Random Sunday #99: Nothing Lasts Forever
Wir sind uns doch eigentlich alle sicher, dass „Stirb Langsam“ einer der tollsten Weihnachtsfilme ist. Für mich ist es zumindest einer dieser Pflichtfilme, der um die Weihnachtszeit einfach geguckt werden muss. Was ich lange Zeit nicht wusste, ist, dass der Film tatsächlich auf einem Buch basiert… und dieses Jahr ist es nun endlich soweit, ich habe mal Roderick Thorps „NOTHING LASTS FOREVER“ gelesen und war schockiert. Warum? Nun ja… lest einfach weiter, aber Vorsicht, es wird ein paar Spoiler geben. Da sich Buch und Film aber in den Hauptpunkten nicht so stark unterscheiden, sollte das zu verschmerzen sein.
Ex-Cop Joe Leland fliegt zu Weihnachten nach L.A., um seine Tochter Stephanie Gennaro zu besuchen. Dafür wird er zum Hauptsitz von Klaxon Oil gefahren, wo seine Tochter arbeitet und wo gerade ein großer Deal gebührend gefeiert wird. Während sich Leland gerade im Bad nach dem langen Flug frisch macht, überfallen Terroristen unter der Führung des brutalten Anton Grubers das Gebäude. Leland kann sich – ohne Schuhe und Hemd, aber wenigstens mit seiner Waffe, in ein anderes Stockwerk retten… und muss jetzt zusehen, wie er gegen die Terroristen vorgehen und vor allem seine Tochter aus dem ganzen Debakel retten kann.
Roderick Thorp schrieb 1966 den Roman „The Detective“, der mit zwei Jahre später mit Frank Sinatra in der Hauptrolle verfilmt wurde. „Nothing Lasts Forever“ ist die Fortsetzung dazu… und ursprünglich wollte man auch das mit Sinatra verfilmen, der lehnte aber ab. Weswegen man sich umentschied, die Rolle Schwarzenegger und Stallone anbot, bevor Bruce Willis dann zu seiner ganz eigenen Version von Joe Leland wurde.
Es ist wirklich sehr spannend, „Nothing Lasts Forever“ zu lesen (zumal man „The Detective“ wirklich auch nicht gelesen haben muss, das Buch funktioniert auch so). Vor allem, weil bei bestimmten Szenen, die man so auch aus dem Film kennt, einfach der Film vor den inneren Augen abläuft. Leland muss barfuß durch die Gegend laufen, wirft Leichen aus Fenstern, um auf sich aufmerksam zu machen, klaut Detonatoren, springt an einem Schlauch vom Dach und liefert sich einen beeindruckenden Showdown mit Gruber. Doch erstaunlicherweise war es das auch mit den Gemeinsamkeiten… okay, fairerweise muss ich noch Al Powell erwähnen, der auch im Buch auftaucht. Ansonsten ist „Nothing Lasts Forever“ doch ein ganz anderer Ansatz, als das, was wir später mit John McClane erleben.
Zuallererst, Joe Leland hat, anders als McClane, so überhaupt keine Angst vorm Fliegen. Im Gegenteil. Er war im Krieg ein Fliegerass und träumt ständig vom Fliegen. Dann wäre da auch noch die Tatsache, dass er eben nicht seine Ex-Frau besucht (die ist im Buch schon vor einiger Zeit gestorben), sondern seine Tochter… was seinen Einsatz nochmal ganz anders im Buch erscheinen lässt (zumal hier auch noch seine beiden Enkelkinder im gleichen Gebäude sind) – Leland kämpft also noch mehr um das Überleben seiner Familie als John McClane. In den Action-Sequenzen ähneln sich beide Cops, aber Thorp geht um einiges brutaler um. Wenn sein Joe Leland sich nach mehreren Stunden mühsam durch das Klaxon-Gebäude gekämpft hat, entlädt er manchmal seine Wut an den Terroristen (zu denen im Buch auch sehr viele Frauen gehören, was man im Film komplett weggelassen hat). Selbst wenn einer von denen tot ist, ballert Leland noch weiter, bis sein Magazin leer ist. Im Buch hat Leland weniger Selbstbeherrschung als ein McClane im Film… aber das liegt wahrscheinlich auch nur daran, dass der Film sonst zu brutal geworden wäre. Diese Brutalität äußert sich auch im Finale… während John McClane seine Frau am Ende retten kann, verliert Joe Leland seine Tochter – und, so scheint es zumindest, auch sein eigenes Leben, obwohl das offen gelassen wird.
Neben der sehr viel höheren Brutalität wird im Buch auch immer noch auf Lelands Vergangenheit als Veteran eingegangen, er trägt sehr viele Schuldgefühle mit sich rum, kämpfte früher gegen Alkoholismus, ist mittlerweile trocken. Joe Leland bekommt sehr viel mehr Tiefgang, sehr viel mehr Charakterzeichnung und wird ein richtig tragischer Held in dieser Geschichte. Das hätte man filmisch auch umsetzen können, aber „Stirb Langsam“ wäre dann ein sehr viel deprimierender Film geworden.
Auch wenn sich Buch und Film von der Story gleichen, hat man doch zwei sehr unterschiedliche und interessante Ansätze, sodass ich tatsächlich sagen muss, dass sowohl Buch als auch Film einfach echt stark sind… und ich hier seit Ewigkeiten mal wieder ein Unentschieden im Kampf „Buch vs. Film“ habe. Was ja auch nicht oft passiert.
In diesem Sinne: „Yippie-Ya-Yay, ihr Schweinebacken“ (so einen Spruch liefert Joe Leland im Buch leider nicht). Habt schöne Weihnachten!