DFST 25: Der Mäuserich aus der Baker Street
Ich habe ja so einige große Disney-Lücken, die ich durch meine Disney-Film-Samstage gerade fülle. Jetzt sind wir bei einem dieser merkwürdigen Lücken angekommen, die eigentlich keine ist und dann wieder doch. Ein wahres Disney-Paradoxon. Ich habe nämlich jetzt zum ersten Mal „BASIL, DER GROSSE MÄUSEDETEKTIV“ gesehen, obwohl ich die Story in- und auswendig kenne, da ich damals als Junge das Hörspiel dazu hatte und das einfach rauf und runter gehört habe. Jetzt habe ich einfach nur zum ersten Mal die passenden Bilder zur Geschichte gesehen.
London im Jahr 1897. Die Queen feiert ihr Jubiläum als Regentin… und auch die Mäuse-Queen feiert ihre Regentschaft über das unsichtbare London, das den Menschen komplett entgeht. Doch was sie noch nicht weiß: Der fiese Professor Ratigan hat es auf ihren Thron und ihre Krone abgesehen, dafür lässt er den Spielzeugmacher Mr. Flaversham entführen. Dessen Tochter Olivia wendet sich daraufhin an den berühmten Mäusdetektiv Basil, der zufällig im gleichen Haus in der Baker Street, London, wohnt, wie ein gewisser anderer berühmter Detektiv. Gemeinsam mit dem Arzt, Dr. Dawson macht sich Basil auf Spurensuche.
Als Kind mochte ich das Hörspiel, jetzt mag ich auch den Film. Denn wie schon die beiden 80er Jahre Vorgänger „Cap und Capper“ und „Taran und der Zauberkessel“ ist auch „Basil, der große Mäusedetektiv“ nicht unbedingt der typische Disney-Film, den wir heute so erwarten würden. Dafür ist auch Basils Geschichte erstaunlich düster – gerade die Unterwelt des Mäuse-Londons ist bevölkert von rauen Gestalten. Viel spielt sich nachts ab, es wird viel Gewalt angedroht, Kidnapping, etc. Auch wenn ich mich jetzt wie ein Opa anhöre, der sich über Gewalt in Kinderfilmen beschwert – so ist das zum Teil auch gemeint, zum Teil nicht. Was ich eigentlich damit sagen will, ist, dass sich Disney in den 80er Jahren noch einiges gewagt hat, wenn es um die Atmosphäre der Film ging. „Cap und Capper“ war ein tottrauriger Film mit viel Leid und Drama. „Taran“ war schon ein halber Horror-Film – und „Basil“ ist jetzt ein kleiner Thriller, wo es um Entführung und um Verrat geht. Große Themen, die hier aufgegriffen werden, die aber auch gut und spannend inszeniert und umgesetzt werden.
Was ich tatsächlich gar nicht wusste, ist die Tatsache, dass „Basil, der große Mäusedetektiv“ Disney auch gerettet hat und eine Zeit der Renaissance eingeleitet hat. Was wir nicht vergessen dürfen: „Taran und der Zauberkessel“ war ein finanzieller Flop für das Maushaus… und ausgerechnet ein Mäusedetektiv rettete sie. Obwohl der Film fast zeitgleich mit Don Bluth‘ „An American Tail“ (oder bei uns „Feivel, der Mauswanderer) in die Kinos kam (und Feivel viel erfolgreicher war), war „Basil“ dennoch ein großer Erfolg für Disney. Was sie echt gebraucht haben, zumal sie mit Don Bluth auch noch gegen jemanden „kämpfen“ mussten, der vorher noch zu Disney gehört hatte.
Dass „Basil“ also ein bisschen düsterer war, hat ihm nicht geschadet. Zumal man ja trotz allem sagen muss, dass dieser Film schon mehr ein lustiges Abenteuer ist, als die beiden Vorgängerfilme. Basil und Dr. Dawson stehen dabei natürlich in der Tradition von Sherlock Holmes und Mr. Watson – und müssen beim Lösen des Falles auch mal in Kostüme schlüpfen, sich mal aus kniffligen und aufregenden Situationen befreien. Es ist kindgerechte Action – nur halt mit einem typischen Edgar-Wallace-London-Flair und einem wunderbaren Schurken. Professor Ratigan ist großartig schmierig und fies und wird noch großartiger durch die Tatsache, dass er im Original von niemand Geringerem als Vincent Price gesprochen wird. Das gibt dieser ganzen Figur nochmal eine Gravitas, die sich hören lassen kann.
„Basil, der große Mäusedetektiv“ macht echt viel Spaß… ist ein tolles Detektiv-Abenteuer mit witzigen Einfällen und tollen Figuren – und der Retter von Disney, die sonst vielleicht wirklich den Hahn hätten zudrehen müssen.
Wertung: 8 von 10 Punkten (endlich mal den Mäusedetektiv in echt gesehen)
Marvels brutalster Film?
Marvel und Brutalität – früher ging das noch irgendwie recht gut. Seit man aber familienfreundliche Unterhaltung machen möchte, wird das immer schwieriger. Deswegen sorgen sich Fans ja auch um den neuen „Blade“ mit Mahershalla Ali, der eben kein R-Rating bekommen soll. Aber mit Serien wie „Moon Knight“ schlägt auch das jetzige Marvel zumindest eine Richtung ein, die etwas mehr zulässt. Will man aber wirklich mal old-school-Action aus dem Hause Marvel, dann muss man ein bisschen zurückblicken. Einer der ersten wirklich richtig brutalen Marvel-Filme ist dabei „THE PUNISHER“ von 1989 mit niemand Geringerem als Dolph Lundgren in der Hauptrolle des Frank Castle. Dafür ließ er sich sogar die blonden Haare schwarz färben… das nenne ich mal „commitment“.
Frank Castle (Lundgren) ist ein Cop, der es auf das organisierte Verbrechen abgesehen hat. Dabei legt er sich vor allem mit Mafia-Boss Gianni Franco (Jeroen Krabbé) an. Der lässt daraufhin einen Anschlag auf Franks Familie verüben, bei dem er seine Frau und seine beiden Kinder verliert. Auch Frank wird für tot gehalten… das alles war vor 5 Jahren. In dieser Zeit wütete der geheimnisvolle Punisher unter den Mafia-Leuten. Und nur Franks einstiger Partner Jake (Louis Gossett Jr.) glaubt, die wahre Identität des Punisher zu kennen. Die Arbeit des Punishers führt aber auch dazu, dass die Yakuza unter der Führung von Lady Tanaka (Kim Miyori) in das Territorium eingreifen. Um sich die Loyalität der Mafiosi zu sichern, lässt Tanaka deren Kinder entführen und ruft damit natürlich auch den Punisher auf den Plan.
„Marvels brutalster Film“ ist natürlich ein bisschen geschummelt… aber eben nur ein bisschen. Denn als „The Punisher“ damals veröffentlicht wurde, landete der Film bei uns verdammt schnell auf dem Index, wurde übelst kaputt geschnitten und verschwand eigentlich von der Bildfläche. Mittlerweile hat man eingesehen: „Okay, so heftig ist das heute längst alles nicht mehr!“ und hat den Film wieder vom Index genommen. Die ungeschnittene Fassung hat jetzt auch nur noch eine FSK 16 und ist wirklich im Vergleich zu anderen Sachen relativ harmlos.
Aber gut, ich gebe auf solche Sachen eh immer nicht so viel. Wichtiger ist mir, ob da eine halbwegs interessante Geschichte erzählt wird. Im Falle von „The Punisher“ kann ich aber sogar das verschmerzen, denn Frank Castle ist jetzt auch in den Comics nicht unbedingt der komplexeste Charakter. Er ist ein Familien-Vater und Ehemann, der zum Rächer wird. Fertig. Das könnte man tiefenpsychologisch noch ergründen und eine dramatische Figur draus machen… oder man setzt einfach voll auf Action.
Regisseur Mark Goldblatt entscheidet sich für letzteres: Sein „Punisher“ ist Action ohne Ende. Ständig geht irgendwas in die Luft, ständig ballert sich der Punisher durch seine Gegner, prügelt sich mit seinen Kontrahenten oder macht anderweitig verrücktes Zeug. Man darf bei diesem Film wirklich keine überragende Story erwarten, sondern einfach nur einen simplen, aber verdammt unterhaltsamen Action-Film der späten 80er Jahre. Es ist dreckig, es ist übertrieben, aber es passt eben wie Arsch auf Eimer zu dieser Comic-Figur.
Das Gleiche lässt sich dann auch über Dolph Lundgren in der Hauptrolle sagen. Der hatte sich zu dem Zeitpunkt als Ivan Drago und als He-Man schon ein wenig etabliert… und ich finde, der Punisher hätte seine große Rolle werden können. Denn Lundgren ist echt toll in der Rolle als stoischer und unaufhaltsamer Rächer, der erst schießt und dann fragt. Der beste Punisher wird zwar für mich immer Ray Stevenson in der sehr unterschätzten Verfilmung „Punisher: War Zone“ der deutschen Regisseurin Lexi Alexander bleiben, aber Dolph Lundgren ist zumindest nach Jon Bernthal in der Top 3.
„The Punisher“ ist halt wirklich einfach gute alte „old-school-action“. Kopf aus, Spaß an… dann funktioniert die sonst ja wirklich recht platte Story wirklich gut.
Wertung: 7 von 10 Punkten (Lundgren ist ein wunderbare Punisher)
Draculas Handlanger
Wir leben in einer Welt, in der im Filmbereich zwei Dinge passieren: 1) Filme scheinen länger und noch länger zu werden. Der gute alte 90-Minüter ist fast ausgestorben. 2) Alles muss am besten ein Franchise sein. Fortsetzungen, Prequels, Reboots – vollkommen egal. Jetzt haben wir einen interessanten Sonderfall im Kino… denn „RENFIELD“ mit Nic Cage und Nicholas Hoult in den Hauptrollen ist tatsächlich mal nur knapp 90 Minuten lang und irgendwie auch eine Fortsetzung, aber eine Fortsetzung für einen über 90 Jahre alten Film. Denn die Idee hinter „Renfield“ (die übrigens von „The Walking Dead“-Schöpfer Robert Kirkman stammt) geht zurück zum ersten „Dracula“-Film von 1931 mit Bela Lugosi in der Hauptrolle.
Im frühen 20. Jahrhundert traf Graf Dracula (Nic Cage) auf den Anwalt Robert Montague Renfield (Nicholas Hoult) und macht ihn so seinem „familiar“, seinem Handlanger. Gefangen im Bann seines Meisters muss Renfield ihn beschützen und ihm sein „Essen“ liefern. Da er, wenn er Käfer oder andere Insekten isst, ähnliche Superkräfte bekommt wie sein Meister, ist Renfield in der Lage, diese Aufgaben zu erfüllen. Doch mittlerweile sind wir in der Gegenwart angekommen. Das Leben hat Renfield ganz schön geschlaucht. In einer Selbsthilfegruppe für toxische Beziehungen versucht Draculas Handlanger Mittel und Wege aus seiner Dienerschaft zu finden. Was aber gar nicht so einfach ist… denn Dracula will die Weltherrschaft. Und bei der Suche nach seinem Essen stößt Renfield auf die gefährliche Lobos-Gang und gerät zusätzlich in deren Visier, was ihn wiederum zur Polizistin Rebecca (Awkwafina) bringt.
„Renfield“ ist ein wirklich sehr unterhaltsamer Film, was man an drei Punkten festmachen kann:
Punkt 1: Nic Cage ist einfach geboren für die Rolle des alten, unsterblichen Aristokraten. Nic Cage als Dracula ist perfekt – und sollte das jemand lesen, der das entscheiden kann: Gebt mir einen richtigen Dracula-Film mit Cage in der Hauptrolle. Er ist zwar in „Renfield“ schon häufiger zu sehen als ich gedacht hatte, aber er hat trotzdem nur eine Nebenrolle. Dafür aber eine starke – und sobald Cage in diesem Film auftaucht, wird’s einfach nur super. Was dieser Mann nur mit seiner Mimik und Gestik aus diesem Vampir herausholt, ist super. Wenn er Renfield fertig macht, weil der sich emanzipieren möchte, wird er ein richtig gehässiges Arschloch, der so herablassend und gemein ist, dass man zum einen noch mehr versteht, warum Renfield sich endlich befreien möchte, zum anderen aber auch einfach herrlich darüber lachen muss, wie großartig over-the-top Nic Cage das hier einfach spielt.
Punkt 2: Nicholas Hoult funktioniert auf zwei Ebenen: Er ist unser Erzähler und das gequälte Opfer – und allein von seiner Aufmachung her kauft man ihm das gut ab. Sein Wandel zu einer befreiteren Version von sich selbst ist sehr unterhaltsam, weil man hier auch merkt, dass zwei unterschiedliche Welten aufeinanderprallen. Der Mann von damals kennt sich mit der Welt von heute nicht so gut aus… Gleichzeitig ist er aber auch der Mann fürs Grobe und bekommt hier einige Action-Sequenzen, in denen er so richtig glänzen darf.
Was uns direkt zu Punkt 3 bringt: Da Renfield irgendwie auch ein bisschen ein Anti-Held mit Superkräften ist, tobt sich Regisseur Chris McKay hier in diesen Szenen auch so richtig aus. Und das ist wortwörtlich zu nehmen: Hier spritzt das CGI-Blut nur so durch die Gegend, hier werden Köpfe abgeboxt, Arme ausgerissen, Gesichter heruntergezogen, alle Knochen gebrochen, die man nur brechen kann und noch einiges mehr. Renfield in Aktion und in Action zu erleben, ist eine sehr unterhaltsam-brutale Angelegenheit, bei der McKay einfach keine Grenzen kennt und damit wunderbar spielt.
So wird aus „Renfield“ wirklich ein cooler Film, der genau richtig lang ist, der ein tolles Duo vor der Kamera liefert und wo ich mir denke: „Okay, wenn Universal so mit dem MonsterVerse weiter macht, bin ich gerne dabei.“ Nach dem „The Mummy“-Flop war das ja eigentlich schon fast Geschichte, bevor „Der Unsichtbare“ das Ganze dann doch wiederbelebte und jetzt mit „Renfield“ wird das Dracula-Thema fortgeführt. So kann es wirklich gerne noch weitergehen.
Wenn ich aber doch noch kurz etwas meckern darf: Ich fand’s schade, dass diese ganze Ko-Abhängigkeit nicht noch weiter ausgebaut wurde. Einfach noch mehr Cage vs. Hoult wäre super gewesen. Gleichzeitig muss ich auch sagen, dass mir Awkwafina zwar an sich gut gefiel, aber aus ihrer Rebecca macht man am Ende auch nicht sonderlich viel. Aber gut… es funktioniert trotzdem und der Film macht einfach Spaß.
Wertung: 8 von 10 Punkten (kurzweilig, over-the-top und mit einem grandiosen Cage als Dracula)
Random Sunday #110: Ready Player Two
Ich liebe Ernest Clines Roman „Ready Player One“. Als ich den damals 2011 für mich entdeckt habe, bin ich voll in dieser nerdigen Welt aufgegangen. Cline schrieb als Nerd für Nerds und haute seine virtuelle Welt der OASIS voll mit Easter Eggs, Verweisen und Seitenweisen Beschreibungen von Filmen, Spielen, Serien und was man sich sonst noch vorstellen konnte. „Ready Player One“ ist für mich unterhaltsame und vor allem schnell zu lesende Kost, weswegen ich den Roman auch schon mehr als einmal gelesen habe. Ich gehe ja sogar soweit, dass ich auch Steven Spielbergs Filmversion unterhaltsam fand. Was ich erst vor einigen Monaten mitbekam, war die Tatsache, dass sich Cline zu einer Fortsetzung hat hinreißen lassen… die da natürlich „READY PLAYER TWO“ heißt.
Nachdem Wade Watts, a.k.a. Parzival in der virtuellen Welt von OASIS, die große Easter-Egg-Jagd von Oasis-Schöpfer Halliday gewonnen und dabei auch gleich noch den fiesen Nolan Sorrento von Innovative Online Industries, die die Oasis für ihre kapitalistischen Zwecke missbrauchen wollten, besiegt hat, lebt er jetzt in Saus und Braus. Seine Freunde Art3mis, Aech und Shoto natürlich auch. Doch dann entdeckt Wade, dass Halliday noch etwas Neues für ihn bereitgestellt hat: das ONI (OASIS Neural Interface), mit dem man die virtuelle Welt wirklich mit allen Sinnen erfahren kann. Damit einher geht aber auch eine neue Jagd… denn Hallidays Online-Avatar Anorak der Zauberer nimmt auf einmal alle ONI-Nutzer als Geisel und zwingt Wade dazu, für ihn sieben Scherben zu sammeln, um die Seele der Sirene wiederzusammenzusetzen.
„Ready Player Two“ macht also genau das, was „Ready Player One“ schon gemacht hat. Es gibt wieder eine neue Schatzsuche… nur statt drei Schlüsseln müssen jetzt sieben Scherben gesucht werden. Das ist ein bisschen unkreativ. Zumal der Roman auch echt mehr als nur schleppend losgeht… ich wurde schon lange nicht mehr so von einem Buch herausgefordert (und ich war sehr oft kurz davor, es dann doch einfach wegzulegen). Denn die ersten paar Kapitel fühlen sich an, als würde jemand einfach nur beschreiben, was für krassen Scheiß er machen würde, wenn er alles Geld der Welt hat. Da verliert sich Cline dann in den Beschreibungen von Wades Alltag als neuer reichster Mensch der Welt und es macht einfach so überhaupt kein Spaß. Das wird dann noch auf die anderen ausgeweitet, ein neues Weltraum-Projekt wird auch noch mal thematisiert (was wahrscheinlich das Hintertürchen für „Ready Player Three“ sein wird). Anschließend verliert sich Cline dann in viel zu ausführlichen Beschreibungen von diesem ONI-Gerät. Man quält sich dazu dann noch durch das sehr langweilig geschriebene Liebestheater zwischen Wade und Art3mis a.k.a. Samantha, was natürlich dann in Trennung endet und dann doch wieder die üblichen Klischees abfrühstückt.
Wenn man den ganzen Kram dann durch hat, beginnt endlich mal „Ready Player Two“ – auf eine Art und Weise, wie man es schon aus dem ersten Teil kennt. Das Problem ist nur, jetzt sind Wade und seine Freunde so dermaßen „over-powered“, dass sich Cline sehr anstrengen muss, um ihnen trotzdem noch Steine in den Weg zu stellen. Und dieser Weg ist jetzt auch nochmal deutlich länger als im ersten Teil, es sind ja schließlich sieben Scherben.
Da geht Cline dann wieder nach dem klassischen Schema von „Ready Player One“ vor, nur eben um viele Stationen erweitert. Es müssen wieder Spiele gespielt werden (natürlich alte, obskure Arcade-Klassiker, über die wir mehr erfahren), es müssen wieder Filme nachgestellt werden (dieses Mal offenbart Cline seine Liebe für die Filme von John Hughes), dieses Mal ist dann aber auch noch ein bisschen Tolkien dran, ein gewisser, extravaganter Musiker, der seinen Namen öfter gewechselt hat als man zählen kann, bekommt ein seeeeeeehr langes Kapitel gewidmet und so weiter und so fort.
In diesen Easter-Egg-Jagden spürt man dann aber wenigstens wieder so ein bisschen den guten Ernest Cline, aber er tut sich dieses Mal doch sehr schwer, diese große Geschichte im Zaum zu halten und verliert sich dann sehr in seinem Nerd-Sein, haut eine Beschreibung an die andere, ohne das dabei so richtig guter Lese-Fluss entsteht. „Ready Player Two“ ist da echt etwas mühsam und leider hat sich Cline als Schriftsteller nicht wirklich weiterentwickelt.
„Ready Player Two“ wäre wirklich nicht nötig gewesen, das ist leider Fakt. Die Figuren werden nicht großartig weiterentwickelt (gerade weil sich Cline zu sehr in Klischees verliert), die Welt der Oasis wird zwar durch neue Planeten und Orte ausgebaut, aber das macht es jetzt auch nicht aufregender. Ich hätte mir, wenn es schon eine Fortsetzung geben muss, wirklich etwas mehr Neues gewünscht. So macht Cline einfach das, was man bei Videospielen ja gerne macht: Das Gleiche nochmal, nur jetzt viel größer. Bei Games funktioniert das meist auch ganz gut, bei Cline jetzt nicht… und ich hoffe, er lässt Wade Watts jetzt einfach mal ruhen.
Tantchens Haus des Gruselns
Es ist mir endlich mal geglückt, einen dieser Film zu gucken, um den ich schon seit gefühlten Ewigkeiten herumschleiche… und es dann doch irgendwie bislang nie geschafft habe, den zu gucken. Die Rede ist von „HOUSE“ oder im japanischen „HAUSU“ – ein merkwürdiger Experimental-Horror-Film der Toho-Studios, die ja sonst eigentlich eher für ihre große, radioaktiv verstrahlte Riesenechse bekannt sind. Die wollten damals Ende der 70er Jahre einen Film haben, der sich wie Spielbergs „Der Weiße Hai“ anfühlt – und traten an Nobuhiko Obayashi heran, der einige Ideen für Skripte ablieferte, die aber dann zwei Jahre lang bei Toho zu versauern drohten. Obayashi trat immer wieder für seinen Film ein, bis man ihm erlaubte, seine Story einfach selbst zu verfilmen. Herausgekommen ist ein Film, bei dem ich nie im Leben an „Der Weiße Hai“ denken würde… aber seht selbst.
Ein junges Mädchen, wegen ihrer Schönheit einfach nur Gorgeous (Kimiko Ikegami) genannt, hat eigentlich große Pläne für ihre Sommer-Ferien mit ihrem Vater. Als der aber aus Italien mit einer neuen Frau ankommt, ist Gorgeous nicht gerade begeistert. Sie fragt daraufhin ihre Tante (Yoko Minamida), ob sie mit ihren Freundinnen zu ihr kommen kann. Immerhin ist sie die Schwester ihrer verstorbenen Mutter und könnte ihr vielleicht helfen. Tantchen sagt, das sei kein Problem und so fährt Gorgeous mit ihren Freundinnen Kung Fu, Prof, Fantasy, Mac, Sweet und Melody aufs Land… nichts ahnend, dass das Haus ihrer Tante ein ziemlich gruseliger Ort ist. Und als Mac als erste verschwindet, schwant den Mädchen langsam, was hier vorgeht.
„Hausu“ ist ein wahrlich verrückter Film. Obayashi ist ein Experimental-Regisseur und lebt das auch in diesem Film voll aus. Er vermischt die skurrilsten Elemente, die man sich nur vorstellen kann und erschafft eine Art Soap-Opera-Coming-Of-Age-Drama-Horror-Film, bei dem man sich vor lauter Lachen dann auch noch den Bauch halten muss. Es fängt extrem wie eine Seifen-Oper an, wenn in schönen, kräftigen Farben Gorgeous und ihr Zuhause vorgestellt wird. Da gibt es dann verrückte Zooms und Split-Screens, der Hintergrund ist die ganze Zeit ein wunderschön gemalter Sonnenuntergang – das Ganze wirkt manchmal wie das Cover eines schlechten Schnulzenromans. Die Offenbarung ihres Vaters, dass er jetzt eine neue Frau habe, ist inszeniert wie in einer übertriebenen Telenovela. Dazu kommt Musik, die mich die ganze Zeit an „Twin Peaks“ erinnert hat – so halbe Softporno-Musik aus den 80er Jahren, ein bisschen Fahrstuhl-Musik… so entsteht so ein butterweicher Klangteppich, auf dem die unter schönen Filtern versteckten Menschen hier wirken wie aus einem Traum.
Nach diesem Intro kommt eine Busfahrt, bei der gefühlt Realität und Fantasie auch miteinander verschwimmen. Da verschwindet der Bus auf einmal und die Mädchen sitzen vor einem sich bewegenden Hintergrund voller bunter Farben und schwärmen von ihrem Sommer. Man hat hier immer noch das Gefühl, Obayashi lullt uns wie Kaa, die Schlange, in einen wunderschönen Traum… bis wir dann zu Tantchen kommen.
Ab hier wird „Hausu“ etwas düsterer, die Farben sind nicht mehr ganz so grell… dafür kommt jetzt mehr so ein Horror-Komödien-Mix hinzu. Das Tantchen führt offensichtlich nichts Gutes im Schilde… tanzt mit Gerippen, schrumpft auf Mausgröße, sitzt erst im Rollstuhl, später dann auf einmal nicht mehr. Dafür verschwinden halt die Mädchen nach und nach – werden vom Brunnen verschluckt, von Klavieren verspeist, von Spiegeln in den Bann gezogen, von Telefonen attackiert. Was Obayashi hier „Horror“ nennt, wird nie wirklich gruselig, sondern eher lustig – gerade, weil der Regisseur äußerst kreative Bilder findet, überspitzte Effekte präsentiert und das Ganze gerne mal in Stroboskop-artige Lichter taucht.
Es sind verrückte Bilder, die einen David Lynch wahrscheinlich wirklich sehr glücklich machen würden (und sicher auch auf die ein oder andere Weise inspiriert haben dürften). Obayashi schert sich nicht darum, dass seine Effekte recht krude aussehen, er setzt auf deren Wirkung, auf eine visuelle Überwältigung unserer Sehnerven – meine Güte, das kriegt er auf jeden Fall hin. Die Story offenbart uns zwar auch später noch ein paar Dinge in Bezug aufs Tantchen, aber am Ende ist das auch Wurst – der Film spricht für sich, auch wenn er schreit und verrücktes Zeug dabei von sich gibt.
„Hausu“ ist auf jeden Fall eine Erfahrung – eine lustige Erfahrung, die man als Horror-Fan wirklich mal gemacht haben sollte.
Wertung: 8 von 10 Punkten („weird“ ist gar kein Ausdruck!!!)
Visionen aus einer weit entfernten Galaxie
Seit Disney „Star Wars“ übernommen hat, könnte man schon sagen, dass es auch ein bisschen viel geworden ist. Nach den Sequels wurden das Universum mit den ganzen Serien erweitert – nur leider auch eher mit nicht so tollen Ergebnissen. Was für mich immer sehr daran lag, dass Disney – statt was Neues zu machen – immer noch sehr am Alten festgehalten hat. Es musste Obi-Wan Kenobi herhalten, Boba Fett aus der alten Trilogie musste ran. Es war nie wirklich mal was Neues. Dabei ist die weit, weit entfernte Galaxie so groß… es gibt nur ein Disney-Star-Wars-Projekt, das ich wirklich gefeiert habe und das war vor zwei Jahren „STAR WARS: VISIONS“. Neun Anime-Studios konzipierten neun Episoden aus und rund um das Star-Wars-Universum – mussten sich aber an keine großen Vorlagen halten und konnten einfach mal freidrehen. Dabei entstand ein tolles Sammelsurium an Geschichten mit unterschiedlichen Stilen und Herangehensweisen. Es hat mich daher sehr gefreut, als STAFFEL 2 angekündigt wurde…
Dieses Mal standen aber nicht Anime-Studios im Vordergrund, sondern Animationsstudios aus aller Welt. So erzählt das spanische Studio El Guiri von einer ehemaligen Sith, die von ihrer Vergangenheit heimgesucht wird. „Shaun das Schaf“-Studio Aardman liefert uns ein witziges Claymation-Rennen und das koreanische Studio Mir (die unter anderem auch „The Witcher: Nightmare of the Wolf“ gemacht) lieferten uns einen epischen Kampf zwischen der Dunklen und der Hellen Seite der Macht.
Die unterschiedlichen Studios liefern sehr verschiedene Episoden ab… und nichts davon fühlt sich wie irgendwas Skywalker-Star-Wars-Mäßiges an, allein deswegen liebe ich es schon. Es entsteht auch in Staffel 2 eine einzigartige Vielfalt, die sich hier vor allem auch im Optischen ausschlägt. Die wirklich schönste Episode ist für mich ohne Zweifel, die simpel als „Sith“ bezeichnete erste Folge. Die hat mich ein bisschen an „Unfinished Swan“ erinnert – ein Spiel, bei dem man seine Umgebung mit Farbe bekleckern muss, um herauszufinden, was es dort zu entdecken gibt. Was Studio El Guiri hier visuell macht, bringt euren Fernseher zum Glühen. Es sieht einfach wahnsinnig toll aus.
Direkt danach kommt mit „Screecher’s Reach“ eine Folge von Cartoon Saloon, die sich ja vor allem mit „The Secret of Kells“ und „Song of the Sea“ – und zuletzt „Wolfwalkers“ – einen Namen gemacht haben… und auf die Wolke war ich besonders gespannt, weil ich gar nicht so ein Gespür dafür hatte, wie sich der sehr einzig- und eigenartige Stil von Cartoon Saloon mit Star Wars verbinden lassen würde. Aber es funktioniert erstaunlich toll, es sieht optisch wirklich toll aus – und wie nicht anders zu erwarten, liefern die dann auch noch eine wirklich emotionale und spannende Story ab.
Ich will jetzt aber nicht alle Folgen einzeln durchgehen. Vieles war auch teils recht kindgerecht, hat aber trotzdem Spaß gemacht (wie die Aardman-Folge). Die letzte Episode mit dem Mädchen und den Kyber-Kristallen und ihrem Lied für die war niedlich, aber hat mich auch nicht so umgehauen. Es gab halt solche und solche Folgen. Was aber wirklich schön war und was Staffel 2 in gewisser Weise noch interessanter macht als die erste Staffel sind einfach die verschiedenen Looks und einfach die unterschiedlichen Kulturen, die hier in der Star-Wars-Galaxie zusammenkommen.
So ist Folge 7 „The Bandits of Golak“ zum Beispiel eine indische Produktion, die gleich vom Look, vom Feeling, von der Musik her in ein ganz anderes Universum führt… und wo ich dann irgendwie da saß und mir dachte: „Kann mal bitte jemand einen richtigen indischen Star Wars Film machen? So in der Machart von RRR oder Pathaan? Halt episch, überbordend, bunt, schrill, emotional und noch viel mehr?“ Ich würde mir das anschauen.
Wie gesagt, auch wenn ich nicht alles so stark an Staffel 2 fand, war es doch ein weiterer sehr kreativer und interessanter Ausflug in das Star-Wars-Universum – die Art von Ausflug, die wir da häufiger brauchen: nämlich mehr fernab von den eh schon ausgelatschten Wegen. Ich bin auf jeden Fall gespannt, was Staffel 3 (die schon angekündigt wurde) abliefern wird.
Wertung: 7 von 10 Punkten (dieses Mal mehr visuell interessant, aber trotzdem immer noch ein Highlight von Disney Star Wars)
Des Rasers schlimmster Feind
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Das „Fast and Furious“-Franchise gibt es schon seit 22 Jahren. Seit 22 Jahren erzählt uns Vin Diesel was von Familie, säuft dabei Corona-Bier und fährt mit seinem Auto durch die Gegend. Was mal angefangen hat als kleiner Undercover-Cop-Klon von „Gefährliche Brandung“ (nur eben jetzt mit Autos), ist mittlerweile in komplett ungeahnte Sphären abgedriftet – und das im wahrsten Sinne des Wortes, waren sie doch sogar im neunten Teil im All. Die Avengers sind ein Scheiß-Dreck gegen Dominic Toretto und seine Familie: Die sind inzwischen nahezu unsterblich, sind Meister über Gravitation und können die Gesetze der Physik einfach ignorieren. So mächtig sind alle im Umfeld des mächtigen Torettos. Man darf diese Reihe wirklich einfach nicht mehr ernst nehmen… dann kann man damit immer noch Spaß haben. Das ist auch eine wichtige Regel für den Anfang vom Ende: „FAST X“, der ja nun als zehnter Teil das große Finale der Raser-Reihe einleitet.
Eigentlich könnte das Leben für Dominic Toretto (Vin Diesel) gerade nicht besser sein. Mit Letty (Michelle Rodriguez) und seinem Sohn Brian (Leo Abelo Perry) lebt er zufrieden in seinem Häuschen, bringt seinem 10-jährigen (?) Sohn schon mal bei, wie man richtig Auto fährt und genießt die geselligen Grillabende mit seiner „familia“. Doch dann werden Roman (Tyrese Gibson), Ramsey (Nathalie Emmanuel), Tej (Ludacris) und Han (Sung Kang) für einen Heist nach Rom beordert – bei dem sich aber schnell herausstellt, dass es eine Falle ist. Eine Falle von Dante Reyes (Jason Momoa), der sich an Dom und seiner „familia“ rächen will, weil sie einst in Teil 5 seinen Vater Hernan Reyes umgebracht haben.
Statt irgendeinem random Gerät, das die Weltherrschaft verspricht (und eigentlich eher ein Auftrag für Mr. Bond wäre), wird es jetzt zum Ende von „Fast and Furious“ sogar mal richtig persönlich. Doms eigene Familie ist in Gefahr. Und trotzdem ist „Fast X“ ein fast reiner Vin-Diesel-Film. Damit offenbart sich dann auch schon direkt das größte Problem – nicht nur des Films, sondern der Reihe an sich: Es werden mit jedem Teil mehr Figuren, über die man einfach irgendwann den Überblick verliert – und leider weiß das Franchise auch mit den meisten nichts mehr wirklich anzufangen. Es kommt halt auch noch erschwerend dazu, dass fast jeder Schurke aus dem Vorgängerfilm im Nachfolger zu einem Teil der Familie wird. Dadurch gibt es halt ständig Zuwachs.
Teil 10 versucht nun, das alles aufzufangen, in dem das Drehbuch dafür sorgt, dass die einzelnen Familien-Mitglieder voneinander getrennt werden. Leider könnten mir Roman, Tej und Co. nicht mehr am Arsch vorbeigehen – die rennen hier halt ein bisschen durch die Gegend, dienen mal kurz dazu, nen kleinen Cameo von Jason Stathams Deckard Shaw vorzubereiten. Das war’s. Vielleicht hätte man einfach sagen sollen, die sind mal eben im Urlaub, aber nein – sie müssen Teil der „Handlung“ sein, also verzweifelt man ein bisschen daran, uninteressante Figuren interessant zu machen. Da die Vier aber auch kein wirkliches Ziel haben, rennen die halt einfach wahllos durch die Gegend.
Das Gleiche muss man auch über Michelle Rodriguez als Letty sagen. Die bekommt so eine kleine Mini-Mission mit Charlize Therons Cipher – und das war’s. John Cena, im letzten Teil noch der große Big Bad, ist jetzt mittlerweile eine komplett andere Figur geworden – aber tatsächlich nicht die interessanteste Nebenfigur. Er bekommt in bester „Last of Us“-Manier den Auftrag, auf Doms Sohn aufzupassen – und so machen die Beiden einen kleinen Road-Trip, auf dem Cena ein bisschen albern sein darf. Erinnert bei ihm mittlerweile sehr an „Peacemaker“, aber er macht das auf charmante Art und Weise, weswegen ich ihm das verzeihe.
Tja… und dann wäre da noch Vin Diesel, der immer noch glaubt, er würde Shakespeare im Auto spielen und das alles superernst nimmt. Der ist in fast jeder Szene, fährt rasant Auto und knurrt sich in seiner Grummel-Stimme durch diesen Film. Halt wie immer. Auch hier gibt es (für Vin Diesel vor allem) ein Problem… welches da Jason Momoa heißt. Jason Momoa nimmt das Ganze hier nämlich überhaupt nicht ernst. Sein Dante ist eine äußerst flamboyante Joker-Imitation. Er schreit, er ist albern, er lackiert sich (und auch mal ein paar Leichen) die Finger-Nägel. Er kann dann aber auch wieder brutal sein und ist einfach ein Wirbelwind in diesem Film, der gar nicht so richtig reinpassen will. Also er passt schon perfekt, das Ding ist nur, dass Vin Diesel nicht schauspielern und deswegen auch nicht mithalten kann. Momoa geht „all in“ und klatscht Diesel einfach voll an die Wand. Dadurch, dass Momoa einfach so sauviel Spaß hat, diesen Dante so verrückt wie möglich zu spielen, funktioniert das irgendwie trotzdem… nur hat man halt zwischendurch immer das Gefühl, Momoa spielt in seiner ganz eigenen Welt.
Und das waren die Charaktere… dann haben wir da ja noch ein paar Action-Sequenzen. Bei denen verpulvert der Film alles relativ früh. Die komplette Rom-Sequenz, in der eine riesige Kugel-Bombe aufgehalten werden muss, macht richtig Spaß, ist total over-the-top und gaga, aber funktioniert. Danach schwächelt es dann ein wenig. Hier mal noch der Ansatz eines Autorennens, da mal ein bisschen Gekloppe, aber so die weitere große Nummer taucht nicht auf. Was ein bisschen schade ist – trotzdem war ich irgendwie beruhigt, dass sie versucht haben, die Action ein bisschen „geerdeter“ zu lassen. Wir fliegen mal nicht ins All. Aber auf Gravitation und physikalische Gesetze geben wir trotzdem nichts, was bei dieser Reihe aber okay ist.
Und das sind dann zweieinhalb Stunden, die eindeutig 40 Minuten zu lang sind. Wenn man sich die ganzen Nebenfiguren mal gespart hätte, wäre das ein runderer Film geworden. Was noch erschwerend dazu kommt, ist die Tatsache, dass das Ganze ein einziger riesiger Cliffhanger ist. Das Ende bleibt offen und lässt einen mit zig Fragen zurück, die man sich dann für „Fast 11“ (und möglicherweise vielleicht auch „Fast 12“) aufhebt. Dadurch ist es auch kein zufriedenstellendes Ende – außer, dass man sich auf noch ein bisschen mehr Jason Momoa im nächsten Teil freuen darf.
Wertung: 6 von 10 Punkten (deutlich besser als der wirre Teil 9, aber langsam wird es einfach zu viel)
DFST 24: Von Schweinen, die in die Zukunft starren
Die 80er Jahre scheinen eine Neufindungsphase für Disney gewesen zu sein, denn wenn man sich mal so anschaut, was da alles aus dem Maus-Haus in die Kinos kam, sind das nicht unbedingt so die Disney-typischen Filme gewesen – oder zumindest die typischen Filme, die man erwarten würde, wenn man eher mit Disney in den 90er Jahren aufgewachsen ist. Da hat sich das 80er-Jahre-Disney teilweise noch recht düster und etwas erwachsener angefühlt. Ein gutes Beispiel ist da weiterhin der letzte Film, den ich euch vorgestellt habe, nämlich „Cap und Capper“, bei dem ich nach wie vor froh bin, den nicht als Kind gesehen zu haben – das hätte mich mehr verstört als der Tod von Bambis Mutter. Vier Jahre nach der traurigen Geschichte rund um den Hund und den Fuchs kam Disney mit einer weiteren Story ums Eck, die nicht wirklich Disney-tauglich an sich war, was sich dann auch an den Kinokassen bemerkbar machte: „TARAN UND DER ZAUBERKESSEL“ war damals mit 44 Millionen Dollar der teuerste Animationsfilm und spielte nur 21 Millionen Dollar wieder – die Produktionskosten waren auch deshalb so hoch, weil noch im der Entstehung bestimmte Szenen abgeschwächt werden mussten, um Kinder nicht zu sehr zu verschrecken. Trotzdem ist „THE BLACK CAULDRON“, wie der Film im Original heißt, immer noch ein ziemlich düsterer Film.
Basierend auf den Büchern „The Chronicles of Prydain“ von Llyod Alexander wird die Geschichte vom jungen Schweinehirten Taran erzählt, der ein besonderes Schwein hütet: Hen Wen hat nämlich Visionen… und ist deswegen für den bösen Gehörnten König von besonderer Bedeutung: Der ist nämlich auf der Suche nach dem Zauberkessel, mit dem er sich eine riesige Armee der Untoten aufbauen kann. Da Hen Wen vorhersehen kann, wo der Kessel versteckt ist, lässt der Gehörnte König das Schwein kurzerhand entführen… und Taran begibt sich auf die Reise, um sein Schweinchen zu retten – und trifft dabei allerlei Freund und Feind.
Ich kann absolut nachvollziehen, warum „Taran und der Zauberkessel“ gefloppt ist. Der Film ist wirklich düster. Allein der Gehörnte König gehört für mich nach wie vor zu den besten Disney-Schurken überhaupt, aber meine Güte… dieses wandelnde Skelett-Monster mit seinen unheimlich rot leuchtenden Augen, diesem fiesen Maul voller scharfer Zähne – und die Tatsache, dass der Film ihn auch immer nur in seinem unheimlichen Schloss, umgeben von waberndem Nebel und seinen fiesen Handlangern, sorgt dafür, dass sich selbst Maleficent davon noch ne Scheibe in Sachen gruseligem Auftreten abschneiden könnte.
Das Schloss selbst ist auch ein gruseliger Ort: Taran landet im Keller, überall hängen noch Gerippe von verstorbenen Insassen herum… und wenn irgendwann die Untoten aufgeweckt werden, ist das auch mehr Disney-Horror als Disney-Film. „Taran und der Zauberkessel“ setzt voll auf das Unheimliche – und punktet damit in meinen Augen voll. Ich mag diesen Film total gerne, aber es ist eben einfach kein wirklicher Kinder-Film. Weswegen Familien damals sicherlich nicht mehrfach in diesen Film gegangen sind wie sonst. Das dürfte einige Kinder sicherlich richtig verstört haben.
Zumal es auch kaum wirklich „schöne“ Momente und Landschaften gibt. Nichts wird durch Gesang irgendwo mal ein bisschen aufgelockert. Wenn Taran und seine Gefährten bei einem Trio von Hexen landen, sind die auch ziemlich fies (und teils auch sehr auf Sex ausgerichtet – wenn der Barde Fflewddur von einer Hexe verzaubert wird und als Frosch ständig zwischen ihren Brüsten hin und her springt).
Also kindertauglich ist das alles nicht wirklich, weswegen der Flop da eigentlich schon vorprogrammiert war… gerade für ein Studio, das sich auf Kindergerechte Unterhaltung spezialisiert hat. Trotzdem: „Taran und der Zauberkessel“ ist ein toller Film – vielleicht auch genau aus all diesen Gründen:
Atmosphärisch ist das ein wirklich schön finsterer Abenteuer-Film mit tollen Fantasy-Elementen, so dass ich mich fast schon dazu hingezogen fühle, der Buchreihe mal eine Chance zu geben. Ich mag die Figuren echt gerne – gerade weil wir mit Taran so einen Träumer haben und mit Prinzessin Eilonwy schon den ersten Prototyp für die taffere Prinzessin, die nicht einfach nur rumhockt und auf wen wartet, um gerettet zu werden. Der Einzige, der in diesem Film wirklich einfach nur nervt, ist das plüschige Wesen Gurgi… der redet so in einem nervigen Kinder-Sprech, hört sich dabei ein wenig an wie Donald Duck und passt einfach so überhaupt nicht in die Geschichte (auch wenn es ihn so auch in den Büchern gibt).
„Taran und der Zauberkessel“ ist ein unterschätzter Film, weil Disney ihn auch nicht wirklich stark in den Vordergrund rückt, aber er ist es definitiv wert, ihn mal gesehen zu haben.
Wertung: 8 von 10 Punkten (Disney macht auf dunkles Fantasy-Abenteuer – und es funktioniert, nur halt nicht für die eigentliche Zielgruppe)
Blut statt Honig
2023 scheint das Jahr der Horror-Bären zu sein. Vor allem der Horror-Bären, die es früher nie im Leben ins Kino geschafft hätten und nun aber doch die Möglichkeit bekommen, ihr Unwesen auf der großen Leinwand zu treiben. Dabei haben wir aber ein Problem: Keiner der bisherigen Bären war wirklich gut genug fürs Kino. Zum einen hatten wir da den „Cocaine Bear“, der einfach so viel besser hätte sein müssen – gerade auch bei all dem Talent vor und hinter der Kamera. Zum anderen haben wir jetzt Winnie Puuh, der durchdreht… und ja, ihr habt richtig gelesen. Die Geschichte rund um Puuh und seine Freunde aus dem Hundert-Morgen-Wald ist in den USA in der Public Domain gelandet und darf nun frei verwendet werden (nicht ganz, ein paar exklusive Rechte liegen immer noch bei Disney, die dem Bären ja schon einen Film bescherten). Das hat sich der Regisseur und Autor Rhys Frake-Waterfield direkt erlaubt und präsentiert uns nun den ersten Winnie-Puuh-Horror-Film mit „WINNIE-THE-POOH: BLOOD AND HONEY“.
Vor vielen Jahren traf ein junger Christopher Robin im Hundert-Morgen-Wald eine Gruppe von anthropomorphen Wesen, mit denen er sich anfreundete. Als er jedoch ans College ging, verließ er sie und überließ sie sich selbst. Unfähig, sich zu ernähren, mussten Puuh und Co. halt mal eben den armen Esel I-Ah fressen und drehten dadurch durch. Ihr Hass auf den Verräter Christopher Robin wuchs und so fingen sie an, Jagd auf Menschen zu machen. Als Christopher Robin (Nikolai Leon) tatsächlich zurückkehrt, gerät er in die Hölle, die einst ein wunderschöner Kindheitsort gewesen ist.
Wenn ich es so noch einmal aufschreibe, klingt das eigentlich nach einer witzigen Idee… und man hätte daraus wirklich eine ganze Menge machen können – wenn man ein etwas besseres Skript, etwas bessere Darsteller und eine etwas bessere Regie gehabt hätte. So quälte ich mich doch arg durch diesen eigentlich recht kurzen Film. Dabei fing es noch interessant an: Das Intro, quasi die Origin vom mörderischen Puuh-Bären, ist ein kleiner, kruder, aber wirkungsvoller Animationsfilm. Die Zeichnungen wirken, als hätte jemand sie im dunklen Keller mit sehr viel Wut gemacht – die Linien der Figuren zerfranzen, alles wirkt sehr düster, simpel – ein bisschen creepy.
Wenn danach Christopher Robin zurückkehrt und direkt von Puuh und Ferkel gejagt wird, ist das auch noch vielversprechend. Leider schert sich der Film dann nicht mehr so viel darum, sondern entscheidet sich dazu ein einfacher, 08-15-Slasher zu werden, in dem dümmliche Damen mit großen Brüsten abgeschlachtet werden und weniger dümmliche Damen mit weniger großen Brüsten ebenfalls einfach zu Mus verarbeitet werden. Wir haben dann nämlich auf einmal eine Gruppe von Freundinnen, die in einem Haus im Hundert-Morgen-Wald Urlaub machen wollen und dann gekillt werden.
Die Darstellerinnen sind nicht wirklich gut, was nicht das Problem wäre, sind sie ja doch nur als „scream queens“ gedacht. Die Regie ist aber auch einfach nicht wirklich gut… Frake-Waterfield hat arge Mühe, das Ganze atmosphärisch umzusetzen. Es wirkt alles eher wie ein billiger Studenten-Film – was es irgendwo auch ist, das Ding hat gerade mal 100.000 Dollar gekostet (aber schon über 5 Millionen Dollar eingespielt – wird also definitiv noch mehr kommen). So sehr ich auch Low-Budget-Charme genießen kann, so schwer habe ich mich dann doch mit „Blood and Honey“ getan… was vielleicht auch sehr daran lag, dass ich irgendwie mehr was in die Richtung „Terrifier“ erwartet hatte: Das war auch nicht gut, hatte aber fiese Effekte und einen höchst interessanten Killer.
Die Effekte bei „Blood and Honey“ sind gerade mal nett. Es gibt ein paar etwas fiesere Szenen, aber ansonsten macht man nicht viel aus den Kills. Besondere „Schauwerte“ darf man also jetzt nicht erwarten. Genauso wenig wie einen interessanten Killer – was leider auch daran liegt, dass es hier zwar ein anthropomorphes Wesen sein soll, aber halt einfach nur aussieht wie ein Typ mit der billigsten Winnie-Puuh-Maske, die man im Laden finden konnte. Der ist zwar nett stoisch, sagt keinen Mucks und taucht einfach irgendwo auf… aber vom „Monster-Design“ her will ich da einfach mehr sehen.
So schleppt man sich dann eher mühselig durch diesen Film, der sich selbst auch irgendwie zu ernst nimmt und obwohl er Trash ist, nicht wirklich Trash genug ist, als das ich ihn mit guten Gewissen weiterempfehlen könnte. Und wie gesagt: Wir werden trotzdem mehr bekommen. Titel wie „Peter Pan’s Neverland Nightmare“ und „Bambi: The Reckoning“ schwirren dank Frake-Waterfield schon herum.
Wertung: 3 von 10 Punkten (coole Idee, die nicht ausgeschöpft wird)