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Die Wölfe und die Blumenjungfrau

28. Juli 2021

Ich habe mich immer ein bisschen gefragt, warum in vielen dieser eher kitschigen Fantasy-Bildern Wölfe immer so eine wichtige Rolle spielen. Wölfe hatte ich bislang nicht wirklich als fantastische Wesen wahrgenommen. Einhörner und Drachen sind okay, aber Wölfe habe ich da nur schwer nachvollziehen können. Doch auch ich kann mich ändern und Wölfen, die ich sonst eher in den Bereich der Märchen verbannt habe, mittlerweile mehr abgewinnen als ich es für möglich gehalten hätte. „Schuld“ daran ist die Anime-Serie „WOLF’S RAIN“, die ich mir eher durch Zufall angeschaut hatte. Ich war auf der Suche nach einem neuen Anime und als mir Prime „Wolf’s Rain“ vorschlug, erinnerte ich mich grob daran, in meiner Manga-Phase mal Teile der Geschichte von Keiko Nobumoto gelesen zu haben. Und anfangs war ich eher skeptisch, aber hätte ich damals schon gewusst, dass Keiko unter anderem auch für „Cowboy Bebop“ verantwortlich gewesen ist, hätte ich diese Skepsis viel früher fallen gelassen. Aber die Serie selbst hat schnell dafür gesorgt, dass ich vollkommen eingenommen war von ihr.

Wir befinden uns in einer dem Untergang geweihten Welt, in der ein Bürgerkrieg das Land zerrüttet hat. Hier lernen wir den Jungen Kiba kennen, der in Wirklichkeit ein Wolf ist, der sich nur in der Form eines Menschen tarnt. Kiba ist dem Duft der Mond-Blumen auf der Ferse und trifft so in der Stadt Freeze City das junge Mädchen Cheza, die wiederum auch kein Mädchen ist, sondern ein Wesen, das aus Mondblumen entstanden ist. Mit ihrer Hilfe wollen einige Adlige das Paradies erreichen. Das ist auch Kibas Ziel… und damit wird er gleichzeitig auch zum Erfüller einer alten Prophezeiung, die besagt, dass wenn die Wölfe den Weg zum Paradies öffnen, wird die Welt untergehen. Gemeinsam mit anderen Wölfen, die Kiba in Freeze City findet – der rebellische Tsume, der freundliche Hige und der naive Toboe – macht sich Kiba auf die Suche nach dem Paradies… und wird dabei von den Adligen und anderen Menschen gejagt.

Was ich der Serie gleich mal zugute halten muss, ist die Tatsache, dass wir hier wirklich eine spannende Reise erleben. Ich dachte anfangs, das ganze Szenario würde sich nur in Freeze City abspielen, aber nein… Kiba und sein Rudel begeben sich wirklich auf eine ziemlich lange Reise und so wird „Wolf’s Rain“ ein packendes Road-Movie durch eine zerrüttete Welt. Dabei liefert uns die Serie unglaublich eindrucksvolle Schauwerte… ich mochte die abwechslungsreiche Post-Apokalypse, die „Wolf’s Rain“ zu bieten hat: alte Industrie-Städte, Ruinen von längst verlassenen Schlössern, Wüste, versteinerte Wälder, Hochglanz-Innenstädte der Adligen, in denen das Unheil noch nicht angekommen zu sein scheint… es gab in jeder dritten Folge irgendeine neue Location. Dieses World-Building allein fand ich schon faszinierend.

Dazu kommt, dass die Story auch wirklich clever erzählt wurde. Es mag mit dem ganzen „Die Wölfe öffnen das Paradies“-Kram ein bisschen albern wirken, ist es aber in der Realität überhaupt nicht. Es funktioniert nie einfach… und das Starke an der Erzählung an sich ist, dass sie nie in die Versuchung kommt, uns krasse Erklärbär-Momente zu geben. Vielmehr werden in der Serie verteilt immer mal wieder Hinweise gestreut, alte Legenden erzählt, was es mit dieser Welt auf sich hat. So erschafft „Wolf’s Rain“ eine doch sehr interessante Mythologie, in dessen Mittelpunkt eben die Wölfe stehen. Klar ist das dann ein bisschen esoterisch-religiös angehaucht, aber innerhalb der Logik von „Wolf’s Rain“ macht das alles Sinn.

Die Charaktere – egal ob die Wölfe oder die Menschen – sind gut ausgebaut und liefern zusätzlich spannende Geschichten. Da gibt es den fanatischen Wolfshasser Quent, der Jagd auf die Wölfe macht, die er für den Tod seiner Familie verantwortlich macht. Die Forscherin Cher erschuf einst Cheza und folgt der nun, als die mit den Wölfen durchbrennt… und wird dabei wiederum von ihrem Ex-Mann und Polizisten Hubb verfolgt. Dann spielen noch die Ränkespiele der Adligen eine wichtige Rolle und so wird die Story rund um die Wölfe auch noch durch interessante Nebencharaktere ausgeschmückt.

„Wolf’s Rain“ ist mit seinem 30 Folgen (von denen man 4 überspringen kann, weil sie nur Clip-Show-Rückblenden zu den einzelnen Wölfen sind) perfekte Fantasy-Dystopie-Unterhaltung mit starken Charakteren und einer faszinierenden Geschichte. Ich glaube, ich muss mir wirklich nochmal die Mangas besorgen (sind ja auch nur zwei Bände).

Wertung: 9 von 10 Punkten (zieht einen langsam, aber unaufhörlich in seinen Bann)

4 Kommentare leave one →
  1. 8. August 2021 19:55

    Uuuuh ja, einer meiner Lieblingsanime. Wobei ich finde, dass er am Anfang etwas zäh ist. Aber ich mag die Verschiedenartigkeit der Charaktere. Dabei wirkte Kiba auf mich immer zu sehr als der klassische Held und alle anderen spannender.
    Vor ein, zwei Jahren habe ich den das erste Mal rewatched und war sehr erstaunt, dass offenbar in Freeze City und/oder Umgebung russisch geschrieben wird, d.h. dass kyrillische Buchstaben gezeigt wurden. War mir vorher nie aufgefallen. Ich habe mich neulich auch gefreut als ich gesehen habe, dass der jetzt in Prime drin ist. Leider vergesse ich zu oft zu „influencern“ und dann Links zu den alten Besprechungen rauszusuchen … naja ..

    • donpozuelo permalink*
      8. August 2021 21:05

      Dann musst du echt mehr influencen 😀

      Ja, das mit dem Russisch ist mir auch aufgefallen. Das wird irgendwie nie so richtig erklärt, was ich etwas merkwürdig fand. Aber es hat auch gut zur Story gepasst.

      Überhaupt… diese ganze Welt war echt toll. Und ja, die Charaktere sind es auch. Werde ich definitiv irgendwann noch einmal schauen.

  2. 20. August 2021 13:10

    Habe ich in meiner Jugend (ist bestimmt schon 15 Jahre her) gesehen und nach wie vor in sehr guter Erinnerung. Vor allem das Finale auf irgendeinem Berg (?), wo die Musik nochmal so richtig aufspielt und ganz dramatisch wird.

    • donpozuelo permalink*
      22. August 2021 08:00

      Ja, die Serie hat einfach wirklich starke Momente. Die Musik ist hier auch wirklich fantastisch, die Story zieht einen echt mit und die Charaktere sind gut geschrieben. Und es gibt ja eigentlich so gesehen sogar zwei Finale… eins zur Mitte der Serie und dann der große Knall am Ende.

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