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Random Sunday #118: Star Maker

2. September 2023

Ich weiß nicht, ob ich in diesem Artikel diesem Roman gerecht werde. Ich weiß nicht einmal, ob der Begriff „Roman“ diesem Machwerk von Olaf Stapledon gerecht wird, über das ich jetzt reden will. Sein „STAR MAKER“ ist nämlich etwas, was ich so selbst noch nie gelesen habe. Das war Science-Fiction-Sachbuch für Physik- und Philosophie-Doktoranden. Es ist „nur“ ein kleines Buch, aber ich habe schon lange nicht mehr so kämpfen müssen. Gerade der Anfang des Romans ist etwas ungewöhnlich, aber ich wollte dran bleiben… und habe es auch geschafft. „Star Maker“ ist definitiv harte Arbeit, aber ihr werdet mit einer Form von Kreativität entlohnt, die einfach mal 1937 das komplette Science-Fiction-Genre vorweggenommen hat. Alles, was wir heute an diesem Genre feiern und lieben, ihr findet Ansätze davon in „Star Maker“. Keine Ahnung, wo Stapeldon das hergeholt hat, vielleicht ist sein „Star Maker“ ja eine Autobiografie… egal, dieses Buch lohnt sich für jeden Sci-Fi-Fan beziehungsweise sollte Pflichtlektüre sein. Auch wenn sie anstrengend ist.

Unser menschlicher Erzähler sitzt eines Abends auf einem Hügel und schaut auf sein Haus, als er durch etwas aus seinem Körper gezogen und ins All transportiert wird. Und auch in der Zeit zurück. Er besucht einen Planeten, der unserem ähnelt und doch ganz anders ist. Der Reisende kann sich in die Bewohner versetzen und mehr über sie lernen. Als er weiterzieht, nimmt er einen von ihnen mit sich. Je mehr Planeten die Beiden besuchen, desto mehr Geister schließen sich den Reisenden an. Bald haben wir es mit einer denkenden Wolke zu tun, die durch das All reist und die Entwicklungen unterschiedlicher Spezies und Galaxien miterlebt.

„Star Maker“ ist wie ein Sachbuch, in dem Science Fiction mit Philosophie gepaart wird. Hauptsächlich geht es Stapledon nämlich immer darum, wie sich ein Spezies entwickelt, wie sie intelligenter und besser werden, bevor es dann zu einem schlimmen Ereignis kommt und alles den Bach herunter geht. Hier geht es dann vorwiegend darum, wie der technische Fortschritt das Leben beeinflusst, wie dadurch selbst in den einfachsten Zivilisationen die Entwicklung dazu führt, dass mehr und mehr zwischen Arm und Reich unterschieden wird und das die Zunahme von Kapital bei einigen für Unruhe bei anderen sorgt. Es wird viel darüber philosophiert, ob alle alles teilen sollten oder nicht. Und man merkt dann bei diesen gesellschaftlichen Ausarbeitungen, aus welcher Zeit „Star Maker“ stammt. Aber das Gute ist, dass Stapledon mit jedem Sternensystem, das er vorstellt, einen neuen Ansatz verfolgt, andere Entwicklungen aufweist und damit eigentlich sagt: Es gibt nicht DIE eine Lösung, wie man es richtig machen kann.

Von dem Philosophischen mal abgesehen ist „Star Maker“, wie ja schon angekündigt, ein Traum für jeden Sci-Fi-Fan. Die „andere Erde“, die der Reisende zuerst beobachtet, ist noch relativ normal. Was aber danach folgt, zeugt von einem kreativen Geist, der aus den Vollen schöpft. Stapledon beschreibt unglaublich faszinierende Welten und ihre Bewohner. Da gibt es dann Konzepte von Wasserwesen, die dank der Evolution zu etwas wie lebenden Schiffen werden. Da gibt es Planeten mit Pflanzenwesen oder solche, in denen kleinste Mikroorganismen sich zusammenschließen und sich so ein gemeinsames Hirn teilen, um überleben zu können. Spannend wird es mit einem Planeten in dem Arachnoide eine Symbiose mit Wasserlebewesen eingehen und sich so zu einer der weit entwickeltsten Zivilisationen formen. Stapledon beschreibt das mit einer Fülle an Details, geht rein ins Biologische, ins Psychologische, ins Wirtschaftliche, ins Technische. Er erschafft Welten, baut sie auf, lässt sie in Kriegen und / oder Krankheiten versinken, lässt sie wieder auferstehen oder für immer schwinden. Er wird selbst zum Star Maker und hat dabei einfach großartige Ideen.

So baut er zum Beispiel auch Planeten auf, die sich soweit entwickelt haben, dass sie perfekte Utopien werden. Diese Systeme verbreiten sich, werden zu galaktischen Imperien, die sich untereinander bekriegen. Ganze Sternensysteme werden in „Star Maker“ so technisch, dass sie mitsamt ihrer Sonnen und Planeten durch die Galaxien reisen, um andere System von ihren Ideen zu überzeugen. Hier kommt dann die sogenannte „travel madness“ ins Spiel, in der Stapledon Themen wie Fanatismus, Religion und Missionierung einbringt. Er greift selbst Konzepte wie künstliche Planeten auf…

Ich könnte jetzt noch ewig hier auf alle die verrückten Sachen eingehen, die hier ins Spiel kommen. Selbst mit Sternen stellt Stapledon irrsinnig faszinierende Sachen an, die ich nicht verraten möchte…

Das Ding an „Star Maker“ ist halt wirklich, dass es kein Roman im klassischen Sinne ist. Es gibt keine Dialoge. Es gibt nur die ausführlichen Beschreibungen des Reisenden, der sich selbst dann auch noch in Identitätskrisen befindet, weil er natürlich nicht mehr er allein ist, sondern viele. „Star Maker“ lässt euch hart arbeiten. Ich hab’s auf Englisch gelesen und wäre anfangs fast daran gescheitert. Als ich es mir auf Deutsch besorgen wollte, musste ich feststellen, der Druck ist da schon lange durch und deutsche Ausgaben gibt es kaum noch zu finden (und wenn dann ziemlich teuer). Also kämpfte ich mich weiter durch das Buch, das halt auch sehr wissenschaftliche Begriffe verwendet und sich deswegen noch mehr wie ein Sachbuch anfühlt.

Aber ich will es noch einmal deutlich machen: Es lohnt sich wirklich. „Star Maker“ ist wirklich wie eine Blaupause für Sci-Fi, so wie wir es heute kennen. Konzepte, die Stapledon damals 1937 aufbrachte (wie eben zum Beispiele galaktische Imperien, die Erforschung anderer Planeten, die noch nie zuvor ein Mensch betreten hat), finden wir heute eben nicht nur in „Star Wars“ oder „Star Trek“. Dieses Buch ist eine wundervolle Ansammlung der verrücktesten und faszinierendsten Planeten, die mir je in der Literatur oder sonst wo untergekommen sind. Von daher: PFLICHT FÜR SCI-FI-FANS!

2 Kommentare leave one →
  1. 2. September 2023 14:11

    Zack – geht direkt auf die Liste! Danke für den Tipp 🙂

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