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Der schlimmste Regisseur?

17. Mai 2024

Ich sammele mal ein paar mehr deutsche Filme für dieses Jahr… mit diesem hier bin ich immerhin schon bei drei Filmen aus der Heimat, die ich im Kino geguckt habe – wobei ich auf „Chantal im Märchenland“ gerne hätte verzichten können und „Sterben“ wirklich nur allen empfehlen kann. Jetzt komme ich zu einem Mann, mit dem ich vorher noch nie Kontakt hatte, den ich aber demnächst schon bald wieder erleben werde: Denn Regisseur und Autor Oskar Röhler hat auch die Verfilmung von Michel Houellebecqs Roman „Elementarteilchen“ gedreht und den Roman habe ich gerade ausgelesen und werde mir den Film natürlich auch noch anschauen. Doch mein Erstkontakt mit Röhler ist nun sein neuester Film „BAD DIRECTOR“, basierend auf seinem eigenen Roman „Selbstverfickung“.

Gregor Samsa (Oliver Masucci) verwandelt sich zwar nicht in Ungeziefer, aber sein Leben läuft auch nicht wirklich rund. Der Regisseur lebt in einer Midlife-Crisis nach der eigentlichen Midlife-Crisis und weiß nicht mehr so richtig, wo ihm der Kopf steht. Er hasst die meisten Menschen in seinem Arbeitsumfeld und soll nun aber trotzdem noch seinen Film drehen: mit einem Star, den er hasst (Elie Kaempfen) und einer weiblichen Hauptrolle (Anne Ratte-Polle) mit der er früher einen Streit bei einem Dreh hatte und die er eigentlich nicht wieder sehen will. Ständig nervt ihn dann noch irgendwer mit irgendwas zum Film – fast so als ob er als Regisseur über alles entscheiden müsste. Furchtbar. Den einzigen Menschen, der ihm etwas Ruhe verschafft, ist die Prostituierte Grete (Bella Dayne), bei der Gregor sich mehr und mehr vor der eigentlichen Welt versteckt.

Ich wusste im Vorfeld nichts – weder über Röhler noch über „Bad Director“. Dementsprechend war ich mehr als nur überrascht, dass die Rolle von Gregor Samsa so extrem überspitzt ist. Oliver Masucci spielt den so krass, der könnte auch eine Figur aus einem Tom-Gerhardt-Film sein. Das war skurril, das war etwas befremdlich, vor allem weil dieser „Bad Director“ Gregor Samsa gar nicht wie ein schlimmer, sondern eher wie ein dummer Regisseur rüberkommt. Ich hatte – auch vom Poster ausgehend, wo man Samsa auf einen roten Teppich pinkeln sieht – damit gerechnet, dass wir so eine Art „enfant terrible“ bekommen, einen Regisseur, der seine Schauspieler wie Dreck behandelt, der auf seine Crew scheißt und nur am Rumbrüllen ist. Und irgendwie ist Samsa das auch, aber bei seinen Schauspielern dann oft auch sehr wortkarg. Es ist schon sehr irritierend, wie sehr Elie Kaempfens Fabian Gregor auf der Nase herumtanzt. Da fehlt dem stolzen Regisseur die Manneskraft, um sich gegen seine Stars zu behaupten. Was ihn natürlich auch irgendwo irgendwie zu einem „bad director“ macht, weil er einfach nichts auf die Reihe kriegt, sich aber über alles beschwert.

Ich hätte mir da teilweise echt noch ein bisschen mehr Biss gewünscht. Wenn Gregor beim Filmpreis einer Kellnerin die schmutzigen Geheimnisse der Branche offenbart, ist das ein cooler Anfang, aber danach wirkt Samsa häufig nicht mehr unbedingt wie ein „bad director“, sondern einfach nur wie ein ausgebrannter Typ, der bei all seinem Nörgeln trotzdem nicht den Job aufgeben will und sich gleichzeitig auch maßlos selbstüberschätzt. Es ist auf jeden Fall eine interessante Figuren-Zeichnung, die uns Röhler mit dieser Version von Gregor Samsa liefert – was mich dann nur wirklich jedes Mal ein bisschen rausgeschmissen hat, war eben dieses Tom-Gerhardt-Getue von Oliver Masucci. Auf der einen Seite muss ich sagen: „Hut ab!“ Masucci zieht das gnadenlos durch und das ist schon sehr bemerkenswert, auf der anderen Seite wird er zu sehr zu einer Parodie, die dann aber häufig nicht spitz, nicht bissig genug ist. Letztendlich ist dieser Samsa ein ziemlich trauriges Würstchen, der vor anderen Leuten nie so ist, wie er es im Stillen zu sein scheint. Das hätte man auf jeden Fall mehr ausweiten können.

Trotzdem habe ich über diesen absurden Humor oft lachen können. Auch wenn ich gestehen muss, dass Röhler mir in einigen Szenen zu lange verweilt und der Witz sich dadurch arg in die Länge zieht. Röhler kostet alles bis zum Äußersten aus, was manchmal echt gut funktioniert, manchmal aber auch wirklich den Film etwas ausbremst. Dadurch spürt man die Laufzeit von knapp über zwei Stunden sehr deutlich.

„Bad Director“ ist Geschmackssache, Röhler ist sehr derb und seine Figuren sind es auch. Das funktionierte für mich stellenweise echt gut, zog sich aber auch ganz schön in die Länge.

Wertung: 6 von 10 Punkten (die Midlife-Crisis mit 60)

2 Kommentare leave one →
  1. 26. Mai 2024 11:18

    „Elementarteilchen“ ist stellenweise etwas, nun ja, seltsam. Mag aber auch an der literarischen Vorlage liegen. Bin gespannt, wie du den Film bewertest, wenn du ihn dann gesehen hast.

    Den hier kenne ich nicht, klingt aber auch etwas ‚anders‘.

    • donpozuelo permalink*
      26. Mai 2024 14:35

      Ist definitiv auch anders. Ich würde den auch nicht zwingend noch einmal sehen wollen 😅

      Auf Elementarteilchen bin ich mal gespannt. Den Roman hab ich jetzt durch.

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