Airbnb des Grauens
Der letzte gute Horrorfilm des Jahres 2022 ließ lange auf sich warten, kam dann leider nicht mal ins Kino und wird trotzdem fleißig geguckt werden. Denn „BARBARIAN“ von Regisseur Zach Gregger ist ein Film, der euch wütend machen wird, der euch Angst einjagen wird und der euch zum Lachen bringen wird… und das in einer wunderbaren Mixtur, bei der man sich gar nicht entscheiden kann, was man als erstes machen soll. Dabei ist es sehr, sehr, sehr von Vorteil, wenn man im Vorfeld so wenig wie möglich über die Handlung an sich weiß… deswegen werde ich auch so wage wie möglich bleiben.
Weil sie ein Vorstellungsgespräch hat, mietet sich Tess (Georgina Campbell) in einem ziemlich runtergekommenen Vorort von Detroit in ein Airbnb ein. Als sie abends dort ankommt, wohnt aber schon ein anderer Mieter in dem Haus: Keith (Bill Skarsgard, mal ganz ohne Pennywise-Make-Up). Zwar können sich die Beiden irgendwie arrangieren, aber das Gelbe vom Ei ist das auch nicht. Als Tess dann am nächsten Tag auch noch eine mysteriöse Tür im Keller findet, wird’s richtig schlimm…
Mehr darf man nicht wissen. Wirklich nicht. Versucht auch am besten Trailer zu vermeiden, weil da schon Elemente drin stecken, die zu viel verraten könnten. Aber wie redet man jetzt über einen Film, über den man im Vorfeld besser nicht sprechen sollte? Schwierig, aber hoffentlich nicht unmöglich.
„Barbarian“ ist definitiv für Horror-Fans ein Muss, auch wenn er einem einiges abverlangt. Zach Greggers Drehbuch springt nämlich wie schon einleitend erwähnt nicht nur sehr in der Tonalität, sondern auch in der Story hin und her. Das klingt jetzt vielleicht wie ein Kritikpunkt und beim Gucken des Films ist man hier und da auch erstmal verwirrt, aber es ist schon ziemlich clever, wie Gregger hier die unterschiedlichen Fäden am Ende zu einer ziemlich abgefuckten Story zusammenführt. Dabei überwiegt im ersten Augenblick wirklich die Wut… und ich kann es selbst gar nicht fassen, wie oft ich teilweise sehr wütend meinen Fernseher angeschrien habe. Gerade Tess verhält sich nicht so, wie man es erwarten würde. Diese Frau legt eine Gutgläubigkeit an den Tag, die schon an Dummheit grenzt. Sie lässt sich sehr stark einlullen und ignoriert so ziemlich alle Warnzeichen, die es in dieser Situation gibt. Das wirkt anfangs etwas zu konstruiert und ich war immer kurz an diesem Punkt, wo ich dachte: „Komm schon, dieser Film kann doch nicht so dumm sein!“ Ist er auch nicht, es funktioniert als erzählerisches Moment ganz gut, dass man seinen Fernseher anschreit… einfach weil es natürlich auch die Story gut vorantreibt. Denn auf der einen Seite möchte man Tess schon sagen, „Geh einfach nach Hause!“, auf der anderen Seite möchte man schon auch irgendwie wissen, was sich da im Keller hinter der Tür verbirgt.
Dazu kommt, dass Regisseur Zach Gregger wirklich gut zu inszenieren weiß. Er konzentriert sich auf Atmosphäre, Jump Scares gibt es bei ihm kaum. Dafür baut er Spannung mit Hilfe von Bildern und Musik auf. Manchmal ist die Kamera einfach nur statisch und wir warten nur darauf, dass aus einem Bildschirmrand heraus irgendwas springt oder irgendwas im Hintergrund zu sehen ist oder was auch immer. Dazu kommt ein Soundtrack von Anna Drubich, der ein bisschen an die alten Synthie-Soundtracks eines John Carpenters erinnert. Das passt alles wahnsinnig gut zusammen… und wenn wir dann später in die Geheimnisse des Hauses eintauchen, erklärt Gregger nicht sofort alles kaputt… braucht er auch nicht, weil man es sich anhand der Bilder gut zusammenreimen kann. Was einen dann aber überkommt, ist etwas unerwartet, aber auch ziemlich schräg.
Hier sind wir dann an dem Punkt, wo ich einfach aufhören muss – nur so viel vielleicht: Lasst euch nicht irritieren von den wilden Sprüngen des Films und lasst euch einfach ein bisschen auf die Story ein, die ab der zweiten Hälfte etwas absurder wird, als es der „ernstere“ Anfang vermuten lässt. „Barbarian“ funktioniert wirklich gut… die Story ist zwar gefühlt schon tausendmal dagewesen (auch wenn man weiß, worum es geht), aber die Art und Weise wie Gregger sie erzählt, verpasst ihr einen sehr frischen Wind. Dazu kommt ein starker Cast… vor allem mit einer starken Leading Lady in Georgina Campbell.
„Barbarian“ macht wirklich Spaß, ich war wütend, ich hatte Bammel, ich habe gelacht, ich war schockiert. Es ist echt alles dabei… und macht „Barbarian“ zu einem der unterhaltsamsten Horror-Filme der letzten 10 Jahre.
Wertung: 8 von 10 Punkten (einfach gucken, dankt mir später)
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Hallo Sebastian,
ich kann deine Einschätzung leider nur bedingt teilen. Etwa die erste Hälfte des Films ist so, wie du sagst: Atmosphärisch stark, schön gefilmt und mit vielen Fragen, die man – auch dank der guten Darsteller – gern aufgelöst haben möchte.
Wohin sich der Film aber dann in Hälfte zwei und vor allem im Schlussdrittel entwickelt ist teils einfach lächerlich. Nicht nur das wiederholte Verhalten der Figuren, sondern auch die Entwicklung der Geschichte. Der Gipfel der Unverschämtheit, dir Gregger den Zuschauer dann schlucken lassen möchte, ist das absolut hanebüchene Finale. Ich habe selten einen Film erlebt, der nach so einem starken Aufbau so indiskutabel in sich zusammenfällt. Ich habe mich am Ende über die Nummer leider nur noch geärgert. Schön, dass du anscheinend bereit warst über die unzähligen Schwächen der zweiten Hälfte hinwegzusehen und Spaß hattest. Du musst mir mal erzählen, wie du das geschafft hast 😉 Beste Grüße und mach bitte weiter so! Niklas
Ist ja schon diskutabel, ob der Film in sich zusammenfällt oder nicht. Schließlich haben wir ja zwei unterschiedliche Meinungen. Und ich finde halt auch nicht, dass das Finale so hanebüchen ist. Ich habe den Film großteils halt auch einfach dann auf einem absurden Level betrachtet und habe über diese ganzen Entwicklungen auch gut schmunzeln können 😅
Danke für deine Antwort 😊
Klar, ist absolut diskutabel – wie fast jede Meinung zu jedem Film 😉
Ich wünschte, ich hätte ihn auch von einem absurden Blickwinkel aus betrachten können. Ist mir leider nicht gelungen, weil er sich dafür in der ersten starken Hälfte zu ernst nimmt. Aber schön, dass er dir gefallen hat!
Ich kann es aber auch verstehen. Die ersten 30 Minuten sind sehr stark… und danach wird es wirklich etwas gaga 😅 hat ein bisschen was von Malignant 🤣
Ich habe mich leider schon gespoilert, was die grobe Entwicklung angeht und werde ihn daher wohl auslassen. Vielleicht auch nicht? Ah, schwierig.
Spoiler sind natürlich gerade bei dem hier echt blöd… aber so vom Aufbau und der Musik und allem schafft der ne gute Atmosphäre. Gönnt dir den trotzdem mal… es sei denn, dir hat nicht gefallen, was der Spoiler offenbart hat.
Ich habe nur Angst, dass er mir zu creepy/gruselig ist. 🙈
Er ist definitiv sehr gruselig! Das hat gut funktioniert.
Der „Barbarian“ hat sich bei mir irgendwie ganz unerwartet angeschlichen. Plötzlich haben alle auf Letterboxd den geschaut (mit höchst unterschiedlichen Wertungen) und den auf Twitter referenziert. Ich werde mir den wohl aufheben bis zum Horrorctober und hoffen nicht gespoilert zu werden … von daher danke für die vage Review 😉
Immer gerne. Ich hoffe, du schaffst es bis Oktober spoilerfrei zu bleiben. Da erwartet dich dann auf jeden Fall ein sehr interessanter Horror-Film.