Zärtlichkeit in Zeiten eines Mordes
Park Chan-wook ist wieder da… nach „Die Taschendiebin“ von 2016 war es ja etwas ruhiger geworden um den koreanischen Regisseur geworden. Mit Park Chan-wook verbinde ich einfach persönlich sehr, sehr viel. Sein „Oldboy“ hat mich damals in die Welt des asiatischen Kinos eingeführt und ja auch allgemein einen großen Hype ausgelöst. Aber seitdem bin ich Park Chan-wook treu geblieben und wurde nie enttäuscht. Spannend ist bei ihm aber vor allem seine Entwicklung… nach der großen Rache-Trilogie wurde es langsam etwas ruhiger, aber nicht weniger intensiv in seinen Filmen… und sein neuester Film „DIE FRAU IM NEBEL“ ist der Höhepunkt dieser Sensibilität, die Park Chan-wook neuerdings in seinen Filmen erkundet.
Polizist Hae-joon (Park Hae-il) schläft kaum und arbeitet viel. Seine Frau Jeong-an (Lee Jung-hyun) sieht er eigentlich nur an den Wochenenden, ansonsten steckt er ganz und gar in seinen Ermittlungen. Die bringen ihn schließlich zu einem toten Bergsteiger, dessen genaue Todesursache Hae-Joon nun untersuchen soll, dabei befragt er natürlich auch die Frau des Verstorbenen, Song Seo-rae (Tang Wie)… die den Polizisten in den Bann zieht.

„Die Frau im Nebel“ ist, ohne Übertreibung, der süßeste Film, den ich dieses Jahr gesehen habe… aber natürlich süß auf die Park-Chan-wook-Art, denn es ist gleichzeitig auch der heftigste Film mit dem bitterbösesten Ende, das ich dieses Jahr bislang gesehen habe. Womit auch direkt klar ist, wie gekonnt Regisseur Park hier die Emotionen in der Balance hält.
Erfrischend und faszinierend fand ich ja, dass ich eigentlich eine Art „Whodunnit“ erwartet habe, bei dem es um den Tod des Bergsteigers geht. Doch sehr schnell wird halt deutlich, dass Hae-joon sich schwer verguckt hat und seine Zeit dafür nutzt, Seo-rae zu „beobachten“, erst im Dienste der Polizei, aber eigentlich mehr für sich. Dabei zeigt sich dann auch einmal mehr, was für ein großartiger Regisseur Park Chan-wook ist, der uns nicht einfach nur bloßes Observieren zeigt. Nein… immer wenn Hae-joon seine Verdächtige beobachtet, ist es, als wäre er direkt neben ihr – in der Küche, auf der Couch, neben dem Bett. So entsteht trotz der Entfernung eine unglaubliche Intimität, die aber auch erstmal nur von Hae-joon ausgeht…
Park Chan-wook findet so unglaublich starke Bilder, um diese Anziehungskraft darzustellen, diese beiden Figuren gegenüberstellen und sie dann aufeinander treffen zu lassen. Es ist eines der schönsten Katz-und-Maus-Spiele seit langem… und auch wenn die Gefühle überhandnehmen, bleibt Park kontrolliert und streut hier und da doch immer wieder Zweifel an der Unschuld von Seo-rae. So wird die große Liebe immer wieder auf die Probe gestellt, gerade auch weil Hae-joon zwischendurch natürlich an seine Frau erinnert wird, die ja auch noch eine Rolle spielt.
„Die Frau im Nebel“ ist mehr dramatisch perfektes Beziehungsdrama als Krimi, aber die Krimi-Elemente sind nicht weniger stark. Spannend wird aber auch ein plötzlicher Themen-Wechsel zur Mitte des Films, wo man anfangs ein bisschen das Gefühl hat, der Film würde sich noch einmal wiederholen. Was Park Chan-wook aber macht, ist hier die Perspektive auf diese verzweifelte Liebe zu verändern. Und hier darf ich jetzt nicht mehr zu viel sagen, aber bereitet euch echt auf was vor… denn hier entfaltet „Die Frau im Nebel“ ihre ganze Dramatik und auch Tragik.
Dank seiner beiden Hauptdarsteller Tang Wie (die wunderbar ist) und Park Hae-il (der nicht weniger wunderbar ist) funktioniert dieses perfide romantische „will they, won’t they“ unglaublich gut. Gerade zu Beginn ist der Film auch verdammt witzig, selbstironisch und lockerleicht; findet dann aber auch immer wieder die Spannung der Jagd (sowohl der Liebenden als auch des Polizisten) und haut uns dann am Ende komplett um.
Auch mit seinem mittlerweile schon 12. Film erfindet sich Park Chan-wook noch einmal neu… und das schätze ich auch so an ihm. Kein Film gleicht dem anderen. Selbst die Rache-Trilogie war immer was anderes, auch wenn die Thematik „Rache“ natürlich gleich blieb. „Die Frau im Nebel“ ist vielleicht sein feinfühligster und traurigster Film, bei dem ich genau in diesem Augenblick einen Flashback zum letzten Bild bekomme, der mir einen leichten Schauer über den Rücken laufen lässt… meine Güte…
Wertung: 9 von 10 Punkten (Park Chan-wook hat es einfach immer noch drauf)
Ich glaube hier kann man Mal wirklich die Floskel bringen „Ein Film, wie Hitchcock ihn heute machen würde.“ Absolute Masterclass in Sachen Kamera, Editing, visuelles Erzählen und ein faszinierender Liebesfilm aufbauend auf einen Who Dun It
Oh ja… und ein Film, den Hitchcock geliebt hätte. Kamera und Schnitt gehen hier wirklich meisterlich Hand in Hand.