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Memoiren eines Pferdes

8. Januar 2018

Mein bester Freund liegt mir seit Wochen damit in den Ohren: „Guck es dir endlich an! Du musst das unbedingt gucken! Diese Serie ist für mich die beste Serie!“ Und das kommt von einem Typen, der außer bei „The Walking Dead“ und „Game Of Thrones“ nur schwer dazu kommt, überhaupt mal eine Serie zu gucken (das sage ich auch nur, weil ich schon die ganze Zeit versuche, ihn dazu zu bringen, sich endlich mal „Fargo“ anzuschauen). Doch er hat es damals schon geschafft, mir „The Walking Dead“ mit Staffel 4 wieder schmackhaft zu machen (auch wenn das über ein Jahr harter Überzeugungsarbeit von ihm brauchte), da wollte ich ihn mit dieser, seiner neuen heiß geliebten Serie nicht so lange zappeln lassen – und habe mich mal an die erste Staffel der Netflix-Serie „Bojack Horseman“ gewagt.

Bojack Horseman (Will Arnett) war in den 90er Jahren ein erfolgreicher Sitcom-Star. Jetzt ist er ein abgehalfteter Celebrity, der seinem früheren Ruhm nach trauert und verzweifelt nach neuen Projekten Ausschau hält. Eines dieser Projekte ist seine Autobiografie, doch weil Bojack nicht zum Schreiben kommt, heuert sein Verleger eine Ghost Writerin an, die junge Diane (Alison Brie). In die verliebt sich Bojack natürlich, nur ist sie leider mit seinem Erzfeind, dem Schauspieler Mr. Peanutbutter (Paul F. Tompkins) liiert. Und das ist nur die Spitze des Eisberges, der aus wilden Drogen-Eskapaden und dummen Entscheidungen besteht. Ach ja, und bevor ich es vergesse zu erwähnen, Bojack Horseman ist tatsächlich ein Pferd.

Kommt ein Pferd in eine Bar…

Jupp, ich habe immer etwas Stirn runzelnd auf diese Idee von „Bojack Horseman“ herabgeblickt: „Das ist also ein Welt aus Tieren, die wie Menschen sind und Menschen? Was soll daran jetzt witzig sein?“ Dazu kam dann noch dieser etwas krude Zeichenstil, der mir von Anfang an nicht so unbedingt gefallen hat. Wenn ich ehrlich sein soll, wirkte das auf den ersten Blick etwas billig auf mich – und deswegen habe ich mich lange dagegen gewehrt.

Jetzt kommt jedoch das große „Aber“: Staffel 1 habe ich fast in einem Atemzug durchgesuchtet und bin nun ebenfalls Fan. „Bojack Horseman“ hat mich eigentlich von Folge 1 an sehr überrascht und die ganze Staffel hindurch nicht mehr losgelassen. Was ich am tollsten fand, war die Tatsache, dass die erste Staffel eine zusammenhängende Geschichte erzählt. Ich hatte ja sowas in die Richtung „Rick and Morty“ erwartet: lustige Einzelepisoden, in denen Bojack dann hier und da was erlebt. Pustekuchen. Staffel 1 erzählt eine Geschichte – wie Bojack mit seiner Vergangenheit kämpft und wie er die Menschen und Tiere um sich herum behandelt. Keine Einzelepisoden, sondern eine richtige Geschichte, in der sich die einzelnen Charaktere sehr gut ausbreiten können.

Die zweite große Überraschung war für mich dann auch, dass „Bojack Horseman“ keine reine Comedy-Show ist. Ja, die Serie hat auch schon ihren Humor und dabei auch sehr skurrilen und sehr sarkastischen Humor, aber die Serie hat auch unglaubliche düstere Momente. Immerhin behandelt sich auch die Depressionen, die Bojack bekämpft. Wir sehen, wie er die Leben anderer zerstört (besonders im Fall seines Freundes Todd, gesprochen von Aaron Paul), um sie mehr an sich zu binden. „Bojack Horseman“ ist somit auch ein extrem tragisches Proträt eines gefallenen Stars, der sich mit allen Mitteln an seiner Vergangenheit festklammert, in dem er immer wieder und wieder Folgen seiner eigenen Sitcom schaut und der verzweifelt nach einem höheren Sinn in seinem Leben sucht. Das hatte ich bei dieser Serie nun wirklich nicht erwartet und das hat mich ziemlich schnell dann zu einem echten Fan werden lassen.

Denn die Charaktere sind es am Ende auch, die wirklich interessant sind – von denen es so viele tolle gibt, die alle ihre Fehler haben. Die alle mit ihrem Leben kämpfen, die – ob sie nun Mensch oder Tier sind – so viel Menschliches, Verletzliches und Nachvollziehbares in sich tragen. Wow… ich war wie weggeblasen. Dazu kommt dann noch die tolle Riege an Schauspielern, die hinter den Zeichnungen ihre Stimmen leihen: allen voran natürlich „Batman“ Will Arnett, der wie geschaffen für dieses versoffene Pferd ist, aber auch Alison Brie, Aaron Paul und die Dutzenden Gast-Stars, die in jeder Folge auftauchen.

Die erste Staffel „Bojack Horseman“ hat mich wirklich extrem fasziniert und ich bin jetzt schon gespannt, wie es mit diesem Pferd weitergehen wird, dass für seine Memoiren am Ende sogar einen Golden Globe gewinnt (wer hätte es jemals für möglich gehalten).

Wertung: 9 von 10 Punkten (zynisch, sarkastisch und oft auch sehr traurig – ein ungewöhnlicher Mix für eine ungewöhnliche Serie)

7 Kommentare leave one →
  1. 8. Januar 2018 21:21

    Juhuu, noch ein Fan! 🤗
    Ohne zu viel zu verraten: von diesen Tragischen Momenten gibt es später noch ein paar mehr

    • donpozuelo permalink*
      9. Januar 2018 09:22

      😀 Ja, noch ein Fan. Ist wirklich eine starke Serie. Ich bin gespannt auf sehr viel mehr.

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