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Das Chaos in La Mancha

11. Februar 2022

Ich sage es mal direkt vorweg: Die Geschichte hinter „THE MAN WHO KILLED DON QUIXOTE“ ist wesentlich spannender als der eigentliche Film. Seit Ende der 80er Jahre arbeitete Terry Gilliam bereits an dem Stoff, erst 1998 hatte er die Finanzierung dann zusammen. Doch der Drehstart im Jahr 2000 stand unter keinem guten Stern: Das Filmset wurde durch Überflutung komplett zerstört, der Hauptdarsteller Jean Rochefort musste aus gesundheitlichen Gründen den Film verlassen. Als Gilliam dann ein paar Jahre später versuchte, weiterzumachen, sprang sein zweiter Hauptdarsteller Johnny Depp ab, dessen damalige Frau Vanessa Paradis auch schon bald vom Set verschwand. Gilliam gab dennoch nicht auf und warf immer wieder neue Namen in den Raum: Ewan McGregor und Jack O’Connell waren als Depp-Ersatz im Gespräch, Robert Duvall und John Hurt als Rochefort… doch es half alles nichts. Es gab dann zwischendurch die sehr zu empfehlende, eigentlich als Making-Of geplante Dokumentation „Lost in La Mancha“, die das Chaos des Drehs auf traurige Weise perfekt einfing. 2017 gingen die Dreharbeiten dann doch überraschenderweise weiter, dieses Mal mit Adam Driver und Jonathan Pryce in den Hauptrollen. Bleibt jetzt nur die Frage, ob bei „The Man who killed Don Quixote“ das alte Sprichwort „Was lange währt, wird endlich gut“ auch greift.

Toby Grummett (Adam Driver) dreht in Spanien einen Werbespot, in dem es um Don Quixote geht. Doch so richtig wollen die Dreharbeiten nicht so laufen, wie Toby es gerne hätte. Als ihm ein Straßenhändler eine Raubkopie von „The Man who killed Don Quixote“ in die Hand drückt, verändert sich Tobys Leben. Denn vor Jahren war er es, der diesen Film geschrieben und hier vor Ort mit Ortsansässigen gedreht hat. Aus nostalgischen Gründen sucht er den alten Drehort auf und sieht sich mit der größten Überraschung überhaupt konfrontiert. Sein einstiger Hauptdarsteller Javier (Jonathan Pryce) wird zur Schau gestellt, weil er sich selbst für den wahren Don Quixote hält. Als der nun Toby sieht, hält er ihn für seinen treuen Gefährten Sancho Panza… und gemeinsam reiten sie nun los, in das Chaos von La Mancha und den irren Abenteuern des Don Quixote.

„The Man who killed Don Quixote“ fühlt sich wie ein irrer Fiebertraum an, bei dem man selbst irgendwann nicht mehr wirklich klar denken kann. Bei dem ich aber auch nie so ganz greifen konnte, was genau Gilliams Ansatz nun wirklich ist. Der Film verschiebt die Grenzen von Realität und Wahnsinn manchmal auf etwas merkwürdige Weise. Die unzähligen Abenteuer, die Toby und Javier erleben, lassen sich manchmal dadurch erklären, dass die Dorfbewohner auch alles nur spielen, dann gibt es diesen komischen russischen Oligarchen, den Tobys Boss (Stellan Skarsgard) mit einem Mittelalter-Fest beeindrucken soll und zwischendurch hat Toby selbst schon Halluzinationen (zum Beispiel, wenn er glaubt, einen alten Schatz gefunden zu haben, der sich später als wertloses Zeug herausstellt). Wo also auch für Toby die Realität verändert wird, war mir nicht so ganz schlüssig. Vielleicht soll es so eine Art geteilter Wahnsinn sein, dadurch dass er Javiers Wahn unterstützt.

Wie gesagt, von der Story bin ich manchmal nicht so wirklich hinterhergekommen. Das geht in diesem Film einfach alles Schlag auf Schlag. Gilliam lässt seinem Zuschauer keine Verschnaufpause, fast so als möchte er die verlorene Zeit wieder aufholen und begießt uns einfach mit Eindrücken.

Diese Eindrücke sind aber dafür sehr bleibend. Was Terry Gilliam hier an visueller Kraft darbietet, kann sich echt sehen lassen. Die einzelnen Szenarien sind in ihrem optischen Ausmaß schwer beeindruckend. Allein dieses wirre Fest für den Russen ist einfach nur fantastisch und mit zig tausend verschiedenen Details so unglaublich ausgeschmückt. Auch die Kostüme und Sets anderer Sequenzen sind echt beeindruckend und lassen „The Man who killed Don Quixote“ auf jeden Fall zu einem visuellen Highlight werden.

Dazu kommt ein toller Adam Driver (aber wann ist der mal nicht toll???) und ein Jonathan Pryce, der in der Rolle des Realitäten verwirrten Javiers a.k.a. Don Quixote wirklich super ist. Die Beiden liefern eine tolle Performance ab, in einem Film, der einfach an sich nur verwirrend, aber faszinierend zugleich ist. Irgendwie ein passender Gilliam… dennoch hätte ich mir bei der Story ein klein wenig mehr Klarheit in dem Chaos gewünscht.

Wertung: 7 von 10 Punkten (tolle Sets, tolle Kostüme, tolle Darsteller, die hier gegen die wirre Story ankämpfen wie Don Quixote gegen die Windmühlen)

One Comment leave one →
  1. 11. Februar 2022 22:45

    Muss ich auch sehen.

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