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Negativ Nummer 25

3. Januar 2014

Manchmal hasse ich facebook wirklich. Wenn ich da immer die Reisefotos von Freunden sehe, die scheinbar gemütlich das Leben in der Ferne genießen, ärgere ich mich jedes Mal ein kleines bisschen. Warum komme ich nur nie zum Verreisen, zum Abenteuer-Erleben und zum Geschichten-aus-der-Ferne-Sammeln? Dann kommt in mir immer wieder dieses kleine Stimmchen auf, dass mich einen Langweiler nennt, der nichts besonderes erlebt hat. Und nichts spannendes zu berichten hat. Weil er eben immer brav zuhause bleibt…

Ähnlich geht es auch Ben Stiller als Walter Mitty in „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“. Der hat die gleichen Gedanken… nur nicht durch facebook, sondern durchs Online-Dating. Denn sein großer Schwarm und seine Arbeitskollegin Cheryl (Kristen Wiig) steht auf abenteuerliche Typen. Mitty dagegen kümmert sich beim LIFE Magazin lediglich um die Entwicklung der eingesandten Fotos. Doch sein Leben wird schnell sehr viel abenteuerlicher. Star-Fotograf Sean O’Connell (Sean Penn in einer kleinen, aber feinen Rolle) schickt Walter ein paar Negative mit der Behauptung: „Negativ Nr. 25 wäre sein bestes Bild überhaupt.“ Blöd nur, dass Nummer 25 fehlt… also macht Walter sich auf die Suche danach.

„Walter Mitty“ ist ein traumhafter Film, ein unglaublicher Film, den ich einem Ben Stiller – wenn ich ganz, ganz ehrlich sein soll – nicht zugetraut hätte. Und wahrscheinlich wird das dem Erfolg des Films ein bisschen schaden, weil ich wahrscheinlich nicht der Einzige bin, der so denkt. Wenn man überlegt, dass wir Stiller mit Filmen wie „Zoolander“ oder „Tropic Thunder“ in Verbindung bringen… da glaubt man nicht, dass der gute Mann zu mehr fähig ist. Aber mit „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ zeigt Stiller allen Zweiflern die lange Nase.

Stillers Mitty verliert sich gerne mal in Tagträumereien. Hier sieht er sich dann als der Held, der einen Hund aus einem brennenden Haus rettet oder der einen üblen Kerl verfolgt (per Beton-Surfing quer durch New York). Walter Mitty ist ein netter Kerl, aber ein stiller dazu. Er fällt nicht auf, kann sich durch nichts besonderes behaupten. Er wäre gerne so wie in seinen Fantasien… nur fehlt ihm der Mut, der richtige Anstoß, die Motivation. Und dann kommt Cheryl und Sean O’Connell und halt das mysteriöse Negativ Nummer 25.

Lebe deine Träume! Riskiere etwas! Nur wer den ersten Schritt wagt, kommt auch weiter. Mit einer wunderbaren Leichtigkeit gelingt es Stiller diese Botschaften durch seinen Film zu transportieren. Erst wirken die Fantasien noch wie aus „Scrubs“ geklaut… und dienen dann doch nur dem Zweck, sowohl Walter Mitty als auch den Zuschauer ein bisschen zu verwirren. Ist das jetzt immer noch nur ein Traum oder erleben wir das gerade wirklich?

„Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ nimmt uns mit auf eine atemberaubende Reise. Einmal auf die Reise des Walter Mittys, der seinen Lebensmut wieder findet und dann auch auf eine Reise durch tolle Landschaften. Von Amerika geht’s nach Grönland und Island bis schließlich in den Himalaya. Hier versteht es der Film, in seinem Zuschauer das Reisefieber zu erwecken. Große Landschaftsaufnahmen wie aus einem Bildband – da will man einfach nur gemeinsam mit Stiller auf dem Skateboard über Islands lange Straßen flitzen.

Alles an „Walter Mitty“ hat mich begeistert: Es liegt wahrscheinlich wirklich daran, dass ich auch nur zu gerne mal so ausbrechen möchte, um einfach mal etwas anderes zu machen. So ist allein schon der Besuch von „Walter Mitty“ eine kleine, aber feine Fantasie, der man sich gerne mal hingeben kann. Ben Stiller hat wirklich einen wunderbaren, sanften, kleinen Film gedreht…

Wertung: 9 von 10 Punkten (ab und zu mal ein Risiko ist doch gar nicht so verkehrt)

9 Kommentare leave one →
  1. 3. Januar 2014 10:27

    Endlich beweist Ben Stiller sein wahres Talent…bitte mehr solche Filme in Zukunft als noch einen „Nights at the Museum“ Teil (Der ja diese Jahr noch herauskommt), Nur schon allein wegen der Bilder und der Musik (Of Monsters and Men <3) lohnte sich der Film für mich absolut.

    • donpozuelo permalink*
      3. Januar 2014 11:43

      Stimmt, Musik und Bilder waren auch sehr gut auf einander abgestimmt. Ja, „Nachts im Museum“ habe ich mir nie angetan, aber jetzt schon ein dritter Teil… da hätte ich auch lieber mehr was in die Richtung wie „Walter Mitty“.

  2. 3. Januar 2014 12:28

    Ich verstehe lediglich die 9 von 10 nicht. Ansonsten sind wir uns ja wirklich absolut einig. Ein wundervoller Film!

    • donpozuelo permalink*
      3. Januar 2014 12:40

      Ich glaube, die sind nur dadurch entstanden, dass ich so ungläubig war, dass man einem Ben-Stiller-Film eigentlich die volle Punktzahl geben muss 😀

  3. 4. Januar 2014 20:03

    Ich glaub noch nicht, dass er mir gefallen wird. Schon die Trailer fand ich schrecklich.

    • donpozuelo permalink*
      5. Januar 2014 15:24

      Wenn du den Trailer schon nicht mochtest, würde ich vielleicht tatsächlich abraten. Aber eigentlich ist es schon ein toller Film! Zwickmühle!!! 😀

  4. 7. Januar 2014 02:42

    „Walter Mitty ist ein netter Kerl, aber ein stiller dazu.“

    Höhö, du Schelm.

    Nein, ehrlich. Stimme dir in fast allen Punkten zu, ausser in deiner Überraschung. Ich fand schon Zoolander und Tropic Thunder grossartig, insofern war ich auch hier zuversichtlich. Und seine Produktionscredits (Submarine, etwa) sprechen ja auch für sich. Ich glaube, in ihm steckt eindeutig mehr, und es ist schön, dass er das jetzt zeigen konnte.

    • donpozuelo permalink*
      7. Januar 2014 09:07

      Versteh mich nicht falsch: Ich liebe „Zoolander“. Und „Tropic Thunder“ find ich allein schon wegen der Tom-Cruise-Tanzszene spitze. Was seine Produktionscredits angeht, kenne ich mich da nicht so aus. Aber wie gesagt, ich glaube, viele werden beim Namen Stiller halt erst einmal an so lustige (oder weniger lustige) Kamellen wie „Nachts im Museum“ und Co. denken. So habe ich halt auch gedacht und war deswegen so wunderbar positiv überrascht, dass „Walter Mitty“ einfach nur tolles Kino ist.

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