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Berlin in Paris

26. Juni 2024

Ich habe mit „Haus des Geldes“ erst verhältnismäßig spät angefangen. Ich glaube, es war kurz bevor Staffel 4 herauskam. Der Hype um die Serie war damals aber wirklich riesig. Gerade Staffel 1 und 2 kann ich auch bis heute wirklich empfehlen. Die sind gut. Da merkt man auch, dass das als eine zusammenhängende und abgeschlossene Geschichte konzipiert war. Die Figuren funktionierten, die Spannung war da, alles super. Der Erfolg brachte dann den Wunsch mit sich, das Ganze doch noch weiterzuführen. Daher dann die Staffel 3-5, die natürlich unbedingt auch einen Fan-Liebling zurückbringen wollten, der aber im Finale von Staffel 2 einen Opfertod auf sich nahm, um sein Team zu retten. Deswegen tauchte Pedro Alonsos Berlin nur in Rückblenden auf, die mit jeder Staffel weiter ausgebaut wurden – und wir sogar noch seinen sehr erwachsenen Sohn kennenlernten, der dann ein Verhältnis mit seiner Stiefmutter anfing (irgendwer hat wohl ein bisschen zu viel Pornhub geguckt). Weil man sich sagt: „Ein bisschen mehr geht trotzdem immer noch“, gibt es nun zu eben diesem Berlin ein Spinoff… namens „BERLIN“.

In der Mutterserie haben wir ja erfahren (direkt in Staffel 1), dass Berlin (Alonso) vor seiner Zeit der „Haus des Geldes“-Ereignisse ein großer, weltweit gesuchter Juwelendieb gewesen ist. „Berlin“ schickt uns nun in die Vergangenheit von Berlin a.k.a. Andrés de Fonollosa. Der hat sich ein junges Team zusammengestellt: Keila (Michelle Jenner), Cameron (Begona Vargas), Roi (Julio Pena Fernandez) und Bruce (Joel Sanchez), um gemeinsam mit seiner rechten Hand Damian (Tristan Ulloa) in Paris Juwelen im zweistelligen Millionenwert zu stehlen. Berlin und Damian haben einen ausgeklügelten Plan, der aber dadurch verkompliziert wird, dass sich Berlin ausgerechnet in Camille (Samantha Siqueiros) verliebt, die Frau des Bankinhabers, dessen Tresor es auszuräumen gilt.

„Haus des Geldes“ hat eine Prämisse: Bankräuber und ihre Geiseln in einem abgesperrten Bereich: Die Bankräuber haben einen komplizierten Plan, um rauszukommen, während die Polizei versucht, reinzukommen. Dadurch hat man erzählerisch drei Ebenen, die immer wieder ineinander übergreifen – Räuber, Geiseln, Polizei. Es gibt also genug Möglichkeiten, sich hier auszutoben. Die „Berlin“-Serie entfernt sich von diesem Konzept und orientiert sich ein bisschen mehr an „Ocean’s Eleven“: Eine Gruppe plant einen Überfall, der dann clever durchgeführt wird. Ist mal was anderes… und es ist ja auch erfrischend, wenn ein Spinoff nicht einfach nur das Gleiche macht wie das Original.

Für die ersten vier von acht Folgen funktioniert das in „Berlin“ auch ziemlich gut. Der Heist ist natürlich ein bisschen gaga, aber wird (wie man es vom Professor aus „Haus des Geldes“ kennt) gut erklärt und dabei auch spannend inszeniert. Doch es gibt ja noch vier weitere Episoden und in denen kommt dann das zum Tragen, was sich in den ersten vier Episoden schon leicht andeutet: Hier macht einfach jeder mit jedem rum und es geht mehr zu wie in einer Telenovela als in einer spannenden Crime-Serie.

Das Ding ist: Bei Pedro Alonsos Berlin passt das auch noch. Das gehört ja zu seiner Persona dazu. Er ist suave, wortgewandt, charmant und irgendwie auch ein bisschen kindlich naiv, wenn er anfängt, über die Liebe zu schwärmen. Zwar ist auch die Beziehung zu Camille in der Serie eher plump inszeniert (gerade wie sie zueinander finden, geht etwas zu schnell), aber es ist noch okay für die Figur und die Serie. Was dann eher anstrengend wird, ist die Tatsache, dass jeder im Team auch noch irgendwas haben muss. Die schüchterne Hackerin Keila ist verliebt in Bruce, traut sich aber nicht, es zu sagen, wodurch dann immer wieder so sehr platte Jungfrauen-Witzchen und Situationen entstehen, die schon sehr zum Fremdschämen sind. Die taffe, scheinbar unantastbare Cameron will natürlich auch irgendwie nur geliebt werden und Roi ist dann auch im Verlauf der Serie an ihrer Seite, beide müssen sich aber vorher noch von ihrer schweren Vergangenheit erzählen. Das wirkt alles so mühsam, so aufgesetzt, so dermaßen gewollt und in Stereotypen verwurzelt, dass es einfach kein Spaß macht, sich das wirklich anzuschauen…

… weil der eigentliche Heist auch so nach vier Folgen abgeschlossen ist und es dann um die Flucht vor der Polizei geht. Hier begeht die Serie dann aber den nächsten großen Fehler: Die Polizei hätte mir nicht egaler sein können. Im Gegensatz zur Mutterserie passiert hier nicht sonderlich viel, weswegen sich die Serie denkt: „Wir brauchen ein paar Cameos!“ und – das ist jetzt kein Spoiler, weil es schon in den Trailern zu sehen war – es tauchen dann erst Alicia Sierra (Najwa Nimri) und Raquel Murillo (Itziar Ituno) auf. Alicia war der große und sehr coole Big Bad der Polizei ab Staffel 3, Raquel war erst Jägerin der Bande und wurde dann später Teil von ihr. Gerade Nimri mochte ich immer sehr, aber sowohl sie als auch Ituno werden hier komplett verschenkt, bekommt nichts zu tun und sind einfach nur anwesend, weil das Drehbuch dann doch ein paar Verbindungen herstellen möchte, die aber nicht gut ausgearbeitet werden.

Der Einzige, den ich von dieser ganzen neuen und alten Truppe wirklich mochte, war Damian, gespielt von Tristan Ulloa. Der ist gut geschrieben, bekommt eine wenigstens gut nachvollziehbare Story.

Und das war’s dann… als Fan von „Haus des Geldes“, der irgendwann aber recht schnell erkennen musste, dass das Pulver verschossen war, muss ich sagen, dass dieses Spinoff nichts taugt. Es ist belanglos und langweilig und hätte Pedro Alonso nicht so ein Charisma hätte ich wahrscheinlich nicht einmal bis zum Ende durchgehalten.

Wertung: 3 von 10 Punkten (hat kein Mensch mehr gebraucht, der Hype ist vorbei)

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