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Psychotische Prom-Queen

2. März 2012

Wenn Stripper Drehbücher schreiben… dann könnte man nur allzu gerne zu Vorurteilen greifen. Worüber könnte eine Stripperin schon schreiben? Übers Strippen? Über Menschen, die sich in dunklen Bars nackte Frauen anschauen? Über sich selbst? Über sich selbst hat Diablo Cody dann tatsächlich auch geschrieben – nämlich ihre „Memoiren“. Unter dem Titel „Candy Girl: A Year in the Life of an Unlikely Stripper”. Mit 24 schon Memoiren schreiben, kommt sicherlich immer gut. Vor allem wenn man hauptsächlich darüber zu erzählen weiß, wie man sich als Stripper so fühlt. Aber ich will jetzt nichts verurteilen, ich habe das Buch nie gelesen. Interessiert mich jetzt so auch nicht wirklich. Interessant ist halt nur, dass Diablo Cody immer erst einmal auf ihr Stripper-Dasein reduziert wird. Nur um sie dann als Symbol für den amerikanischen Traum nach Ruhm und Ehre zu feiern. Schließlich reden wir hier von einer Frau, die sich für Geld ausgezogen hat, nur um dann später eine gefeierte und sogar Oscar-prämierte Drehbuchschreiberin zu werden. (Und nur Lästermäuler fragen jetzt nach einem Zusammenhang 😉 )

Den Oscar bekam sie für ihr Drehbuch für „Juno“… und interessanterweise ging es da weder ums Ausziehen noch um Stripper. Stattdessen ging’s um eine schwangere 16-Jährige. Macht ja auch nichts, war ein genialer Film. Nicht zuletzt dank Regisseur Jason Reitman, der alle richtige Entscheidungen traf, um aus „Juno“ einen tollen Film zu machen. Und wenn wir schon mal beim Thema Jason Reitman sind, sollte man vielleicht auch erwähnen, dass der Mann goldene Hände zu haben scheint. Drei Filme, drei Erfolge. Ob nun „Juno“ oder „Up in the Air“ oder „Thank You For Smoking“ – mit einem Reitman-Film kann man eigentlich nichts falsch machen. Hat sich wohl auch Ms. Cody gedacht und sich einmal mehr mit Reitman zusammen getan. Zu einem Film, der mich vom Trailer her, anfangs überhaupt nicht begeistern konnte.

Der Berlinale sei Dank, dass ich mir dann doch noch „Young Adult“ angeguckt habe. Darin spielt Charlize Theron die Jugendbuch-Ghostwriterin (!!!) Mavis Gary. Ihr Leben läuft nicht so wie geplant – sie lebt allein und ihr Job erfüllt sich auch nicht wirklich. Als sie dann auch noch von ihrem Highschool-Ex-Freund Buddy (Patrick Wilson) eine E-Mail bekommt, in dem dieser die Geburt seiner Tochter bejubelt, geht irgendwas in Mavis kaputt. Die einstige Prom-Queen glaubt, dass Buddy unglücklich ist und nur sie ihm helfen kann. Was wird also gemacht? Mavis packt ihre Koffer, reist in ihre Heimatstadt, um Buddy zurückzuerobern. Trotz Ehefrau und Kind!

Wie gesagt, nach ersten Sichtungen des Trailers wollte ich mit diesem Film eigentlich nichts zu tun haben: Charlize Theron als Junggebliebene, die auf Teenager macht. In Pink und mit passender Trethupe. Sah mir auf den ersten Blick irgendwie nach „Natürlich blond“ nur ohne Jurastudium. Aber „Young Adult“ so vorzuverurteilen, wäre ein fataler Fehler. Man muss sich einfach folgendes bewusst machen: Wen mir bis jetzt Jason Reitman-Filme gefallen haben, dann wird das auch mit „Young Adult“ so sein. Und so ist es dann auch.

„Young Adult“ ist, genauer betrachtet, ein ziemlich krasser Film. Über eine ziemlich zerbrochene Persönlichkeit. Man muss sich nur mal vor Augen führen, dass Mavis einfach so komplett überschnappt und versucht, eine Familie auseinander zu bringen. Nur für ihr eigenes Glück. Mavis ist eine Psychobraut ohne es selbst zu wissen. Das macht die Figur, die Theron mit absoluter Hingabe spielt, umso tragischer. Die Teenie-Bücher, die sie schreibt, werden zu ihrer eigenen Geschichte und eigentlich können wir nur mit dem Kopf schütteln. Eine erwachsene Frau, die sich aufführt wie ein Kind und sich dessen selber gar nicht bewusst wird. Von allen Figuren, die Reitman schon auf die Leinwand gebracht hat, ist Mavis Gary die, die am meisten unser Mitleid bekommt. Theron geht wunderbar in dieser Rolle auf und bringt die innere Zerrissenheit und Verzweiflung von Mavis Gary echt gut.

Theron haut ja eh schon alle weg, die da neben ihr stehen. Aber selbst die, die neben ihr stehen, sind hervorragend ausgewählt. Da wäre zum einen Patrick Wilson als Buddy, der mit einer aufgetonnerten und aufdringlichen Mavis so gar nichts anfangen kann. Zum anderen hätten wir da noch den großartigen Patton Oswalt (besser bekannt als Spence aus „King of Queens“), der die ignorierte Stimme der Vernunft spielt.

„Young Adult“ – das ist die tragisch-komische Studie über eine Frau, die sich unfreiwillig zum Affen macht. Aber wie zum Glück bei allen Jason Reitman-Filmen lernen wir auch noch was daraus. Was, das müsst ihr selbst herausfinden!!! Der Film ist es auf jeden Fall wert.

Wertung: 9 von 10 Punkten (Psycho-Bitch mit Charme)

11 Kommentare leave one →
  1. Owley permalink
    2. März 2012 08:16

    Die Spuren von Juno zeigen sich offensichtlich in der Erzählweise, und wie Reitman mit seinen Figuren umgeht. Und trotzdem ist er (zum Glück) total anders, und allgemein etwa gleich gut, wie etwa Juno. Finde ich ja.

    • donpozuelo permalink*
      2. März 2012 08:31

      Finde ich auch. Mit Charlize Theron hat Reitman eine gute Wahl getroffen. Und davon hängt gerade in diesem Film ja viel ab.

      • Owley permalink
        2. März 2012 23:52

        Ich habe übrigens noch keinen Film mit der Charlize gesehen. So nebenbei.

        • donpozuelo permalink*
          3. März 2012 12:41

          Echt nicht??? Aber gut, bis jetzt habe ich sie eigentlich auch nicht bewusst in „Aeon Flux“, „Monster“ und „The Road“ wahrgenommen 😉

  2. 2. März 2012 12:45

    Generell hat er beim Casting das richtige Händchen bewiesen. Vor allem Patton Oswalt hat mich überrascht, weil ich ihn eben nur aus KoQ kenne und so eine Rolle nicht zugetraut hätte.

    • donpozuelo permalink*
      2. März 2012 13:08

      Stimmt. Oswalt war echt gut. Hat mich auch überrascht. Da kann man nur hoffen, dass man auch mal öfter was von ihm sieht.

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