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Random Sunday #117: The Incal

27. August 2023

In den 70er Jahren wollte der chilenische Regisseur Alejandro Jodorowsky ein Science-Fiction-Meisterwerk erschaffen. Er hatte die Rechte zu Frank Herberts „Dune“ und wollte das Ganze riesig verfilmen. Dafür holte sich Jodorowsky prominente Hilfe vor und hinter die Kamera. Salvador Dali sollte den Imperator spielen, Orson Welles den Baron Harkonnen, Mick Jagger dessen Neffen Feyd-Rautha und und und… Um seine Vision in die richtigen Bilder zu packen, engagierte Jodorowsky Künstler wie H.R. Giger, den Special-Effects-Experten Dan O’Bannon (der später auch an „Star Wars“ mitarbeitete) und Jean Giraud, besser bekannt als Moebius. Doch aus Jodorowskys großen Plänen wurde nichts, sein „Dune“ wurde als „der beste Science-Fiction-Film, der nie gedreht wurde“ bezeichnet und es gibt auch eine fantastische Doku, die Einblicke in Jodorowskys Prozess gewährt, die jeder Film- und Dune-Fan unbedingt mal gesehen haben muss. Doch nicht nur die Doku lässt tief blicken… denn nachdem das Projekt auf Eis gelegt wurde, setzte sich Jodorowsky mit Moebius zusammen und erschuf die Comic-Reihe „THE INCAL“.

Wir befinden uns in einer fernen Zukunft auf einem nicht näher definierten Planeten. Das Imperium regiert die Galaxie und warnt immer wieder vor der Bedrohung durch die Berg, außerirdische Invasoren, die immer häufiger Planeten angreifen. Von all dem will der Detektiv John Difool nichts wissen… doch wird er bald schon zur wichtigsten Person innerhalb dieses großen Konflikts. Als er nach einem missglückten Fall in der Kanalisation in Berührung mit dem Incal kommt, einer unglaublichen Macht, hinter der alle her zu sein scheinen, verändert sich sein ganzes Leben. Er wird vom gefährlichen Auftragskiller, dem Metabaron, gejagt, und erfährt, was es mit dem Incal wirklich auf sich hat.

Die Story ist anfangs recht simpel, wird aber im Verlauf immer komplexer und verschachtelter. Jodorowsky verknüpft hier religiöse Themen, verbindet das mit Philosophie und Esoterik, so dass hinter jedem Namen eine Bedeutung steckt und alles nicht einfach bloss  ein epischer Kampf zwischen Gut und Böse, Licht gegen Dunkelheit ist, sondern förmlich nur strotzt vor mystischer Symbolik, Metaphysik, Tarot und was nicht noch alles. Man merkt „The Incal“ sofort an, dass Jodorowsky, der ja gerade auch durch seine sehr avantgardistischen Filme bekannt geworden ist, jeder einzelnen Figur, jedem einzelnen Bild eine Bedeutung zuweist… und nichts einfach nur zufällig passiert, weil es hier gerade cool sein könnte.

Trotzdem ist „The Incal“ jetzt keine Comic-Reihe, für die man studiert haben muss, um sie schätzen zu können. Sie ist einfach nur schön komplex, wie es sich für so eine epische Geschichte gehört… es geht um Gesellschaft, um Ökonomie, um Religion, Philosophie, um Politik – verpackt in ein Sci-Fi-Epos, dem man auch anmerkt, wie großartig und überbordend Jodorowskys „Dune“ hätte sein können.

Dazu kommt der unbestreitbare Fakt, dass „The Incal“ einer der schönsten und kreativsten Comics ist. Was Moebius hier für Welten und Kreaturen erschafft, ist einfach nur atemberaubend. Verbunden mit den kräftigen Farben, in die Colorist Yves Chaland das Ganze taucht, ist „The Incal“ definitiv was für die Augen und noch definitiver etwas, was in jede gute Comic-Sammlung gehört. Das ist gelebtes Sci-Fi, da sind so verrückte Ideen drin, so wilde Designs, Kostüme und Kreaturen… es ist einfach herrlich. Jodorowskys Spiritualität wird von Moebius und Chaland wahnsinnig gut eingefangen und man kann sich gar nicht an all dem satt sehen.

Das Ganze wurde dann noch erweitert durch die Reihen „Before the Incal“ und „Final Incal“ sowie einigen Spinoffs, gerade zum Metabaron, der auch einfach eine sehr coole Figur ist… doch von all den Sachen habe ich bislang noch nichts gelesen, werde ich aber wohl bald mal nachholen.

Warum ich ausgerechnet jetzt wieder auf diesen Comic gestoßen bin, hat natürlich einen Grund… Angst. Denn vor einiger Zeit verkündete Taika Waititi, dass er „The Incal“ verfilmen will – und ich kann mir im Augenblick nicht vorstellen, wie das irgendwie funktionieren soll. Vielleicht als Animationsfilm, aber als Live-Action??? Na warten wir es mal ab…

2 Kommentare leave one →
  1. 8. September 2023 15:53

    Oh spannend. Bei Moebius habe ich eine einigermaßen große Wissenslücke. Ich weiß, dass er mit dem Mangaka Jirō Taniguchi mal zusammen gearbeitet hat und dass er u.a. Arzach und Incal gemacht hat. Wegen der krassen Landschaften und dieses, ich sage mal geerdeten Stils, habe ich seit Ewigkeiten Wallpaper mit seinen Motiven. Aber doch nie einen Band von ihm gelesen. Vermutlich, weil die ganz schöne Preise haben. Vor Kurzem wurden die aber glaube ich neu aufgelegt!? Jedenfalls entschied ich mich für Arzach und habe die Lektüre noch vor mir. Haha, aber jetzt wünschte ich mir ein bisschen ich wäre beim Incal gelandet.
    Leider muss ich aber gestehen, dass mir den Stoff von Taika Waititi so gar nicht vorstellen kann.

    • donpozuelo permalink*
      10. September 2023 17:35

      Der Inkal ist bislang auch mein einziger Bezug zu Moebius. Da muss ich auch mal nach mehr Ausschau halten.

      Und ja, Waititi sehe ich da auch absolut nicht. Denis Villeneuve vielleicht schon eher.

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