Der Donnergott und seine Ex
Thor Odinson bricht einen Rekord, den es vorher im MCU noch gar nicht gegeben hat. Als erster der Ur-Avenger, die damals in Phase Eins aufgebaut wurden, knackt er die Drei-Solo-Filme-Marke. Iron Man bekam nur drei Filme, Steve Rogers kam nur auf drei Filme… und über den Rest der Avengers brauchen wir ja kaum sprechen. Black Widow hatte ihren nachgeschobenen Film, der ihr nicht wirklich gerecht wurde. Hulk konnte aufgrund der Rechtelage nie wirklich ins Solo-Film-Geschäft einsteigen… und Hawkeye bekam seine eigene Serie (immerhin etwas). Nur Thor hat es jetzt geschafft, einen vierten Film zu bekommen. Ich gestehe, ich habe von Anfang an mit gemischten Gefühlen auf „THOR: LOVE AND THUNDER“ geblickt – weil ich leider vorher einen Blick auf die Comics geworfen hatte und mir danach dachte: Das alles in einem Film ist doch viel zu viel… und leider habe ich doch ein wenig Recht behalten.
Nach den Ereignissen von „Avengers: Endgame“ ist Thor (Chris Hemsworth) mit den Guardians of the Galaxy und seinem besten Kumpel Korg (Taika Waititi) im All unterwegs. Der Bierbauch ist mittlerweile wieder abtrainiert – wir sind vom Dad-Bod zum God-Bod zurück (den Hemsworth dann auch in seiner ganzen Muskulosität präsentieren darf). Doch irgendwann muss Thor merken, dass was nicht stimmt. Mehr und mehr Götter tauchen auf einmal tot auf – angeblich ist ein Typ namens Gorr the God Butcher (Christian Bale) unterwegs im All und wird seinem Namen mehr als nur gerecht. Bei Gorrs Angriff auf New Asgard trifft Thor dann unerwarteter Weise seine Ex Jane (Natalie Portman) wieder, die aber mittlerweile Mjölnir schwingt und sich selbst Mighty Thor nennt. Thor ist verwirrt… aber muss sich mit der Situation erstmal arrangieren, um Gorr aufzuhalten.
„Thor 4“ basiert in weiten Teilen auf dem Comic-Run von Jason Aaron. Der führte erst Gorr ein und erzählte eine grandiose Serienkiller-Story, bei der Thor zu einem Detektiv über Raum und Zeit wird… und später machte Aaron dann aus Jane Foster Mighty Thor – und erzählte dabei eine ziemlich tragische und packende Geschichte. Und schon hier merkt man vielleicht, wo meine anfängliche Skepsis lag… und genau das ist für mich auch der größte Kritikpunkt an „Thor 4“. Das alles ist einfach viel zu viel – und so wird der Film stellenweise zu einem recht unausgegorenen Genre-Mix, bei dem man leider sagen muss: „Weniger wäre definitiv mehr gewesen!“
Fangen wir mal mit Gorr an, den Regisseur Taika Waititi ganz großspurig als den besten MCU-Schurken angekündigt hat. Naja… er hätte es werden können und gerade zu Beginn des Films scheint es auch so zu werden. Mit einer einzigen wirklich absolut fantastischen und vor allem auch emotionalen Szene führt Waititi Gorr ein. Hier zeigt sich dann auch direkt, wie großartig ein Christian Bale in der Rolle ist. Doch danach wird es etwas ruhiger um Gorr. Er bekommt immer noch einige der düstersten Szenen im Film und Bale bleibt weiterhin fantastisch in der Rolle… aber Gorr wird leider zu schnell einfach nur eine Figur über die mehr geredet wird, als dass man sie uns zeigt. Und dabei ist Gorr einer dieser großartigen Schurken, den man sogar nachvollziehen kann, mit dem man auf gewisse Art und Weise Mitleid hat. Das hätte „Thor 4“ viel mehr noch ausbauen sollen… aber so richtig zur Geltung kommt Gorr nur zu Beginn und zum Ende des Films.
Zwischendurch ist „Thor 4“ halt zu sehr mit der romantischen Geschichte rund um Thor und seine Ex beschäftigt. Portman und Hemsworth haben diese Beziehung schon seit „Thor“ wunderbar gespielt und es ist schön, Portman zurückzuhaben. Aber auch hier haben wir das gleiche Problem wie mit Gorr: Das hätte man auch mehr ausbauen können. Gerade Janes Geschichte ist echt wahnsinnig interessant. Warum sie wie zu Mighty Thor geworden ist, hätte einen ganzen Film füllen können. Das vorsichtige Herumgeeiere von Thor, das Aufeinandertreffen mit der Ex – all das liefert zusätzlich guten Stoff, der dem Film gerade auf menschlich-göttlicher Ebene gut tut… aber sobald hier mal eine schöne Szene aufgebaut wird, ist sie auch schon wieder vorbei.
Man hätte sich wirklich zwischen Gorr und Jane entscheiden müssen – meiner Meinung nach. Beides in einem Film ist zu viel des Guten… und so wirkt „Thor 4“ dann einfach überladen. Dazu kommt ein Punkt, den viele schon bei „Thor 3“ kritisiert haben, der für mich erst jetzt mit diesem Film zum Greifen kommt: Mit dem Humor übertreibt es Waititi dann in diesem Film auch manchmal… beziehungsweise passt auch hier wieder die Mischung manchmal einfach nicht: Wir haben sehr coole Gags, dann haben wir aber auch wieder sehr langgezogene Gags und dann haben wir die Art von Gag, die eine eigentlich emotionale Szene irgendwie etwas kaputt machen. Und zwischendrin wird es dann wieder super ernst und düster. Diese Balance zwischen der Gorr- und der Jane-Story gepaart mit Drama, Horror und Comedy gelingt Waititi, den ich sonst wirklich sehr mag, leider nicht wirklich.
„Thor 4“ ist trotzdem auch ein klassischer Waititi-Film, er ist immer noch kreativer als vieles, was wir sonst aus dem MCU gewohnt sind. Ich liebe die ganzen zig Details, die tollen Sets, die Anspielungen und diese Charaktere – nur in diesem Film ist es einfach zu viel… und ich kehre zu meiner ersten Aussage zurück: Weniger wäre in diesem Fall echt mehr gewesen.
Wertung: 6 von 10 Punkten (viele großartige Ideen prallen zusammen und knocken sich dabei gegenseitig etwas aus)
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