Das Spiel um das Thron-Erbe
Wer hätte es für möglich gehalten, dass eine „Game of Thrones“-Spinoff-Serie so gut aufgenommen wird? Als „HOUSE OF THE DRAGON“ angekündigt wurde, waren die Stimmen dazu (gelinde gesagt) sehr verhalten. Zu sehr schmerzte vielen Fans noch die achte Staffel von „Game of Thrones“. Die Wut (besser: der Hass) auf Benioff und Weiss ließ viele vergessen, dass die Serie trotzdem auch ein tolles Phänomen gewesen ist und ich bleibe dabei, ich bin auch mit vielen Sachen nicht einverstanden (husthustNIGHTKINGhusthust) und ich fand es am Ende auch zu schnell gemacht (aber das lag ja auch daran, dass die Showrunner schnell zu Star Wars rennen wollten), aber so mies fand ich das Ende jetzt nicht. Aber gut, das ist ein Streitgespräch für eine andere Zeit. Umso toller war es dann, zu sehen, wie sehr die Leute mit jeder Folge von „House of the Dragon“ mehr und mehr von dieser Serie eingenommen wurden. Und was Ryan Condal und Miguel Sapochnik auf die Beine gestellt haben, ist eine eigenständige Serie, die spannender und aufregender ist als die Mutter-Serie und zum Glück auch ohne irgendwelchen Fan-Service auskommt, was natürlich auch daran liegt, dass das Ganze 200 Jahre vor der Mutter-Serie spielt.
König Viserys (Paddy Considine) verliert bei der Geburt seines ersten Sohnes sowohl Frau als auch Kind. Da ihn jedoch sein ganzer Rat dazu drängt, einen Thronerben zu ernennen, trifft Viserys eine Entscheidung. Statt seinen jüngeren Bruder Daemon (Matt Smith) diese Ehre zuteilkommen zu lassen, wählt der König seine Tochter Rhaenyra (Milly Alcock, später dann Emma D’Arcy) als seine Nachfolgerin. Ein Aufschrei geht durch den Hof und durch das Land, aber man stellt sich hinter diese Entscheidung. Die Hand des Königs, Otto Hightower (Rhys Ifans) hat jedoch andere Pläne: Er nutzt seine Tochter Alicent (Emily Carey, später dann Olivia Cooke) aus und schickt sie zum König. Die beiden heiraten, was einen Keil zwischen die einstigen Freundinnen Rhaenyra und Alicent treibt. Die beiden bekommen einen Sohn, was einen Keil in die Thronerbschaft treibt. Otto setzt nämlich alles daran, dass sein Enkel König wird und nicht Rhaenyra.
Und dann passiert natürlich noch eine ganze Menge mehr. Es ist fantastisch, was die Serienmacher in dieser ersten zehn Episoden packen… und das, ohne das es sich vollgestopft anfühlt. Aber wie hier die Grünen (Alicent und die Hightowers) nach und nach mehr gegen die Schwarzen (Rhaenyra und Targaryens) vorgehen, ist wirklich gut geschrieben. Vor allem weil es einfach von Anfang so einen bitteren Beigeschmack hat. Eine Alicent wird einfach zum Spielball der Ambitionen ihres Vaters. Sie hat all das nie gewollt, wächst aber natürlich in diese ganze Intrige mehr und mehr rein… und wenn sie später Mutter ist, tut sie, was eine Mutter eben tun würde: Ihre Kinder schützen.
Es ist echt stark, wie aus diesen einstigen Freundinnen mehr und mehr Feinde werden, es aber immer noch hier und da Hoffnungsschimmer zu geben scheint. Emily Carey und Milly Alcock, als auch später dann Olivia Cooke und Emma D’Arcy, sind großartig in diesen Rollen… und spielen sich so gekonnt die Bälle zu. Aber auch der Rest: Paddy Considine als Viserys ist wortwörtlich King. Er ist so unglaublich gut in dieser Serie. Matt Smith als geschasster Bruder, der sein eigenes Ding durchzieht, ist fantastisch. Rhys Ifans als intrigante Hand mit ganz eigenen Ambitionen, ist auch super. Schauspielerisch ist die Serie wirklich toll. Die Tatsache, dass das hier alles auch erstmal „klein“ gehalten wird, trägt einfach gut dazu bei, dass man diese Fülle an Charakteren gut kennenlernt. Dabei fühlt es sich dann auch nie an, als würde man versuchen, Kopien von Figuren aus „Game of Thrones“ erschaffen wollen. Diese Leute stehen auf eigenen Beinen.
Und „klein“ gehalten meint dabei, dass wir eigentlich nur drei größere Schauplätze haben… das meiste spielt sich halt am Hof. Die größten Veränderungen spielen sich tatsächlich auf der Zeitebene ab… denn Staffel 1 springt sehr häufig nach vorne. Ich glaube, insgesamt vergehen in diesen ersten zehn Episoden 17 oder 18 Jahre. Deswegen dann auch der Wechsel im Cast…nicht nur was Alicent und Rhaenyra angeht, sondern dann auch später deren Kinder. Das kann manchmal echt verwirrend und etwas anstrengend sein, aber die Serie fängt das gut auf.
Dazu kommt, dass man das „Dragon“ im Titel ernst nimmt und uns endlich mal eine Vielzahl von Drachen präsentiert, die man dank unterschiedlicher Farben und Größen auch sehr viel besser voneinander trennen kann als damals in „Game of Thrones“.
„House of the Dragon“ Staffel 1 wird mit jeder Episode einfach besser und besser. Die Intrigen sind verzwickt, die Charaktere werden gekonnt aufgestellt und gegeneinander aufgebracht. Es macht wirklich Spaß, sich einmal mehr in dieses Spiel um den Eisernen Thron zu schmeißen – gerade, weil es so verdammt gut geschrieben und so verdammt gut gespielt wird. Westeros is back – und das mit einem ordentlichen Knall. Wenn George R.R. Martin jetzt noch „The Winds of Winter“ und „A Dream of Spring“ veröffentlicht, bin ich richtig glücklich. Bis dahin warten wir einfach gespannt auf Staffel 2, die auch schon bestätigt wurde.
Wertung: 9 von 10 Punkten (kleiner als GoT, aber direkt in der ersten Staffel so viel spannender und packender)
Mensch, jetzt bekomme ich ja doch Lust auf House of the Dragon. Bei Ankündigung des Ganzen war ich auch kein Fan. Ich rieche da immer nur wie George R.R. Martin noch mehr davon abgelenkt wird Geld zu verdienen ohne zu schreiben und andere Leute Geld verdienen usw. usw. Aber ich war zumindest so sozial zu sagen „ist doch gut wenn andere ihren Spaß haben, ich schau mir das aus der Ferne an“. Aber so langsam werde ich dann doch neugierig.
Was du zu George R.R. Martin sagst, unterschreibe ich sofort. Der Mann macht auch tausend andere Sachen nebenher… da scheint es ja kein Wunder zu sein, dass wir nur schon über elf Jahre auf das nächste GoT Buch warten.
Aber es ist ja nicht er allein. HBO hat natürlich auch ein Interesse daran, in der Welt von Westeros zu bleiben… und ich war auch skeptisch, vor allem nachdem sie „The Long Night“ mit Naomi Watts nach der Pilotfolge eingestellt haben.
Aber House of the Dragon ist wirklich unglaublich gut. Das wird von Folge zu Folge einfach immer besser… und hat grandiose Charaktere, die sich nicht wie GoT Kopien anfühlen. Dem Ganzen solltest du irgendwann in einer ruhigen Minute echt mal ne Chance geben