Die Konjunktion der Sphären
Netflix hat es mit seiner „The Witcher“-Reihe gerade nicht so leicht. Erst erzählte ein ehemaliger Autor, dass im Schreiberstab der Serie sehr viele Leute dabei seien, die sich über die Bücher und / oder die Spiele der Reihe lustig machen. Wenig später verkündete ausgerechnet Henry Cavill seinen Ausstieg nach Staffel 3 der Serie und soll nun durch Liam Hemsworth ersetzt werden (irgendwie hoffe ich da immer noch, dass sie Geralt sterben lassen und Hemsworth einfach als neuen Hexer einführen). Allgemein merke ich auch, dass die Serie selbst doch nicht so sehr gefeiert wird, wie ich dachte, denn ich mag sie schon sehr gerne… und das sage ich als jemand, der auch „The Witcher 3“ ausgiebig gezockt und der alle Bücher gelesen hat. Aber gut… trotzdem versucht man bei Netflix weiterhin an dieser Fantasy-Welt von Autor Andrzej Sapkowski festzuhalten. Erst gab es den wirklich guten Prequel-Film „Nightmare of the Wolf“, jetzt erscheint mit „THE WITCHER: BLOOD ORIGIN“ eine weitere Prequel-Serie, die aber ihre Wirkung verfehlt.
Etwa 1000 Jahre vor den Ereignissen der eigentlichen Geralt-Ciri-Saga gibt es auf dem Kontinent noch keine Menschen und Monster. Elfen sind die Herrscher über das Land, das sich in drei Königreiche aufteilt. Bei einem Coup durch den Magier Balor (Lenny Henry) werden diese in einem zusammengefasst. Prinzessin Merwyn (Mirren Mack) wird als Kaiserin verkündet (die jedoch unter der Balor um ihr Leben fürchten muss und deswegen schon bald ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt). Balor lässt derweil überall im Land schwarze Monolithen aufstellen, mit deren Hilfe er in eine andere Dimension eindringen will, um Ressourcen und vor allem die Chaos Magie (ob Marvel da wohl bald wegen der Rechte an die Tür klopft???) für sich zu gewinnen. Dieser neuen Macht stellt sich eine kleine Gruppe von Rebellen gegenüber, zu der unter anderem Eile (Sophia Brown), eine Musikerin, die einst eine große Kriegerin gewesen ist, Fjall (Laurence O’Fuarain), der einstige Liebhaber von Merwyn und Scian (Michelle Yeoh), die Lehrmeisterin von Eile, gehören.
Es sind insgesamt nur vier Folgen, auf die sich „Blood Origin“ stützen kann… und man merkt am Ende: Die Story ist ziemlich mau. Es soll eigentlich von der Konjunktion der Sphären erzählt werden, etwas, das die Gamer und Leseratten schon kennen. Das ist der Moment, an dem sowohl die Monster als auch die Menschen auf dem Kontinent landeten. Das ist auch der Zeitpunkt, zu dem die ersten Hexer auftauchten, um – mutiert durch die harte Kräuterprobe – gegen Monster zu kämpfen. Da wäre es ja erzählerisch vor allem spannend, wie das Zusammentreffen zwischen Menschen, Elfen und Monstern wirklich ablief. Doch genau wenn es zu diesem Augenblick kommt, ist „The Witcher: Blood Origin“ vorbei. Das Spannendste an diesem Prequel wird einfach ignoriert. Ja, wir sehen die Entstehung des ersten Hexers überhaupt, aber auch diese Geschichte wird ziemlich schnell abgefrühstückt. Man bekommt die Kräuterprobe nicht wirklich erklärt, auch nicht, wie die Idee des Hexers ausgebaut wird, gar nichts. Am Ende von „Blood Origin“ ist man nicht schlauer als vorher, was den Mythos der Hexer an sich angeht. Damit verspielt diese Serie dann einfach mal ihr gesamtes Potenzial.
Stattdessen müssen wir mit dürftiger Elfen-Politik klarkommen und einer Rebellengruppe, die halt mal einfach irgendwie zusammengewürfelt wird. Dabei scheint den Machern Repräsentation wichtiger gewesen zu sein als tatsächlich gut ausgearbeitete Charaktere. Auf der einen Seite ist das natürlich toll, wie vielschichtig „Blood Origin“ sein möchte, aber auf der anderen Seite passiert mit diesen ganzen Figuren nichts. Sie sind so langweilig und eindimensional geschrieben, dass man sie schneller vergisst, als das man „The Witcher: Blood Origin“ sagen kann. Eine Michelle Yeoh geht zum Beispiel komplett unter. Sie bekommt ein, zwei Kampfsequenzen, obwohl selbst die insgesamt unter Cavill besser ausgehen haben, weil sie in „Blood Origin“ auch teilweise echt fies zerschnitten sind. Mirren Mack fand ich als Merwyn ganz interessant und da hätte man – gerade in Zeiten von „Game of Thrones“ und „House of the Dragon“ – eine spannende Story über Intrigen und Verrat draus machen können… aber so richtig ist das ja auch nicht Sinn und Zweck von „Blood Origin“. Also schustert man eine merkwürdige Story rund um Sophia Browns Charakter, verfehlt aber auch hier, ihr wirklich eine tiefgründige Story zu geben.
Am Ende habe ich auch nicht verstanden, warum wir in vier Folgen eine Gruppe von sieben Leuten brauchen. Jeder von denen allein hätte erstmal seine Episode kriegen müssen, um sie halbwegs gut vorstellen zu können. Wie gesagt, Potenzial steckt in all diesen Charakteren, nur die Zeit fehlt. Und das merkt man dann an den Entwicklungen der Figuren und auch an der Story. Über das schreckliche CGI der paar Monster, die man sieht, und die unspektakulären Kampfsequenzen legen wir lieber schnell den Mantel des Schweigens.
„The Witcher: Blood Origin“ braucht kein Mensch. Das fühlt sich leider wirklich nur wie pure Geldmacherei an, mehr nicht. Dabei ist gerade diese Konjunktion der Sphären eine der faszinierendsten Geschichten aus dem Hexer-Universum. Nur eben nicht in dieser Serie.
Wertung: 3 von 10 Punkten (unnützes Prequel, das eigentlich auch sein Thema ein bisschen verfehlt)