehr hat, keinen Roger Deakins und auch keinen Johann Johannsson. Stattdessen führt Stefano Sollima Regie – nach einem Drehbuch von Taylor Sheridan („Tulsa King“ oder „Wind River“) mit Dariusz Wolski als Kameramann, der zuletzt sehr viel für Ridley Scott gedreht hat (zum Beispiel „House of Gucci“, „The Last Duel“ oder auch „Napoleon“) und mit der Musik von Hildur Guðnadóttir, die danach für ihren Soundtrack zu „Joker“ mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Also eigentlich auch alles starke Leute, die uns eine Fortsetzung liefern, die solide ist, aber nicht mehr an den Vorgänger herankommt.

Die mexikanischen Drogenkartelle schleusen mehr und mehr Menschen über die Grenze und verdienen dabei noch zusätzlich etwas. Dabei scheinen aber auch vermehrt Terroristen zu sein, weswegen es zu einer Anhäufung von Selbstmordattentaten kommt. Die Regierung stuft die Kartelle daraufhin als Terroristen ein und kann nun auch den Einsatz des Militärs rechtfertigen. CIA-Agent Matt Raver (Josh Brolin) wird nun beauftragt, das alles vorzubereiten: Er soll einen Krieg zwischen den verfeindeten Kartellen anzetteln. Dafür lässt er die Tochter von Drogenboss Carlos Reyes, Isabel (Isabela Moner) entführen – mit Unterstützung des ehemaligen Söldners Alejandro (Benicio del Toro). Das Ganze endet aber in einem riesigen Chaos… wie sollte es auch anders sein. Parallel dazu wird noch die Geschichte des in den USA lebenden Miguel (Elijah Rodriguez) erzählt, der dabei hilft, Flüchtlinge über die Grenze zu bringen.

Die Story ist ähnlich absurd wie im ersten Teil… und das liegt dann auch (wie bei Teil 1) daran, dass es so durchaus glaubwürdig ist. Ich möchte nicht wissen, wie viele Berater ähnliche Szenarien für die US-Regierung durchgespielt haben. Allerdings zieht die Story für mich nicht ganz so, was aber möglicherweise daran liegt, dass wir sie eben etwas nüchterner aus den Augen der Ausführenden betrachten. „Sicario“ hatte gerade deswegen eine Emily Blunt, die auch nie so richtig wusste, was um sie herum eigentlich passiert. „Sicario 2“ fehlt diese menschliche Ebene und feuert uns einfach mitten in dieses Geschehen.

Das ist jetzt dann auch direkt wegen des Militäreinsatzes noch etwas heftiger, noch etwas brutaler… die Action funktioniert, versteht mich nicht falsch, aber die Finesse, die der erste Teil hat, ist ein bisschen raus. Gleichzeitig muss ich auch gestehen, fand ich die Nebenhandlung mit Miguel jetzt nicht so stark ausgearbeitet, wie sie hätte sein können. Oder vielleicht auch einfach mal Benicio del Toros Söldner Alejandro in den Vordergrund rücken können – seine Geschichte mehr erforschen, um halt dem Sicario, dem Auftragskiller, gerecht zu werden.

Das Ding ist, „Sicario 2“ ist jetzt eine Fortsetzung zu einer Geschichte, die vermutlich nie ein Ende haben wird, weswegen es sogar passt, dass das hier weitererzählt wird (und ein dritter Teil ist wohl mittlerweile auch schon in Planung). Allerdings ist mir der zweite Teil etwas zu kalt, zu beobachtend erzählt. Das hat Teil 1 definitiv besser hinbekommen. Schlecht macht das Teil 2 aber nicht – es ist eine durchaus logische Weiterführung, die aber ein bisschen mehr auf den Sensationsfaktor ausgerichtet zu sein scheint.

Wertung: 6 von 10 Punkten (ohne Emily Blunt ist’s halt nicht mehr ganz so gut)

Unheimliche Urlaubsbekanntschaft

17. April 2024

Es gibt sie dann doch immer wieder: Filme, die mich fertig machen – aber vermutlich nicht auf die Art und Weise, wie sich die Filmemacher und Autoren das gewünscht haben. Ich habe mir jetzt vor kurzem „SPEAK NO EVIL“ angeschaut, ein dänischer Psychothriller von Regisseur Christian Tafdrup, von dem ich bislang immer nur Gutes gehört hatte. Die Tatsache, dass nur zwei Jahre nach dem Kinostart schon das gleichnamige US-Remake ansteht (unter anderem mit Chris Pine und Mackenzie Davis) spricht zumindest sehr dafür, dass jemand in Hollywood diesen Film cool genug fand, um ihn auch einem amerikanischen Publikum noch einmal zu zeigen. Und tatsächlich muss ich gestehen: Ich lege etwas mehr Hoffnung in das Remake, immerhin hat Regisseur und Autor James Watkins und so kranken Scheiß wie „Eden Lake“ geliefert. Denn das Original fand ich nervig, frustrierend und letztendlich auch streckenweise sehr langweilig.

Louise (Sidsel Siem Koch) und Björn (Morten Burian) machen gemeinsam mit ihrer Tochter Agnes (Liva Forsberg) Urlaub in Italien und lernen hier Patrick (Fedja van Huet) und Karin (Karina Smulders) mit ihrem Sohn Abel (Marius Damslev) kennen. Alle verstehen sich super… und so kommt dann kurz nach dem Urlaub eine Karte: Patrick und Karin laden Louise und Björn und Agnes zu sich nach Hause in die Niederlande ein. Weil man sich so gut verstand, wird die Einladung angenommen. Doch endlich dort angekommen, ist alles irgendwie merkwürdig, unheimlich und auch verstörend… aber was genau los ist, kann keiner greifen.

Ich weiß, der Film wird sehr gemocht und gefeiert, ich habe ihn von Anfang nicht gemocht. Das geht schon damit los, dass selbst unter komplett normalen Szenen so eine unheilschwangere Musik gelegt wird. Welchen Zweck soll das erfüllen? Bau mir doch bitte Atmosphäre durch die Handlung, durch das Schauspiel und alles andere auf, aber nicht, indem einfach nur düstere Musik die ganze Zeit gespielt wird. Es geht dann weiter mit dem Besuch in den Niederlanden, wo alles ein bisschen „off“ ist. Patrick und Karin verwickeln sich immer wieder in Widersprüche, verhalten sich merkwürdig… sodass Louise irgendwann sagt: Sie möchte einfach gehen. Und dann brechen die sich am Ende einen ab, das einfach zu erklären. Wo ich mich dann auch fragte: „Schon mal was von Notlügen gehört?“ „Oh unser Haus brennt, oh unsere Katze wurde angefahren, oh die Oma liegt im Krankenhaus.“ Louise und Björn verhalten sich einfach so dermaßen dämlich, dass es schon wehtut. Da möchte man seinen Fernseher anschreien und sagen: „Geht doch jetzt einfach und fertig ist’s…“

Es hat mich einfach genervt, wie konstruiert das alles wirkte, damit die Beiden trotz Bedenken dann doch da bleiben. Es macht einfach keinen Sinn, außer dass der Film es halt dringend braucht. Hätte man sicher alles auch besser lösen können. Aber der Film macht dann einfach genau so weiter… das Ganze ist unangenehm zu gucken, einfach wegen der Dummheit dieser Menschen, nicht aber, weil der Film wirklich stark oder unheimlich inszeniert ist. Fedja van Huet spielt seinen Patrick zwar sehr gut und auch wankelmütig, aber den großen Psycho sieht man da jetzt nicht drin. Sie sind einfach nur unangenehm, aber die anderen sind halt zu blöd.

Hat mich genervt. Dann kommt in den letzten zwanzig Minuten oder so endlich mal die große Offenbarung. Die ist an sich echt fies und heftig… da war dann nur wieder mein Problem, dass ich mich direkt nach der Auflösung nach dem „Warum“ fragte. Und ja, das Böse kann und muss nicht immer erklärt werden, aber in diesem Falle hätte ich da schon gern mehr gehabt. Man hat das Gefühl, Christian Tafdrup will einfach nur schocken, was okay wäre. Ich habe mir nur gedacht: „Er hatte diese eine fiese Idee und nun versucht, daraus einen Film zu machen“, der nur bei mir leider überhaupt nicht gezogen hat – was ich dann wieder zurückführe auf diese unglaublich dumme Art und Weise, wie gerade Louise und Björn geschrieben sind.

Da bin ich dann doch mal gespannt, ob das Remake hier vielleicht etwas mehr draus machen kann.

Wertung: 4 von 10 Punkten (fiese Idee, deren Umsetzung aber einfach nur nervt)

Der Meisterdieb und die Prinzessin

15. April 2024

Eigentlich habe ich alle Filme von Hayao Miyazaki gesehen. Die große Miyazaki-Bluray-Box hat einen Ehrenplatz in meinem Regal und ich komme gerne immer wieder zu diesen Filmen zurück. Aber ich musste irgendwann schon vor langer Zeit feststellen, dass ich doch nicht alle Filme von Miyazaki gesehen habe – ich habe nur alle Ghibli-Filme von ihm gesehen. Einer fehlte da jahrelang, doch nun kam genau dieser Film vor kurzem nochmal im Kino… und diese Chance habe ich dann genutzt, um endlich mal „DAS SCHLOSS DES CAGLIOSTRO“ zu gucken, ein Film, der auf der Manga-Serie „Lupin III“ basiert, an deren Anime-Serien-Verfilmung Miyazaki auch schon mitarbeitete, bevor er mit diesem Streifen sein großes Regie-Debüt feierte.

Lupin III., seines Zeichens Enkel vom großen Arsène Lupin, hat gerade mit seinem Kollegen Jigen ein Casino in Monte Carlo ausgeraubt. Doch auf der Flucht vor der Polizei muss er feststellen, dass sie da Falschgeld geklaut haben – ganz besonders gut gemachtes Falschgeld, dessen Ursprung Lupin in Cagliostro weiß. Also macht er sich mit Jigen dorthin auf den Weg und stößt dabei durch Zufall auf die Prinzessin des kleinen Staates: Clarissa. Sie soll mit dem Grafen verheiratet werden, damit der legitimer Herrscher des Landes sein und fröhlich weiterhin sein Falschgeld in der Welt verteilen kann. Lupin muss da natürlich helfen… so als Gentleman-Ganove.

Ich kann gleich zwei Dinge vorwegnehmen: Erstens, man muss die Anime-Serie oder den Manga zu „Lupin III.“ nicht kennen, um mit „Das Schloss des Cagliostro“ seinen Spaß zu haben. Zweitens, selbst wenn sich der Film noch nicht nach Miyazaki anfühlt (weil es einfach nicht seine eigene Geschichte ist), spürt man den kommenden Miyazaki doch in allen Bildern.

Die Story selbst ist nett, da darf man keine großen Überraschungen erwarten. Alle wichtigen Figuren aus der „Lupin III.“ Serie, wie die Spionin Fujiko, der Interpol-Polizist Zenigata oder auf der Samurai Goemon. Ich kannte die Figuren vorher nur sporadisch, aber selbst wenn man sie nicht kennt, führt der Film sie zügig, aber gut ein – na okay, Goemon hätte man im Film nicht gebraucht, der hat nichts zu tun. Aber Fujiko erweist sich als interessante Figur, die ihre eigene Agenda verfolgt, dann aber doch bereit ist zu helfen – weil sie so Lupin letztendlich auch für sich ausnutzen kann. Zenigata sorgt für ein paar gute Lacher, weil Lupin den Polizisten und seine Truppe immer wieder an der Nase herumführt… und Jigen macht einfach Spaß. Das ist ein großartiger Side-Kick. Auch die Prinzessin und der böse Graf fügen sich gut in die Geschichte ein, die vor allem mit viel Charme, coolen Slapstick-Einlagen und noch besserer Action daherkommt. Allein die Verfolgungsjagd zu Beginn in Cagliostro ist sehr beeindruckend.

Miyazaki entfesselt hier ein Action- und Spaß-Feuerwerk, das einfach keine Pausen kennt, wodurch er dann gut über die nicht sonderlich ausgereifte Story hinwegtäuschen kann, weil man mit „Das Schloss des Cagliostro“ einfach nonstop Spaß hat. Charmante Figuren, fiese Schurken, viel Humor, noch mehr Chaos und Action – mehr braucht es doch eigentlich nicht.

Dazu kommt dann aber das, was Miyazaki später in seinen eigenen Film noch weiter ausbauen wird: Das World-Building und die tollen Bilder, an denen man sich nicht satt sehen kann. Cagliostro selbst ist ein wunderschöner Staat, ob es die kristallblauen Seen, die schneebedeckten Berge oder die sattgrünen Wiesen sind, die im Wind aussehen wie das Meer – die Bildgewalt eines Miyazaki und auch die Kreativität spürt man hier schon in jedem Bild. Das Schloss des Grafen ist gigantisch und voller Fallen, Geheimgänge, merkwürdiger Apparaturen, so dass man am liebsten noch länger verweilen und alles ausgiebig erforschen möchte. Miyazakis Filme leben immer durch die Welten, in die er uns entführt… und das macht sein Spielfilmdebüt auch nicht Halt vor. Es sieht toll aus. Dazu kommt, dass Prinzessin Clarissa schon wie die Vorstufe zu Nausicaä wirkt – also Miyazaki inspiriert auch Miyazaki, verrückt!

Wenn ihr also mal irgendwie an den Film rankommt (ich hatte Glück, ihn jetzt zu einer Sondervorstellung im Kino zu sehen, die leider echt leer war), dann tut euch den Gefallen. Ihr werdet viel Spaß haben.

Wertung: 8 von 10 Punkten (verrückte Action und ein kurzweiliges Diebes-Abenteuer)

DFST 40: Das Herz von Atlantis

13. April 2024

Wir befinden uns offensichtlich in einer Disney-Phase, in der sich das Maus-Haus einfach mal ein bisschen mehr fernab der üblichen Wege getraut hat. Man pickte sich offensichtlich in den 2000er Jahren einfach mal ein paar Sachen, die nicht unbedingt das waren, was man von Disney erwarten würde. Selbst „Fantasia 2000“ ist da was anderes, weil es in der Neuzeit noch weniger ins eigentliche Disney-Konzept passte, als sein Vorgänger damals im Jahr 1940. Dann hatten wir Filme wie „Dinosaurier“, die optisch mal was Neues ausprobieren wollten oder „Ein Königreich für ein Lama“, dass erzählerisch mehr eine Hommage an alte Slapstick-Zeiten gewesen ist – ganz ohne viel Pomp und Songs. Ich habe das Gefühl, Disney ist in dieser Phase etwas mehr daran interessiert, Filme für ein reiferes Publikum zu machen, was man dann 2001 auch an ihrem neuen Film spürte: „ATLANTIS“.

Atlantis, die versunkene Stadt: Das ist es, was Milo Thatch (Michael J. Fox) und seinen Großvater angetrieben hat. Nun hat Milo dank eines alten Freundes seines Großvaters die Chance, eine Expedition zu leiten, die das sagenumwobene Reich finden soll. Ausgestattet mit modernster Technik und einem Team aus Experten begibt sich Milo auf Tauchstation… doch leider teilen nicht alle seinen Entdeckergeist. Commander Rourke (James Garner) hat nämlich von einer unglaublichen Macht in Atlantis gehört, die er für seine Zwecke ausnutzen will.

„Atlantis“ ist kein Disney-Film, es ist der Indiana-Jones-Film, der uns damals nach „Der Letzte Kreuzzug“ so lange verwehrt wurde. Es ist einer der aufregendsten Indy-Klone und ein einfach toller Abenteuer-Film, der an Jules Verne anknüpft (gerade auch vom Look der U-Boote) und eine der spannendsten Legenden zu neuem Leben erweckt. Denn mit „Atlantis“ zeigt Disney, dass sie Abenteuer wirklich auch verstanden haben, dass der Weg zum Ziel das Spannende ist. So gibt es dann wilde Unterwasser-Action mit riesigen Monstern, da müssen Höhlen durchquert werden, überall lauern Gefahren und der Zweifel, ob man wirklich auf dem richtigen Weg ist, begleitet einen die ganze Zeit.

Gepaart wird dieser Weg mit der vielleicht besten Truppe, die wir seit Ewigkeiten in einem Disney-Film hatten. Da wäre Vinny, der italienische Explosionsexperte; Dr. Sweet, der gutmütige Arzt, der aber auch ordentlich zupacken kann; Audrey, die junge Mechanikerin; Mrs. Packard, die Ketten rauchende Funkerin; Mole, der Bohr-Experte mit einem starken Hang zur Erde und und und… es ist schon beeindruckend, mit wie wenig Zeit dieser Film es schafft, so viele unterschiedliche Figuren aufzubauen, ohne das man sich mit ewig langen Monologen darum bemühen muss, jeden vorzustellen. Irgendwie gar nicht mehr so richtig vorstellbar, wirken doch viele Filme in letzter Zeit sehr konstruiert. „Atlantis“ nicht. Im Gegenteil, dieses ganze Team wächst gut zusammen und sorgt neben dem Abenteuer der Umgebung für sehr viel Charme und Witz.

Und irgendwann kommen wir dann nach Atlantis selbst. Lernen die Prinzessin Kida (Cree Summer) kennen und tauchen in eine wundervolle Welt an, die mich ein bisschen an „Das Schloss im Himmel“ von Miyazaki erinnert hat. Das Tolle ist auf jeden Fall, dass Disney Atlantis hier wirklich sehr prächtig zum Leben erweckt und uns hier eine neue Zivilisation präsentiert, in der man sich nur zu gerne verliert. Auch hier wieder: Es funktioniert durchs Visuelle, es funktioniert ohne alles kaputt zu erklären. Durch Milos Begeisterung erkunden wir diese neue Welt.

Ich habe wirklich während des Guckens damals wie heute gedacht, wie geil diese Story wirklich für einen Indiana Jones gewesen wäre (zumal mit „Fate of Atlantis“ etwas ganz ähnliches als Spiel schon umgesetzt wurde). Auch ohne Indy bin ich aber einfach happy über diesen Film, einfach weil er wirklich super in der Tradition der Abenteuerfilme gemacht wurde. Es ist Disney-untypisch auch mal düster, es wird mal etwas spannender als sonst, wir haben keine süßen Sidekicks oder Songs, sondern eine packende Reise zu einer der größten Legenden der Menschheit.

Ich liebe diesen Film! Da ist nichts, was ich wirklich zu meckern habe. Ein wunderbarer Indy-Ersatz, den man gesehen haben muss!

Wertung: 10 von 10 Punkten (Abenteuer, so wie es sein sollte)

Livestream im Horror-Haus

12. April 2024

Horror ist ja mittlerweile auch gefühlt immer das Gleiche. Neue Ansätze zu finden, ist da gar nicht so einfach, weil man als eingefleischter Horror-Fan nun wirklich schon alles gesehen hat. Was ich aber tatsächlich schon lange nicht mehr hatte, war eine gute Horror-Komödie. Jetzt bin ich tatsächlich mal auf eine gestoßen, die mir ein Kollege auch schon seit längerem empfohlen hat – die ich nur immer übergangen habe, weil sie neben Horror und Komödie auch Found Footage ist. Und von Found Footage bin ich ja nicht der größte Fan, obwohl es mittlerweile ja auch echt ein paar spannende neue Filme in diesem Subgenre gibt. „DEADSTREAM“ zähle ich da jetzt auf jeden Fall mit dazu.

Shawn Ruddy (Joseph Winter) war ein erfolgreicher Influencer, der mit verrückten Stunts und bescheuerten Aktionen für Aufsehen sorgte. Eins seiner Videos brachte aber seine Sperrung. Ewig hat man nichts mehr von Shawn gehört: Jetzt ist er wieder zurück und will etwas ausprobieren, was er noch nie gemacht hat – einen nächtlichen Live-Stream aus einem Spukhaus. Dafür hat er sich Death Manor ausgesucht, wo eine Dichterin namens Mildred sich erhängt haben soll und seitdem immer wieder Leute in dem Haus umgekommen sind. Shawn stattet alle Zimmer im Haus mit Kameras aus und wartet ab… und tatsächlich zeigen sich bald schon erste unerklärliche Phänomene – Mildred scheint auf Shawn aufmerksam geworden zu sein.

Das Ehepaar Vanessa und Joseph Winter liefern mit „Deadstream“ ihr Regie-Debüt ab und es könnte als kleiner Horror-Film nicht besser sein. Man merkt dem Film schon an, dass das Budget nicht sehr groß gewesen sein konnte, aber gleichzeitig spürt man genau deswegen auch die Liebe, die in dieses Projekt geflossen ist. Also die Geister und Dämonen, die wirklich zahlreich in „Deadstream“ auftauchen, sind alle handgemacht. Das erinnert zwar ein bisschen an Sam Raimis ersten „Evil Dead“, aber gerade das zeichnet „Deadstream“ auch aus. Viel Handgemachtes, viel ekliger Scheiß, der Shawn ins Gesicht geklatscht wird.

Das ist aber nicht das wirklich Besondere an „Deadstream“. Das liegt nämlich im Found Footage Aspekt des Films. Alles ist so gedreht, als würde ein YouTuber halt wirklich einfach seinen Live-Stream starten. Shawn hat zwei Körperkameras und installiert im ganzen Haus weitere, die er per Tablet einfach ansteuern kann. Zwischendurch werden dann auch noch die Kommentare seiner Community eingeblendet. Die Illusion YouTube-Livestream wird sehr gut und konsequent aufgehalten. Das gibt dem Film einen ganz eigenen Drive, nicht unbedingt wegen der Art und Weise, wie jetzt hier die Bilder gezeigt werden. An sich ist das eigentlich so Standard…

… was „Deadstream“ für mich dann doch so unterhaltsam gemacht hat, war ein Joseph Winter selbst, der ja auch die Hauptrolle des Shawns übernimmt. Dadurch, dass er die ganze Zeit im Fokus steht, muss er auch ordentlich abliefern. Und Winter hat es echt gut drauf, diesen Shawn zu spielen. Ich fand ihn sehr authentisch in der Rolle des Influencers – mit der Community-Ansprache, mit der Tatsache, dass er zusätzlich noch irgendwelche Challenges vorbereitet hat. Wenn „Deadstream“ einfach so auf YouTube laufen würde, könnte man es am Ende nicht unterscheiden. Da geht in diesem Film das Reale mit dem Fiktiven echt gut Hand in Hand.

Atmosphärisch muss ich gestehen, fand ich den Anfang etwas stärker als das Ende. Anfangs das Haus einfach nur erkunden, hat mehr ausgemacht als wenn man am Ende dann doch hier und da Geistererscheinungen und anderes Zeug sieht. Trotzdem… das Ding ist witzig, gerade Winters bringt da viel Komik mit rein. Ich habe viel gelacht, mich ein bisschen gegruselt (nur leider nicht so viel) und insgesamt einfach echt meinen Spaß gehabt.

Wertung: 7 von 10 Punkten (kann man sich echt mal geben)