Filmreise Etappe #30: Im Land der Freizügigkeit
Die Dreißig ist geknackt. Ich klopfe mir wohlwollend selbst auf die Schulter und schreite weiter voran. Mit der 30 erreiche ich dann auch die letzte Etappe in der Kategorie „Fantasiereise“. Ab nächster Woche geht es mit „Aktivurlaub“ weiter. Leider habe ich mir für den letzten Trip in eine Fantasy-Welt einen etwas merkwürdigen Film ausgesucht… nämlich „Feuer und Eis“ von Ralph Bakshi.
Willkommen im Land von Feuer und Eis (und nein, das hat nichts mit „Game of Thrones“ zu tun). Die böse Königin Juliana und ihr Sohn Nekron wollen eine neue Eiszeit über das Land herrschen lassen. Dafür schicken sie mittels dunkler Magie einen riesigen Gletscher über das friedliche Land. Mit dem Eis kommt auch ihre unheimliche Armee von Halbmenschen, die die verzweifelten Menschen abschlachten. Ein Überlebender dieser Massaker ist der junge Larn, der sich durch diese unwirtliche Welt kämpft. Dabei trifft er unter anderem auch auf Prinzessin Teegra. Sie ist die Tochter von König Jarl in seiner Feuerburg, der Bastion gegen das Eis. Teegra wurde von Julianas Schergen entführt, um zur Frau von Nekron zu werden. Gemeinsam müssen die Beiden nun versuchen, zu überleben und Frieden in das vom Krieg geplagte Land zu bringen.
Ralph Bakshi verwendet für seine Animationsfilme fast immer Rotoskopie. D.h., echte Schauspieler werden gefilmt und danach nachanimiert. Das erste Mal habe ich das bei seiner Version von „Der Herr der Ringe“ gesehen… ein interessanter Film, der uns schon lange vor Peter Jackson nach Mittelerde entführt hat. Für sein Fantasy-Abenteuer „Feuer und Eis“ schloss sich Bakshi mit einem der großen Fantasy-Zeichner seiner Zeit zusammen: Frank Frazetta… der Mann, ohne dessen muskelbepackten Conan-Bilder Arnold Schwarzenegger wohl nie der Barbar geworden wäre. Frazetta hat einen sehr „interessanten“ Stil, der sich dann auch sehr auf „Feuer und Eis“ auswirkt: Seine Frauenbilder sind alle mehr als nur freizügig. Seine Männerbilder sind muskelbepackte Übermenschen. Seine Bilder sind schon sehr klar definiert, sind auch teilweise echt toll anzuschauen, aber naja… der Fantasie lässt Frazetta da nicht mehr viel Spielraum.
So rennt seine Teegra (wie auch gefühlt alle anderen weiblichen Figuren, die er je gezeichnet hat) in einem Nichts von einem Bikini durch diesen Film, präsentiert uns in jeder Einstellung ihren üppigen Vorbau, ihren lasziven Hüftschwung oder ihren großen Hintern. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob ich angeturnt oder gelangweilt sein soll. „Feuer und Eis“ übertreibt es maßlos mit dieser Erotik-Schiene… und liefert ein ganz neues Maß an „damsel in distress“: Teegra wird ständig nur in Ketten gelegt, über Schultern geworfen, erniedrigt und gefangengenommen. Da kann sich dann jeder so selbst seinen Teil denken.
Larn ist Conan. Punkt. Damit würde ich auch mal sagen, dass ich „Feuer und Eis“ als die einzig gute Conan-Fortsetzung sehe. Dieser Film hat, abgesehen von seiner fragwürdigen Sexualisierung aller Personen, ein tolles und spannendes Fantasy-Setting. Die Welten, die Bakshi und Frazetta entwerfen, sind toll: versunkene Städte, alte, verlassene Tempel. Dschungellandschaften voller urzeitlicher Monster, frostige Eishöhlen, eine riesige Burg in einem Vulkan. Das ist tolles Fantasy und vor allem abwechslungsreiches Fantasy. Auch die Hintergründe sind farbgewaltig und atemberaubend. Rein visuell ist „Feuer und Eis“ einfach wirklich ein grandioses Spektakel.
Leider ist die Story etwas lahm. Es ist halt billiges Gut gegen Böse. Feuer gegen Eis. Man erfährt so gar nichts über Nekron. Er ist einfach nur da, um böse zu sein. Auch die Charaktere Larn und Teegra sind kaum ausgearbeitet… und irgendwann wird alles einfach nur wiederholt. Es geht letztendlich immer nur darum, Teegra zu retten und als Beiprodukt davon, wird dann der Kampf gegen das Eis eingeleitet. Ganz ehrlich, wenn man aus der Story ein bisschen mehr gemacht hätte, hätte „Feuer und Eis“ wirklich ein aufregendes Fantasy-Epos werden können. So bekommt man alle fünf Minuten Teegras Weiblichkeit auf die Nase gedrückt. Und trotzdem muss ich auch sagen, dass dank der Rotoskopie-Technik die Kampfeinlagen in diesem Film schon ziemlich beeindruckend aussehen.
Ich gestehe, dieser Film lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Er hätte wirklich großartig sein können, wenn man sich einfach mal eine vernünftige Story ausgedacht hätte. Mit ausgearbeiteten Charakteren.
Wertung: 5 von 10 Punkten (visuell beeindruckendes Fantasy-Spektakel mit langweiliger Story und viel zu viel Machismo-Sex-Appeal)
Trackbacks