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Continue? 10, 9, 8…

22. Oktober 2010

Man hat uns schon so viel versprochen. Man hat uns schmackhafte Trailer aufgetischt, coole Websites erstellt und tausend andere „Scharf-Macher“, um uns für irgendeinen Film ins Kino zu locken. Und zu oft wurden wir enttäuscht – zu oft habe ich mir gesagt: „Ich schaue nie wieder einen Trailer, die versprechen eh immer zu viel.“ Aber dann kommt da dieser Film – ein Film, den ich fast nicht mehr hätte sehen können, weil ich Überstunden schieben musste. Doch ein Beinahe-Unfall mit dem Auto, ein schweißtreibenden Lauf später und ich hatte es doch noch ins Kino geschafft. Zwar ohne die Werbung und die Trailer-Vorschau, aber immerhin…

Tja… und dann geht der Film los und man weiß schon von Anfang an, dass dieser Film seine Versprechen tatsächlich halten könnte: Das Universal-Logo taucht in verpixelter Qualität auf, dazu die klassische Universal-Musik im „uralten“ Midi-Format aus einer schon längst vergangenen Zeit. Und dann taucht da eine dünner Michael Cera auf und erzählt uns die Geschichte von „Scott Pilgrim vs. The World“.

Ich muss gestehen, ich war von Minute Eins an vollkommen gebannt – was an so vielen Faktoren liegt, dass ich noch Ewigkeiten weiterschreiben müsste. Regisseur Edgar Wright hat eindeutig alles mit eingebracht, was er durch „Shaun of the Dead“ und „Hot Fuzz“ gelernt hat. Von Anfang an beschreibt er mit „Scott Pilgrim“ ein unheimliches Tempo – allein die erste Viertelstunde ist so schnell geschnitten, mit so vielen Ortswechseln, dass einem fast schon schwindelig werden kann. Was hier als negativ interpretiert werden könnte, ist aber keineswegs so gemeint: Es passt vielmehr alles perfekt zusammen, um dieses absolut schrille Filmerlebnis zu beschreiben.

Den Comic zu „Scott Pilgrim“ kenne ich nicht, von daher weiß ich nicht, wie viel dort erklärt wird, aber im Film bedarf es keiner großen Erklärungen: Scott Pilgrim (Michael Cera) spielt in einer Band, verliebt sich in Ramona (Mary Elizabeth Winstead) und kämpft urplötzlich gegen ihre sieben Ex-en. Obwohl das Ganze ja gar nicht so urplötzlich passiert, schließlich wurde Scott ja eigentlich per Mail vorgewarnt. Warum Scott plötzlich selber so super fighten kann, wird nicht erklärt, stört aber auch nicht. Es passiert einfach. Man muss nichts weiter wissen, nichts weiter machen: Einfach zuschauen und genießen.

Wie gesagt, man hat uns ja schon einiges bei anderen Filmen versprochen, aber „Scott Pilgrim vs. The World“ ist genau das, was er verspricht: Comic, Video-Spiel, Komödie, Musik-Film, Action, Fantasy und Kino-Irrsinn pur. Was mich aber tatsächlich am meisten fasziniert hat, ist die Leichtigkeit mit der Wright das alles in einen einzigen Film packt. Ich hatte anfangs noch Zweifel, wie das wohl alles mit den sieben „Bösewichten“ so ablaufen würde. Aber die ehemaligen Liebhaber sind alle so unterschiedliche Charaktere – vom veganen Superman über die DJ-Zwillinge bis hin zur „Kampf-Lesbe“ oder merkwürdigen Schauspielern. Mit jedem neuen Ex muss sich Scott neuen Herausforderungen stellen, die er auf ganz eigene Weise zu lösen weiß (wobei mir sein Trick gegen den gedankenlesenden Veganer noch mit am besten gefallen hat). In diesen Fights erkennt man Klassiker wie „Tekken“ oder „Street Fighter“ oder was auch immer sofort wieder.

All die Filmen wie „Crank“, die eine Atmosphäre wie in einem Spiel erschaffen wollten, wirken neben „Scott Pilgrim vs. The World“ nur noch wie schlappe und verzweifelte Versuche. Edgar Wright macht mit seinem Scott Pilgrim alles nach Maß: auf der Rettung der Schönen gibt es zahlreiche Gegner zu besiegen. Ein steiniger, harter Weg, der zum Endgegner führt. Dabei werden Punkte gesammelt, Zusatzleben erreicht und Power-Ups ausgerüstet (nur soviel: „The Power of Love“ ist ein feuriges Katana – was aber noch lange nicht die mächtigste Waffe ist).

Es macht vieles in „Scott Pilgrim vs. The World“ nicht wirklich Sinn, aber das ist das Geniale an dem Film. Man stellt einfach keine Fragen, sondern genießt dieses durchgeknallte Etwas von einem Film, der bunter, schriller, spannender und komischer nicht sein könnte. Die Story ist charmant schrullig umgesetzt, die Kämpfe gegen die Ex-en werden einfach nicht eintönig (fast wünschte man sich, es wäre mehr verschmähte Liebhaber), der Soundtrack einfach nur göttlich und Michael Cera spielt hier die Rolle seines Lebens. Sein Scott Pilgrim ist manchmal so herrlich nerdig und verplant, da muss man ihn einfach lieb haben. 😉 Er will doch auch nur mit seiner Band rocken und das Mädchen abbekommen – ein Gefühl, das man doch irgendwie nach empfinden kann, oder???

Edgar Wright schafft hier wirklich einen der kultigsten Streifen überhaupt. Klar, muss man sich darauf einlassen und der Film wird sicherlich nicht unbedingt jeden Geschmack treffen, aber wer’s auch gerne mal etwas abgedrehter mag, der wird diesen Film lieben.

Und so hofft man am Ende, wenn es heißt „Continue?“ und der Countdown langsam runtergezählt wird, dass die Leinwand nicht schwarz wird, sondern das dieser verflucht geile Film einfach noch einmal von vorne anfängt.

Wertung: 9,5 von 10 Punkten (einfach nur geiler Scheiß – einfach unbeschreiblich, weswegen ich mich jetzt schon mal entschudige, falls ich dem Film nicht gerecht geworden bin. Kultig ohne Ende! Continue? YES, please!!!!)

42 Kommentare leave one →
  1. graval permalink
    22. Oktober 2010 10:16

    Cool, ich hab nur die Einleitung und die Punktezahl durchgelesen, um nicht zu spoilern. Aber ich freu mich wie irre, auch wenn er bei uns erst im November startet. :/

    • donpozuelo permalink*
      22. Oktober 2010 10:34

      Ich habe eigentlich nicht wirklich was gespoilert. Kannst also auch den ganzen Bericht lesen 😉

      Aber ja, auf diesen Film darf man sich echt freuen. Zumal du ja auch die Comics kennst, oder???

      • graval permalink
        22. Oktober 2010 12:37

        Na gut, ich vertraue deinem Wort 😉 Und Comics? Was für Comics? 😛

  2. Dr. Borstel permalink
    22. Oktober 2010 11:57

    Aaaaaah, klingt ja bestens. 😉

    • donpozuelo permalink*
      22. Oktober 2010 12:00

      Klingt nicht nur so, ist auch so 🙂

  3. graval permalink
    22. Oktober 2010 12:39

    DJ-Zwillinge? Da haben sie doch einige Fights abgeändert. Auch der mit Todd scheitn anders als im Comic zu sein. :/ Mal sehen, wie sie es gemacht haben. 🙂

    • donpozuelo permalink*
      22. Oktober 2010 14:59

      Todd war köstlich!!! Der Veganer vom Vegan College mit der Vegan Police… herrlich 😉

      • graval permalink
        24. Oktober 2010 22:09

        Du steigerst meine Vorfreude gerade ins Unermessliche. 🙂

  4. 22. Oktober 2010 13:35

    OHHHHHHH!!!!

  5. 22. Oktober 2010 18:10

    Jaaa, ich will auch – morgen dann, aber bestimmt!
    Ich finde es sehr beruhigend, dass bislang kein Filmliebhaber meines Vertrauens ein schlechtes Wort über diesen Film verloren hat.

  6. donpozuelo permalink*
    23. Oktober 2010 15:09

    da bin ich ja geehrt, dass ich zu den filmliebhabern deines vertrauens gehöre. Aber es stimmt schon, diesen film muss man gesehen haben. Also los…

  7. 23. Oktober 2010 20:56

    Sehen will. Aber ich werde mir wohl ein Kino suchen, in dem er auf Englisch läuft, da ich mir dieses Werk Gottes nicht auf Deutsch ansehen will. 😉

    P.S. Im Comic wird auch nicht geklärt, warum Scott kämpfen kann. Da heißt es einfach: „Wusste er nicht, dass Scott der beste Kämpfer der Stadt ist?“ 😀

    Die Comics kann ich nur empfehlen. Pure Awesomness und da der Film ja leicht abgeändert zu sein scheint, kannst du noch einige neue Dinge erleben.

    • donpozuelo permalink*
      24. Oktober 2010 11:46

      ich habe den film auch im original geguckt. Wenn man dazu die möglichkeit hat, ist das einfach pflicht.

      Auf die comics bin ich jetzt auch schon ein wenig scharf. 😉 mal sehen, was amazon.de dazu zu sagen hat.

  8. donpozuelo permalink*
    24. Oktober 2010 14:20

    ja, ist ja fast immer so, nicht wahr. Wie viele bänder sind das denn bei scott?

    • graval permalink
      24. Oktober 2010 22:10

      6 Bände, auf deutsch (wo sie zumindest optisch besser und sprachlich im Vergleich mit anderen Übersetzungen ziemlich gut sind) gibt es erst 3.

      • donpozuelo permalink*
        25. Oktober 2010 07:11

        Da bin ich ja beruhigt. 6 Bände. Klingt ja dann wenigstens nicht nach einer Endlos-Serie. 😉

      • graval permalink
        25. Oktober 2010 18:09

        Jep, vielleicht noch ein Buch mit Skizzen und Notizen, aber ansonsten wirds keine Sequels o.ä. geben. 🙂

        • donpozuelo permalink*
          25. Oktober 2010 20:56

          das klingt hervorragend. und ist ja auch bald weihnachten 😉

      • graval permalink
        25. Oktober 2010 21:14

        Ich weiss nicht, wie sehr du meinen Blog verfolgst, jedenfalls habe ich kürzlich darüber gebloggt, dass bald ein Boxset mit allen Bänden erscheint. Guckstu: http://plopper.wordpress.com/2010/10/22/scott-pilgrim-boxset/ 🙂 Pünktlich zu Weihnachten! 😉

        • donpozuelo permalink*
          25. Oktober 2010 22:07

          na klar habe ich das schon gelesen, das hat mir das ganze ja erst schmackhaft gemacht. box sets sind mir da immer lieber als die bänder einzeln zu kaufen 😉

  9. luzifel permalink
    24. Oktober 2010 22:05

    Hab den Film gerade im Kino gesehen.. Geile Scheiße! ^^War sehr begeistert von den Old-School-Computerspielandeutungen (MIDI-Musik im Vorspann!). Ich glaub im O-Ton ist der Film noch witziger und ich werde mal versuchen die Comics in die Pfoten zu kriegen..

    Was ich besonders schätze an Filmen wie diesem ist der offensive Verzicht jeden Scheiß zu rechtfertigen bzw zu erklären – tut ja auch nicht Not um einen geilen Film zu produzieren der ordentlich knallt im Kopf und einen mitreißt..

    Von mir gibt es daher 9 von 10..

    Grüße, Luzifel..

    • donpozuelo permalink*
      25. Oktober 2010 07:09

      Hab ich’s mir doch gedacht, dass dir dieser Film auch gefallen wird. Ist ja auch saukomisch…

      So muss das aussehen, wenn man sagt, man würde Comic und Spiel in einem Film bringen. „Scott Pilgrim“ ist jetzt so eine Art „Matrix“: Er hat’s vorgemacht, wie es funktioniert. Wer weiß, wie viele schlechte Kopien es jetzt davon geben wird.

      • luzifel permalink
        25. Oktober 2010 07:32

        Oh Gott.. Du malst eine dunkle Zukunft 😉

        • donpozuelo permalink*
          25. Oktober 2010 07:38

          Was heißt denn hier dunkle Zukunft? Wenn wir etwas aus der Geschichte des Films gelernt haben, mein junger Freund, wissen wir, dass so glorreiche Filme wie „Scott Pilgrim“ zweifelhafte Erben haben. Die versuchen viel und erreichen ihn dann doch nicht.

  10. 27. Oktober 2010 21:14

    Habe extra gewartet, bis ich den Film gesehen und meine Kritik geschrieben habe. Ich sehe gerade, dass ich die genialen Cuts vergessen habe zu erwähnen! Ich habe den Film mangels Alternativen auf Deutsch geguckt und fand ihn nicht so witzig, wie ich mir das nach den Trailern vorgestellt habe. Dafür sind die Kämpfe einfach nur irrwitzig EPIC!

    • donpozuelo permalink*
      28. Oktober 2010 06:32

      Tja, das liebe Problem mit der Übersetzung – da gehen einfach zu viele Sachen verloren. Was wirklich schade ist… gerade bei solchen Filmen sollten sie mehr OmU anbieten. Da bin ich echt froh, dass wir hier in Berlin das Cinestar Original haben.

      Aber die DVD ist ja nicht mehr weit 😉

  11. graval permalink
    21. November 2010 13:08

    Hab ihn jetzt auch gesehen. Und unterschreibe dein Review voll und ganz. Herrlich abgedreht. 🙂

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