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Flucht auf Indisch

18. März 2024

Eigentlich wollte ich „DUNKI“ im Dezember 2023 im Kino schauen, doch dann entschied sich Covid dazu, mir einen Strich durch die Rechnung zu machen. Jetzt habe ich durch Zufall bei Netflix gesehen, dass die ihre Bollywood-Bibliothek stark erweitert haben… und „DUNKI“ tauchte da dann auch plötzlich auf. Natürlich mit Shah Rukh Khan in der Hauptrolle, der sich mit diesem Film nach „Pathaan“ und „Jawan“ auch wieder thematisch etwas von seinem früheren Image trennt (natürlich vollkommen, schmachtend in die Kamera linsen, nachdem man sich lässig die Aviator-Brille abgenommen hat, gehört immer noch mit dazu). Allerdings wird es thematisch etwas realer und härter, wenn auch immer noch im bunten Bollywood-Rahmen.

Manu (Taapsee Pannu) und ihre Freunde Buggu (Vikram Kochhar) und Balli (Anil Grover) wollen in der 90er Jahren aus unterschiedlichsten Gründen auswandern. Alle wollen ein neues Leben in London, doch an ein Visa zu kommen, ist gar nicht so einfach. Bei ihren zahlreichen Versuchen lernen sie dann Hardy (SRK) kennen, der ebenfalls nach London möchte. Als alle Möglichkeiten versagen, entscheiden sich die Freunde, den schwersten Weg zu nehmen: die Dunki-Route als illegale Einwanderer – eine Reise über Pakistan, Afghanistan, Iran und die Türkei. Eine gefährliche Reise beginnt…

„Dunki“ ist kein gewöhnlicher Bollywood-Film. Natürlich haben die auch schon früher immer mal schwerere Themen in Angriff genommen und nicht immer geht es einfach nur um romantische Verflechtungen, aber „Dunki“ ist nochmal eine Stufe anders, muss hier doch ein extrem heikles Thema trotzdem noch mit genug Charme ausbalanciert werden. So wird der Film dann wirklich zu einer Achterbahnfahrt, die emotional wirklich sehr wilde Haken schlägt: Die erste Stunde ist eine lustige Immigrationskomödie, wo Englisch gelernt werden muss; wo die absurden Optionen der Einwanderung thematisiert werden und alles mit einem dicken Grinsen abgetan werden kann. Frei nach dem Motto: „Auswandern kann ja auch lustig sein, wenn man nur fröhlich und noch nicht verzweifelt genug ist!“. Doch schon hier baut „Dunki“ eine dramatische Figur mit Sukhi (Vicky Kaushal) ein, der nur nach London will, seine Jugendliebe dort in einer toxischen Beziehung lebt und von ihrem Mann geschlagen wird. Als Sukhi es aber wider aller Bemühung nicht nach London kann, haut „Dunki“ den ersten dicken Schockmoment heraus und offenbart, dass hinter dem Lachen Trauer wartet.

Dass ist dann der Startschuss für das andere „Dunki“. Wir legen das Comedy-Gewand ab und werden zu einem handfesten Flüchtlingsdrama. Der Weg über den „Eselspfad“, „Dunki“, ist voller Tod und Gefahren. Hier scheut sich der Film dann auch erstaunlicherweise nicht davon, die Bedingungen für Flüchtlinge zu zeigen. Schlepperbanden, Bestechung, Verrat, Vergewaltigung und Tod werden ständige Begleiter und Hardy und seinen Freunden. Viel Zeit für Gesang und Tanz oder ein Lachen bleibt da nicht. Teilweise ist „Dunki“ hier dann auch wirklich unangenehm (zum Schluss des Films wird das Ganze sogar noch durch echte Fotos der Bedingungen auf der Flucht untermalt)… mit dieser Form von Ernsthaftigkeit habe ich wirklich nicht gerechnet, diese Art von Authentizität hätte ich einem SRK-Film jetzt nicht zugetraut. Allerdings merkt man trotzdem auch, wie schwierig dieser Spagat zwischen Komödie und hartem Flüchtlingsdrama am Ende doch ist. Auch das Leben in London wird ein bisschen thematisiert, aber dann nicht mehr ganz so stark… und eigentlich wird es dann auch schnell beiseite gewischt.

„Dunki“ hätte sich mehr für eine Sache entscheiden müssen, um dann auch erzählerisch noch mehr zu ziehen. So rudert man dann irgendwann doch wieder ein bisschen mehr zum fiktiven Drama zurück und versucht wieder ein bisschen mehr SRK-Charme einzubringen. Dadurch ist sehr fordernd nach den schlimmen Dingen, die man gesehen hat, wieder zu dem Witz von vorher zurückzukehren.

SRK und gerade auch Taapsee Pannu in den Hauptrollen sind toll, wir haben starke Nebendarsteller, die selbst diese wilden emotionalen Sprünge gut tragen können, wodurch „Dunki“ immer noch ein sehr spannendes Erlebnis ist. Auch wenn es sehr viel thematisch einbringen will, was für andere Filmemacher für drei Filme gereicht hätte. Ein bisschen mehr Struktur hätte „Dunki“ nicht schlecht getan, trotzdem ist es ein guter Film.

Wertung: 7 von 10 Punkten (SRK kann auch Drama, aber ein bisschen SRK muss trotzdem drin sein)

5 Kommentare leave one →
  1. 4. April 2024 15:34

    Bei Bollywood Werken bin ich ja komplett raus. Die waren bisher nie auf meinem Fokus. Aber immerhin kenne ich SRK. 😀

    • donpozuelo permalink*
      5. April 2024 18:18

      😅 Immerhin das. Aber vielleicht guckst du ja irgendwann mal was davon. Da sind echt ein paar gute Perlen dabei

  2. 9. April 2024 18:31

    Und die wichtigste Frage ist doch … wird gesungen!?!?

    Aber ja, ich habe vorletztes(?) Jahr bei RRR gelernt, dass ich noch viel rund um den indischen Film in allen Facetten aufzuholen habe.

    • donpozuelo permalink*
      15. April 2024 11:29

      Ja, es wird gesungen, aber nicht ansatzweise so viel wie sonst. Mehr in der ersten Hälfte, die ja auch noch komisch sein kann. Danach nicht mehr…

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