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Der Spielzeugmacher, der zur Legende wurde

23. Dezember 2019

Es hat fast den Anschein, als hätten sich bei Netflix endlich mal ein paar Leute zusammengesetzt und gesagt, wir müssen mal was gegen die fiesen Netflix-Original-Filme machen. Denn bislang war (zumindest für mein Verständnis) die Regel: Netflix-Serien sind hui, Netflix-Filme sind pfui. Zu oft wurde man da mit großen Namen gelockt und dann war doch nichts dahinter (ich gucke immer noch enttäuscht und wütend in deine Richtung, Bright). Doch seit diesem Jahr hat sich das etwas gefangen. „The Irishman“ wird hart gefeiert (zwar nicht von mir, aber von vielen anderen), „Marriage Story“ wird auch in den höchsten Tönen gelobt (hier dann auch von mir) und jetzt habe ich das nächste Original entdeckt (auch dank der tollen Kritik von Christian drüben beim audiovisuellblog), das wirklich was drauf hat: der feine Weihnachtsanimationsfilm „Klaus“.

Postbote Jesper (Jason Schwartzman) hat keine Ehre für den Beruf des Postlieferanten. Er lässt es sich lieber gut gehen… bis sein Vater dem Ganzen einen Riegel vorschiebt. Verbannt in eine kleine Stadt im hohen Norden, soll Jesper sich nun beweisen und in einem Jahr 6000 Briefe ausliefern. Blöd nur, dass die Bewohner der kleinen Stadt Smeerensburg in einem Generationen andauernden Konflikt stecken, in dem sich die Anwohner gegenseitig bekriegen. Für Post besteht da kein Interesse. Doch Jesper entdeckt den einsamen Spielzeugmacher Klaus (J.K. Simmons) und vor allem die Tatsache, dass die Kinder von Smeerensburg Spielsachen mögen. So beginnt Jesper die Kinder dazu zu bewegen, Briefe an Klaus zu schicken – mit ihren Wünschen. Schon bald hat der Postbote alle Hände voll zu tun, vor allem auch, weil die Obrigkeit von Smeerensburg den neuen Frohsinn in der Gemeinde (durch die Kinder) nicht leiden kann.

Als mir Netflix das erste Mal „Klaus“ vorschlug, hielt ich da gar nichts von. Die kotzen rund um Weihnachten einfach immer so viel Mist raus… und wenn ich ehrlich sein soll, hielt ich „Klaus“ für ein billig produziertes Weihnachtsfilmchen, damit der Streaming-Anbieter auch für die kleinen Zuschauer was hatte. Doch dann hörte ich von vielen Leuten auf einmal, der Film wäre richtig gut… und je mehr positive Stimmen reinkamen, desto neugieriger wurde ich. Und ja, was kann ich noch anderes machen, als mich diesen Stimmen anschließen?

„Klaus“ ist unglaublich schön (auch optisch: der Zeichenstil ist klassisch-schlicht, aber perfekt). Die Geschichte ist einfach sehr rührend. Ich finde gerade deshalb, weil es zwei „Heldengeschichten“ verbindet: Wir haben die offensichtliche Story rund um Jesper, der gegen seine Schwierigkeiten ankämpfen muss und seine Hindernisse zu überwinden hat. Und dann haben wir die Handlung rund um Klaus, dessen Hintergrund etwas ominöser und magischer gestaltet wird. Wie der Spanier Sergio Pablos das dann gekonnt zusammenfügt, ist einfach nur toll. Beide Charaktere kommen schön zur Geltung, funktionieren allein, aber eben auch im Team. Gerade im Team, weil sie da – wie in einer perfekten Buddy-Comedy – so schöne Gegensätze bilden. Klaus ist der grummelige, stumme Geheimnisvolle und Jesper der Aufgedrehte, von dem wir als Zuschauer zumindest ganz genau wissen, dass er eine Agenda verfolgt: nämlich so schnell wie möglich wieder aus dieser Stadt zu verschwinden.

Die beiden Hauptcharaktere sind wundervoll, aber auch der Rest ist toll geschrieben. Egal, wenn man in diesem Städtchen findet, er hat seinen Charme, seine Ecken und Kanten. Es macht Spaß, durch diesen skurrilen Ort zu wandern, zu sehen, was die für eine merkwürdige Geschichte haben. In „Klaus“ gibt es so viel zu entdecken, so viel Geschichte, ohne dass es einen überfordert oder man sich am Ende noch mit offenen Fragen beschäftigen muss.

Dazu kommt, dass dieser Film einfach die perfekte Weihnachtsmann-Origin-Story ist. Schöner hätte man das alles nicht machen können. Wie kam der Weihnachtsmann zu seinem Outfit (nicht durch Coca Cola – zumindest hier nicht)? Woher stammen die „Elfen“, die dem Weihnachtsmann helfen? Warum sind es ausgerechnet Rentiere, die den Schlitten ziehen? Wie kam es eigentlich dazu, dass der Weihnachtsmann Kinder in „gut“ und „böse“ einstuft? All das verpackt „Klaus“ sehr clever und charmant zu einer wirklich rührenden und wunderschönen Geschichte.

Wertung: 9 von 10 Punkten (dieser Film ist für mich jetzt schon ein „instant classic“, der ab sofort zum Weihnachtspflichtprogramm gehört!!!!)

6 Kommentare leave one →
  1. 23. Dezember 2019 15:15

    Na das freut mich doch sehr zu lesen, dass du ebenso begeistert bist wie ich 🙂
    BTW: Ich glaube, das mit Coca-Cola ist nur eine urbane Legende. Soweit ich weiß, wurde der Weihnachtsmann schon Anfang des letzten Jahrhunderts von irgendeinem deutschen Illustator in rot gezeichnet 😉

    • donpozuelo permalink*
      23. Dezember 2019 15:19

      Echt? Ich dachte, der wäre vorher immer so in Blau Weiß gewesen… naja, egal. 😅

      Aber ja, der Film ist wirklich sehr toll.

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