Zum Inhalt springen

The Empty Man Made Me Do It

26. April 2021

Manchmal stößt man eher zufällig über einen Film und je mehr man über diesen Film lernt, desto erstaunter wird man, dass man überhaupt auf diesen Film gestoßen ist. Kryptisch genug? Vielleicht, aber es passt zu dem heutigen Film… der es dafür aber mehr denn je verdient hat, dass er nach seiner langen Tortur von möglichst vielen Leuten gesehen wird. David Prior, Regisseur und Autor, ist nämlich mit seinem Debüt-Film etwas wirklich faszinierendes gelungen: Sein „THE EMPTY MAN“ ist nicht nur ein fesselnder Horror-Film, sondern auch ein Film, der es sich hart erkämpfen musste, überhaupt veröffentlicht zu werden. Der gehört nämlich zu den letzten Überlebenden des Disney-Fox-Deals, wäre beinahe irgendwo in irgendeinem Keller untergegangen, kam bei Test-Screenings nie wirklich gut an, sollte daraufhin übelst zerstückelt werden, bevor man Prior dann doch erlaubte, seinen über zwei Stunden (!!!) langen Horror-Film so zu veröffentlichen, wie er es für richtig hielt. Was für diesen fantastischen Film auch wirklich gut ist… hätte man da irgendwas gekürzt, wäre das Ding wirklich zur Katastrophe geworden. So habe ich aber endlich mal wieder einen Film gesehen, bei dem ich Gänsehaut am ganzen Körper hatte… und dabei war ich auch erst eher skeptisch, was den Film anging.

In den ersten zwanzig Minuten begleiten wir vier Freunde auf ihrer Reise durch Bhutan, wo sie in einer Höhle auf ein unheimliches, riesiges, monsterhaftes Skelett stoßen. Einer aus der Gruppe, Paul (Aaron Poole) scheint irgendwie von diesem Ding besessen zu sein. Wenig später fühlt sich auch seine Freundin von etwas verfolgt… was schon für sich wie ein einzelner Film wirkt, ist aber nur der Auftakt für etwas Größeres. 13 Jahre später lernen wir den ehemaligen Cop James (James Badge Dale) kennen, der nach einem vermissten Mädchen sucht. Dabei stößt er auf eine Legende, die gerade bei Teenagern die Runde macht, in der es um den „Empty Man“ geht… mehrere junge Menschen sterben unmittelbar danach, offensichtlich durch Selbstmord (und mit der in Blut geschriebenen Botschaft: „The Empty Man made me do it“). Je mehr James nachforscht, desto mehr stößt er auf Ungereimtheiten – und dann auf eine merkwürdige Sekte.

Allein bei dem Titel „The Empty Man“ habe ich schon irgendwie so einen Mist wie „The Slender Man“ oder ähnliches erwarten. Einfach wieder ein Film über irgendein unheimliches Wesen, das Teenager abschlachtet. Halt eine Art Freddy Krueger der Neuzeit. Aber „The Empty Man“ ist tatsächlich so viel mehr… und das auch vielleicht gleich als Warnung: Es ist sicherlich kein Film, der unbedingt jedem zusagt. Denn das Ganze ist bei seiner Laufzeit von zwei Stunden ein ziemlicher slow burner, wie man so schön sagt. Aber dabei einfach ein soooo verdammt effektiver.

Fangen wir mal damit an, dass allein die ersten zwanzig Minuten ein eigenständiger Film sind… schon die Story in Bhutan ist spannend und auch unheimlich inszeniert. Alles in dieser Höhle mit dem Skelett hat so ein bisschen „Alien“-Vibes: Etwas Unentdecktes sorgt für wohlige Gruselschauer. Doch diesen Anfang kann man noch gar nicht so richtig einordnen… man merkt hier nur, dass David Prior tatsächlich ein gutes Gespür für Timing hat und uns dazu noch fantastische Bilder abliefert, die einen wirklich in ihren Bann ziehen können.

Dann beginnt der Hauptfilm… der erstmal wie eine klassische Detektiv-Geschichte anfängt. Heruntergekommener Ex-Cop, der mit seinen eigenen Dämonen kämpft (von denen wir auch erst im Verlauf des Films mehr erfahren), sucht nach einer Vermissten. Diese Suche macht dann den Charme des Films aus. Hier beginnt Prior nämlich seinen wunderbaren Genre-Mix aus Thriller, Drama und Horror-Film. Der Titelgebende Empty Man ist dabei selbst wie eine Art Geist, der im Hintergrund lauert. Wir sehen ihn anfangs nur kurz aus der Perspektive der Teenager. Interessant wird er erst, wenn James beginnt, die Präsenz des Empty Man zu spüren. Wie bei jedem Horror-Film funktioniert das erstmal über den Sound. Es reicht ja oft ein Geräusch aus, um etwas gruselig zu machen. „The Grudge“ hatte dieses eklige, langgezogene „Aaaaahh“, „Hereditary“ dieses Schnalzen… ich kann euch sagen, auch „The Empty Man“ hat so etwas in der Art, wo ihr beim Hören schon einen Angstschauer bekommt.

David Prior setzt dieses Empy Man Charakter unglaublich effektiv ein. Es sind Geräusche, es sind Schatten, schemenhafte Silhouetten… und dann Bamm… taucht er auf einmal doch mal auf. Allein das ist schon so unglaublich spannend. Die spärlich eingesetzten Jump Scares, die Prior verwendet, sind so unglaublich fies und so gut. Wirklich der Stoff, aus dem Alpträume entstehen.

Dazu kommt James‘ Ermittlung und der Ausbau der Story durch diese Sekte, die offensichtlich irgendwie in Verbindung mit dem Empty Man steht. Der Film gibt uns nicht nur einfach dieses Monster, sondern baut darum eine spannende Mythologie auf, die wir im Verlauf des Films gemeinsam mit James aufschlüsseln. Hier zeigt sich „The Empty Man“ als fesselnder Thriller und auch als Charakter-Drama. Gerade James Badge Dale ist einfach so gut in der Rolle des Ermittlers, der langsam, aber sicher droht, an diesem Fall kaputt zu gehen.

Das alles verknüpft Prior einfach zu einem packenden Film, der gerade in den ersten zwei Dritteln vor Spannung nur zu bersten droht. Das Finale und die Erklärung hinter all dem verlangt dann vom Zuschauer ein bisschen Offenheit für verrückte Ideen. Aber gerade weil der Film das alles aufgebaut hat, wirkt selbst das nicht zu albern. Vielmehr lädt „The Empty Man“ mit seinem Ende dazu ein, den Film noch einmal zu schauen… und viel darüber zu reden, was nun wirklich passiert ist.

„The Empty Man“ ist – wie gesagt – sicherlich nicht unbedingt für jeden was. Aber wer slow burner mag, die eine wirklich starke Charakter-Entwicklung aufweisen und dazu noch eine wirklich spannend durchdachte Geschichte erzählen, sollte diesen Film definitiv nicht verpassen.

Wertung: 9 von 10 Punkten (herrlich gruseliger Mindfuck, der das Potenzial hat, Kult zu werden)

12 Kommentare leave one →
  1. 26. April 2021 07:09

    Oh, das klingt spannend! Werde ich mir mal vormerken.

    • donpozuelo permalink*
      26. April 2021 17:15

      Jupp. Der ist wirklich sehr gut. Der fliegt echt unterm Radar, was der Film absolut nicht verdient hat.

    • donpozuelo permalink*
      26. April 2021 17:16

      Aber der Trailer dazu wirft auch ein falsches Bild vom Film ab. Nicht den Trailer gucken 😁

  2. 7. Mai 2021 19:52

    Hui, jetzt bin ich aber neugierig geworden. Der wurde mir witzigerweise neulich bei Amazon auch empfohlen und prominent platziert beworben (haben die deinen Beitrag gelesen?), aber den Trailer fand ich gar nicht so toll. Nur dieses Skelett ist hängen geblieben. Wird jetzt aber mal vorgemerkt.

    • donpozuelo permalink*
      8. Mai 2021 08:55

      🤣🤣🤣 witzig. Wahrscheinlich versucht Amazon einfach, den ein wenig zu pushen, weil er wirklich so unter dem Radar läuft.

      Ich bin gespannt, ob er dir gefällt. Hab jetzt auch schon von Leuten gehört, die ihn wirklich nicht mochten. Das ist so ein Film, den mag man oder eben nicht. Aber ich finde, da steckt echt sehr viel drin.

      • 8. Mai 2021 08:56

        Ich habe den auf meine Liste für den Horrorctober gesetzt, also spätestens dann sollte er dran sein, wenn ich es bis dahin vergessen habe 🙂 Neugierig bin ich jetzt schon. So polarisierende „man liebt es oder man hasst es“ sind doch meist interessanter als solche Mitteldinger oder audience pleaser

        • donpozuelo permalink*
          8. Mai 2021 09:23

          Absolut richtig. Zumal der Film dazu auch noch eine echt interessante Produktionsgeschichte hat, wo Dreharbeiten wegen Wetter unterbrochen werden mussten, Produzenten abgesprungen sind, der Disney Deal kam und was nicht noch alles

Trackbacks

  1. 2021 | Going To The Movies
  2. Gefangen in Video-Tapes | Going To The Movies
  3. Geschichten aus dem Horror-Nähkästchen | Going To The Movies

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..