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Random Sunday #141: The Watchers

9. Juni 2024

A.M. Shine irritiert mich – vom irischen Autor hatte ich sein zweites Buch „The Creeper“ zuerst gelesen und war da erst total frustriert, weil ich dachte, der Plot wäre leicht vorhersehbar, bevor Shine dann doch nochmal einen interessanten und spannenden Plottwist einbaute und mir eine lange Nase zeigte. Ich war da auf jeden Fall sehr angetan, auch wenn es beim Lesen kurz wirklich irritierte. „The Creeper“ kann ich nach wie vor nur wärmstens empfehlen. Die irritierende Faszination brachte mich dann dazu, mir auch mal seinen Debüt-Roman „THE WATCHERS“ zu schnappen, zumal der von der Tochter von M. Night Shyamalan, Ishana Night Shyamalan, verfilmt und bald schon ins Kino kommt. Und auch bei diesem Buch trat diese Irritation wieder ein…

Mina sitzt gerne in einer Kneipe und zeichnet dort die Menschen. Weil sie ein bisschen Geld immer gut gebrauchen kann, lässt sie sich von einem der Stammgäste dazu überreden, irgendwo im Nirgendwo einen Mann zu besuchen, um dem einen Papagei zu verkaufen. Leider kommt Mina nie dort an – ihr Auto bleibt auf mysteriöse Art und Weise in einem Waldstück stecken. Auf der Suche nach einem Ausweg (mit Papagei im Schlepptau) gelangt Mina zu einem merkwürdigen Haus mit riesigem Glasfenster mitten im Wald. Hier trifft sie auf Madeline, Ciara und Daniel – die schon länger hier hausen bzw. gefangen sind. Denn nachts, wenn das Licht angeht, tauchen im Wald die Watchers auf… gefährliche Wesen, die durchs große Fenster beobachten, aber auch nur zu gerne reinkommen wollen würden.

„The Watchers“ ist in erster Linie ein Kammer-Spiel. Vier Menschen und ein Papagei treffen sich unter den ungünstigsten Umständen, kennen sich nicht, misstrauen sich und sind doch aufeinander angewiesen. A.M. Shine baut hier eine äußerst interessante Gruppendynamik auf: Madeline ist die diktatorische Anführerin, die zwar erbarmungslos ist, aber damit für das Überleben aller sorgt. Daniel ist eigentlich noch ein Junge, der sich von Madeline unterdrückt sieht (und auch von ihr stellenweise fies gemobbt wird) und deswegen in Ciara eine Art Ersatzmutter findet. Die wiederum betrauert den Tod ihres Mannes und hasst Madeline auch. Mina ist jetzt die Neue, die versucht, Sinn hinter all dem zu finden.

A.M. Shine baut diese Figuren sehr gut aus, gibt uns genug Hintergrundinformationen, um sie auch in ihrem Verhalten besser zu verstehen und steckt sie in diese Ausnahmesituation: Tagsüber können sie im Wald ein bisschen nach Nahrung suchen, aber um ihn zu verlassen, ist er zu groß. Nachts bangen sie dann um ihr Leben. Und das ist – neben den Figuren – das nächste, was wirklich zieht: Das unbekannte Böse, das wir nie zu Gesicht bekommen. Mina will sie zwar sehen, aber das große Fenster wird nachts zu einem Spiegel, durch den man nur von außen ins Haus gucken kann. Es gibt Andeutungen, was es mit den Wesen auf sich hat, aber nie irgendwas Festes. Trotzdem schafft es Shine, ihnen so eine unglaublich fiese Präsenz zu geben, dass jede neue Attacke auf dieses Haus im Wald zur Qual wird.

Quälend sind dann aber auch diese Fragen, die man immer und immer wieder hat: Wer sind die Watcher? Wer baute das Haus im Wald? Wozu wurde es gebaut? Und hier kommen wir jetzt zu dem „Irritierenden“ des Romans:

Wir bekommen Antworten auf alles, keine Sorge. Die Antworten sind auch interessant genug, auch wenn sie etwas weit hergeholt sind… aber es funktioniert. Nachdem wir – etwa zur Hälfte des Romans – diese Antworten bekommen haben, wendet sich das Blatt für unsere Hausbewohner und „The Watchers“ schlägt eine komplett andere Richtung ein. Ich will da jetzt nichts spoilern, vielleicht ist die Tatsache, dass es so einen krassen Wandel im Buch gibt für manche schon ein Spoiler (dann tut es mir Leid). Aber im ersten Augenblick hat auch das mich wieder mehr irritiert und ich dachte mir: „Okay, das ging jetzt alles doch irgendwie sehr schnell…“ Allerdings hätte ich durch „The Creeper“ schon wissen müssen: Diese Twists führen nochmal ganz woanders hin. Auch in „The Watchers“ ist das der Fall und die Geschichte wird dann noch wieder echt gut – aber zwischendurch gibt’s gerade wegen des Twists doch auch einen kleinen Durchhänger.

Ich muss sagen: Ich mochte „The Watchers“ und habe den Roman auch gerne gelesen, durchdachter und spannender finde ich aber „The Creeper“. Der ist dichter, atmosphärischer. Bei „The Watchers“ hat man ein bisschen das Gefühl, dass Shine eine coole Idee, aber keinen Plan hatte, wie das Ganze enden soll. Weswegen wir auch ein sehr offenes Ende bekommen… was zwar irgendwie typisch Horror ist, aber wie ich jetzt vor kurzem erfahren habe, war das möglicherweise gewollt: denn es wird eine Fortsetzung zum Roman geben.

Erstmal warte ich aber den Film ab…

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