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Grüne Hölle

22. Dezember 2010

Eigentlich war Mel Gibson ja mal richtig cool. Eigentlich mochte ich ihn total gerne. Immerhin war er „Mad Max“ und der war drei Filme lang eine ziemliche coole Sau. Und dann waren da ja auch noch die „Lethal Weapon“-Filme, die auch wirklich hervorragendes Action-Kino waren. Da war Mel Gibson auch richtig cool – war ja schon fast eine Action-Ikone neben Bruce Willis und Co. Als er dann anfing, selber Filme zu machen, war ich anfangs eher skeptisch. Doch zu „Braveheart“ (auch wenn das jetzt nicht sein erster Film war) muss man eigentlich nicht viel sagen: die Auszeichnungen sprechen für sich (ich fand sie verdient).

Doch dann, auweia… dann muss dem guten Mel das Ganze irgendwie zum Kopf gestiegen sein. Es kam „Die Passion Christi“ – ein Film, den ich absolut abscheulich fand. Und mit mir zahlreiche andere Menschen (was trotzdem niemanden davon abgehalten hat, diesen Film zu gucken – nur mal so nebenbei bemerkt). Damals habe ich mich gefragt, wie tief man nach so einem Jesus-Folterfilm noch sinken kann. Sehr tief sogar… zumindest privat: Mel wurde zum Säufer, Schläger und Rassisten. Verabscheuungswürdig, und dabei war er mal so cool. Doch bevor Mel Gibson in seinem tiefen Teufelsloch verschwand, schuf er einen weiteren Film. Einen Film, den ich mir eigentlich erst gar nicht anschauen wollte, mich dann aber irgendwann doch im Kino wiederfand… und zu meinem Erstaunen feststellen musste, dass mir der Film eigentlich ganz gut gefiel.

Es geht hier natürlich um Gibsons Ausflug in die Welt der Maya: In „Apocalypto“ treffen wir auf ein kleinen Stamm mitten im Dschungel. Der junge Krieger Pranke des Jaguars (Rudy Youngblood) lebt mit seinem Stamm und seiner kleinen Familie glücklich und zufrieden. Bis zu dem Zeitpunkt als die bösen Maya-Sklavenjäger auftauchen, Prankes Stamm vernichten und fast alle gefangen nehmen. Prankes hochschwangere Frau kann von ihrem Mann rechtzeitig versteckt werden, aber Pranke des Jaguars wird ein Gefangener der Mayas, die ihn nur zu gerne als Opfer darbieten wollen, um die lange Dürre zu beenden. Aber irgendwie stehen die Götter auf Prankes Seite und ihm gelingt die Flucht. Gejagt von den Maya-Scherken versucht er zu überleben und nebenbei auch noch zu seiner Frau zurück zu kehren.

Eins mal gleich vorweg: Das einzige, was „Apocalypto“ mit „Die Passion Christi“ gemeinsam hat, ist die Vertonung. Hier wird in der alten Maya-Sprache gesprochen und wir lesen die Untertitel. Gibsons Beitrag zu angeblichen Authentizität. Angeblich deswegen, weil es schnell nach der Premiere Kritik gab, dass das, was die da reden, oft gar keinen Sinn macht. Aber egal, was durch die Untertitel und die Bilder rüberkommt, reicht aus. „Apocalypto“ ist wirklich ein großartiger, spannender Film vor einer atemberaubenden Kulisse. Gibson gelingt es, seine Geschichte in dieser grünen Hölle wunderbar zu erzählen. Es geht gleich von Anfang ziemlich gewalttätig zu und auch Prankes Sklavenmarsch ist wahrlich kein Zuckerschlecken, aber von der Bildsprache beweist, Gibson fachmännisches Können. Die alte Maya-Stadt, das Dorf im Dschungel, die Jagd durch den Dschungel sind erstklassig inszeniert – Gibson lässt dem Zuschauer kaum einen Moment zum Durchatmen und jagt wie eine wilde Furie durch den Dschungel bis zu einem äußerst ironischen Ende.

Natürlich darf man bei „Apocalypto“ nicht zu sehr auf originelle Story-Einfälle warten. Es ist ein gekonnter Flucht- und Rachefilm mit historischem Setting, aber die Geschichte nimmt Gibson nicht ganz so ernst: Vielmehr bedient er sich der üblichen Klischees über den Untergang der Maya. Wir bekommen die krassesten Blutopfer, wir hören die übliche Prophezeiung über den Zorn der Götter, nur um anschließend die schon so oft gesehene Sonnenfinsternis zu bewundern. Dazu werden die Mayas zu einem absolut abergläubischen Tyrannenvolk reduziert, die nur noch ans Töten denken. Für jeden Historiker ist dieser Film sicher ein Graus, aber wenn man den kleinen Historiker in seinem Kopf ausschalten kann, dann funktioniert dieses Schwarz-Weiß-Zeichnen ausgezeichnet und sehr zum Vorteil von Gibsons Geschichte.

„Apocalypto“ ist – trotz der Tatsache, dass er von Mel Gibson ist – ein toller Film. Sehr episch, bildgewaltig und atemberaubend. Gibsons grüne Hölle zu durchschreiten, ist Spannung pur.

Wertung: 8 von 10 Punkten (Mel Gibson ist vielleicht nicht mehr das, was er mal war – aber eine spannende Geschichte kann er trotzdem erzählen)

16 Kommentare leave one →
  1. 22. Dezember 2010 08:28

    Ja, schöner Film. Da kann ich dir nur zustimmen. Zumindest wenn man ihn als reines Unterhaltungswerk betrachtet.

    • donpozuelo permalink*
      22. Dezember 2010 10:55

      Ja, für den Geschichtsunterricht ist der Film gänzlich ungeeignet, für einen filmischen Ausflug in den Dschungel und die wilde Welt der Mythen und Abenteuer passt er dann aber schon mehr.

  2. 22. Dezember 2010 10:09

    Bwoah ja. Super Film. Die Schlussszene ist episch. Da kommen die Europäer, sehen ein paar Natives am Strand und haben KEINEN SCHEISS PLAN was die gerade durchgemacht haben. 🙂

    Ansonsten, wie immer super Review deinerseits. Das werde ich hier aber nicht jedes mal sagen, gell. 🙂

    Aber 1-2 unbeendete Sätze stecken im Text. Irgendwie.

    • donpozuelo permalink*
      22. Dezember 2010 10:57

      Die Schlussszene fand ich echt fies, aber äußerst gelungen – quasi vom Regen in die Traufe, oder so.

      Das mit dem Lob musst du nicht jedes Mal machen, kannst du aber 😉 (Das mit den 1-2 unbeendeten Sätzen liegt vor allem daran, dass die Gedanken manchmal einfach nur so sprudeln und meine Finger gar nicht so schnell tippen können wie die Gedanken kommen. Ich bitte um Verzeihung)

  3. 23. Dezember 2010 00:26

    Ok, ich gebe zu, habe nur ca. 20, 30 Minuten durchgehalten. Ist das vielleicht wieder ein Jungensding?
    Nächstes Jahr dann – ich bleibe dran 😀

    • donpozuelo permalink*
      23. Dezember 2010 00:31

      Jungensding??? Keine Ahnung… möglicherweise. Aber gut, wo ist dann die grenze zwischen Jungen- und Mädchending? nur weil es etwas gewalttätiger zu geht? So richtige Macho-Männer-Action hat’s ja bei „Apocalypto“ auch nicht.

      Schwierige Frage. Muss jeder für sich selbst entscheiden. Definitiv aber ein Film, der spaltet…

      • 23. Dezember 2010 11:01

        Na ja, ich fand ihn einfach total langweilig und ich meinte damit, dass Männer vielleicht einfach geduldiger sind.

        • donpozuelo permalink*
          23. Dezember 2010 11:46

          Männer und geduldiger??? Naja, vielleicht in dem Fall. 😉

  4. 23. Dezember 2010 04:29

    Ich fand die Jaguarszene ja genial ^^

    • donpozuelo permalink*
      23. Dezember 2010 08:44

      Japp, vor allem weil sie so schön mit der Prophezeiung des kleinen Mädchens übereinstimmt.
      😉

  5. Dr. Borstel permalink
    23. Dezember 2010 18:27

    Habe ich nicht gesehen. Habe kaum was von Gibson gesehen, den ich noch nie cool fand und der mich immer eher gelangweilt hat. Ich glaube auch nicht, dass „Apokalypto“ mir sonderlich gefallen würde …

    • donpozuelo permalink*
      24. Dezember 2010 09:10

      Wie jetzt? Mel Gibson und nicht cool??? 😉 Ist halt immer Ansichtssache. Genau wie der Film. Aber im Verhältnis zu „Die Passion Christi“ ist der hier wenigstens tatsächlich noch halbwegs anschaubar.

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