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Mit dem Feind befreundet

15. März 2023

Park Chan-wook hat für mich eine ganz besondere Bedeutung. Durch sein „Oldboy“ wurde mir damals eine völlig neue Welt des Films eröffnet. Vorher war ich das klassische Hollywood-Kino gewöhnt. Asiatischer Film war zu dem Zeitpunkt für mich rein im Anime-Bereich verwurzelt, den mir ein gewisser Hayao Miyazaki mit seiner „Prinzessin Mononoke“ näherbrachte. Dass aus Asien aber mehr kommt als nur Anime, wurde mir durch „Oldboy“ gezeigt. Ich weiß, ich weiß… traurig, aber wahr… was natürlich auch an der Filmkultur allgemein lag. „Oldboy“ war 2003 einer der ersten asiatischen Filme, der einen relativ großen Kinostart bekam. Vorher existierten die Filme ja kaum im Kino. Nach der Faszination „Oldboy“ war ich gehooked und suchte mir alles, was an asiatischem Kino finden konnte. So entdeckte ich dann Kurosawa und noch so viel mehr, was eine völlig neue Film-Welt für mich öffnete. Deswegen ist und bleibt Park Chan-wook ein Meilenstein in meiner persönlichen Film-Gucker-Laufbahn. Seitdem habe ich auch alle Filme von ihm gesehen und feiere sie eigentlich auch alle… obwohl, einen Film kannte ich nicht. Denn habe ich jetzt endlich mal nachgeholt: „JOINT SECURITY AREA“, oder kurz einfach „JSA“.

An der Grenze zwischen Nord- und Südkorea, in der demilitarisierten Zone, geschieht ein schrecklicher Mord. Zwei nordkoreanische Grenzsoldaten werden erschossen. Der Südkoreaner Sgt. Lee Soo-hyeok (Lee Byung-hun) wird verdächtigt, der Mörder zu sein, da er verletzt auf der kleinen Brücke gefunden wurde, die Nord- und Südkorea an diesem Punkt verbindet. Major Sophie Jean (Lee Yeong-ae) der Neutralen Überwachungskommission soll den Vorfall aufklären… und befragt dazu nicht nur Lee, sondern auch Nam Sung-shik (Kim Tae-woo), der in der Nacht mit ihm Dienst hatte, sowie den nordkoreanischen Soldaten Sgt. Oh Kyeong-pil (Song Kang-ho), der den Mord überlebt hat. Dabei deckt Sophie eine ungewöhnliche Freundschaft auf…

„JSA“ steht auf der Liste von Tarantinos absoluten Lieblingsfilmen seit 1992. „JSA“ ist Park Chan-wooks erster Langfilm und war direkt in Südkorea ein riesiger Erfolg, weil gerade auch im eigenen Land die Thematik der Trennung ein großes Thema ist. Wie kann man nicht ständig daran erinnert sein, dass es diese Grenze im eigenen Land gibt? Das Tolle an „JSA“ ist aber, dass der Film gar nicht so politisch rüberkommt, wie man meinen möchte. Stattdessen versucht Park in seinem Film einen Hoffnungsschimmer zu geben, der wahrscheinlich viele Menschen angesprochen hat… und der aus diesem Film echt etwas sehr besonderes macht.

Das Ganze ist aufgeteilt in 3 Abschnitte: „Area“, „Security“ und „Joint“… und fängt wie eine „murder mystery“ an. Es ist ein Mord geschehen, der nun aufgeklärt werden muss – unter den schwierigsten Umständen. Hier knallt die Ermittlerin Sophie dann gegen die unterschiedlichen Ideologien, die Nord- und Südkorea zusätzlich voneinander trennen. Damit legt Park die Grundlage für den ungewöhnlichen Twist, der seinem Film inneliegt… nämlich, dass Menschen einfach nur Menschen sind, und wenn Ideologien erstmal beiseite gelegt werden, Freundschaft entstehen können, die von außen unter diesen Umständen ungewöhnlich wirken, aber eigentlich das Normalste der Welt sein sollten. Es gibt doch ein ähnliches Beispiel mit den Soldaten im Ersten Weltkrieg, die zu Weihnachten gemeinsam mit dem Feind Fußball spielten, sangen und für kurze Zeit die aufgedrückten Ideologien vergaßen und einfach nur Menschen waren. Genau das Gleiche macht „JSA“ auch… und es ist wunderschön gespielt und von Park in Szene gesetzt.

Ich will zu diesem ganzen Teil gar nicht so viel mehr sagen, um es nicht zu spoilern, aber es ist natürlich einfach wahnsinnig spannend inszeniert – weil wir ja wissen, dass das am Ende alles in einem Blutbad endet, wir uns im Verlauf des Films aber kaum vorstellen können, dass das jemals passieren könnte. Aber es hängt wie ein Damoklesschwert über dem ganzen Geschehen, was „JSA“ zu einem so unglaublich packenden Film macht.

Park Chan-wook stellt uns ein Rätsel zu Beginn des Films, lässt uns das Rätsel durch wunderschöne Momente der Menschlichkeit vergessen, bevor er uns in die kalte Realität zurückbringt und uns mit sehr melancholischen Gefühlen zurücklässt. Das ist wirklich einfach nur grandios inszeniert… und so zeigt Park schon in seinem Debüt, dass er zu einem DER großen Regisseuren unserer Zeit gehört.

Wertung: 10 von 10 Punkten (grandioser Film, der Krimi, hoffnungsvoller Appell und Tragödie zugleich ist)

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