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Puppen-Terminator

16. Januar 2023

Geständnis: Ich habe noch nie „Chucky“ gesehen. Nicht einen einzigen Film davon. Ich weiß, ich weiß: Schande über mein Haupt. Ich will diese Schande auch im Laufe des Jahres mal loswerden, denn von den Horror-Killern ist Chucky der eine, der mir wirklich noch fehlt. Aber für alle Chucky-Fans (ich weiß nicht mal, ob ich das so schreiben kann / darf / sollte) gibt es jetzt eine neue Mörder-Puppe, die aber (so viel kann / darf / sollte ich schreiben) Chucky nicht das Wasser reichen kann – und das sage ich als jemand, der die Mörder-Puppe wirklich nur vom Hören-Sagen kennt. Mit „M3GAN“ bekommt das Chucky-Mörder-Puppen-Genre ein zumindest visuelles Upgrade.

Die junge Cady (Violet McGraw) verliert bei einem Autounfall ihre Eltern und fortan soll sich ihre Tante Gemma (Allison Williams) um sie kümmern. Die arbeitet für ein Spielzeug-Unternehmen, hat aber keine Ahnung, wie man mit Kindern so richtig umgeht. Da sie gerade eh an einem Geheimprojekt für das nächste krasse Spielzeug arbeitet, probiert sie den Prototypen einfach mal an ihrer kleinen Nichte aus: Megan (Jenna Davis als Stimme, Arnie Donald als „Puppe“) ist ein Roboter mit künstlicher Intelligenz, lernfähig ohne Ende und soll Cady mit Rat und Tat zur Seite stehen. Blöd nur, dass Megan irgendwann ihren Beschützerinstinkt, was Cady angeht, zu weit treibt.

„M3gan“ ist das erste große Projekt von Vielfach-Produzent Jason Blum und Horror-Experte James Wan… und als ich den ersten Trailer zum Film sah, dachte ich: „Das wird vielleicht wie Wans ‚Malignant‘.“ Der Film war so doof, so over-the-top, aber gerade beim zweiten Mal Gucken so unterhaltsam, dass ich den wirklich nur empfehlen kann. „M3gan“ ist leider nichts davon… „M3gan“ ist der handzahmste Horror-Film, den ich je gesehen habe. Selbst die „Akte X“-Folge „Chinga“ aus Staffel 5 (die von Stephen King geschrieben wurde und wo es auch um eine mörderische Puppe geht) hat mehr Flair, mehr Atmosphäre und mehr Grusel in 45 Minuten als „M3gan“ in anderthalb Stunden.

Das Problem ist, dass „M3gan“ auch nicht wirklich weiß, in welche Richtung das Ganze gehen soll. Für Horror allein reicht es nur selten aus. Es gibt ein paar nette Sequenzen, in denen Megan selbst ein bisschen zeigt, was sie so drauf hat. Aber das „creepy feeling“ einer scheinbar leblosen Puppe in Horror umzusetzen, geht in diesem Film nicht auf. Und Wan kennt sich doch mit Puppen in Horror-Filmen gut aus. Als reiner Puppen-Horror zieht „M3gan“ nie mal an oder nimmt das ganze Thema ein bisschen salopper. Dafür ist der Film tatsächlich zu verkopft, was jetzt erstmal komisch klingt, aber lasst es mich erklären.

„M3gan“ ist mehr Drama als Horror. Das beginnt damit, dass der Film sehr lange die Beziehung zwischen Cady und Gemma aufbaut. Dabei entstehen ein paar wirklich emotionale Szenen, gerade „Haunting of Hill House“-Darstellerin Violet McGraw funktioniert gut in der Rolle der traumatisierten Cady… und auch „Get Out“-Star Allison Williams ist sehr überzeugend als überforderte Gemma. Zwischendurch dachte ich auch, der Film würde eine „Babadook“-Richtung einschlagen, wenn der ganzen Geschichte die Beziehung zwischen Tante und Nichte so unglaublich wichtig ist. Das Ganze hätte theoretisch auch ein sehr intimer Trauerbewältigungsfilm sein können, der wahrscheinlich ohne den Puppen-Horror besser funktioniert hätte.

Der muss ja aber drin sein… und wie schon erwähnt, funktioniert der nur selten. Zumal (und das klingt jetzt fies) es keine wirklich spannenden und guten Kills in diesem Puppen-Horror gibt. Grob gesagt sterben „nur“ vier Leute… und sonderlich viel sieht man davon jetzt auch nicht. Und das ist es einfach, was ich meine: Für Puppen-Horror wird diese Puppe Megan einfach nicht richtig ausgenutzt. Stattdessen möchte man auch noch ein bisschen Ironie und Satire reinbringen, sich ein bisschen über die Spielzeug-Industrie lustig machen. Aber auch hier geht man nicht „all in“.

Daran scheitert letztendlich der Film für mich: Er traut sich nicht, in die eine oder andere Richtung zu gehen. Hätte ein gutes Drama sein können, man will aber auch Horror. Der funktioniert nicht, weil man nicht genug Horror drin hat… und so plätschert „M3gan“ eher mühselig im Meer verspielter Chancen hin und her, würfelt HAL 9000 mit dem T-800 zusammen, ohne daraus wirklich einen guten Film zu machen.

Wertung: 4 von 10 Punkten (zu zahm, um wirklich mal was zu liefern)

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