Fast and Furious Ambulance
Michael Bay liebt Autos und Explosionen. Darum hat er sich einfach eine erfolgreiche Karriere gebaut, in dem er ständig Sachen in die Luft gehen lässt und mit Autos spielt. Die explodieren natürlich auch gut, können bei ihm hier und da mal sprechen und bescherten ihm eine Menge Geld. Doch aus dem Bereich der sprechenden Autos hat sich Bay nach dem letzten Transformers-Schnarchfest „The Last Knight“ verabschiedet und macht lieber andere Sachen. Sein Netflix-Machwerk „6 Underground“ muss ich noch sehen. Ich hatte mal damit angefangen, aber nach 20 Minuten ausgemacht. Irgendwie ist Bay halt auch einfach anstrengend. Er hat ja ein paar coole Filme gemacht („Bad Boys“, „The Rock“, „Armageddon“ oder „Die Insel“), aber es ist eben auch viel Mist dabei. Umso mehr hat es mich über mich selbst gewundert, dass ich Bock darauf hatte, mir seinen neuesten Film „AMBULANCE“ unbedingt angucken zu wollen.
Ex-Soldat Will Sharp (Yahya Abdul-Mateen II) braucht Geld für eine Operation, die seine Frau dringend benötigt. In seiner Not wendet er sich an seinen Adoptivbruder Danny (Jake Gyllenhaal). Der ist gerade dabei, einen dicken Banküberfall zu planen und könnte die Hilfe seines Bruders gut gebrauchen. Widerwillig lässt sich Will darauf ein, der Überfall beginnt und geht direkt in die Hose. Ein Sondereinsatzkommando unter der Führung von Captain Monroe (Garret Dillahunt) wartet schon auf Danny und seine Crew. Gemeinsam mit seinem Bruder kann der aber entkommen, sie kidnappen einen Krankenwagen, in dem Sanitäterin Cam (Eiza Gonzalez) gerade versucht, einen von Will angeschossenen Polizisten am Leben zu halten.
Das ist auch schon die ganze Geschichte. Michael Bay verschwendet 10 Minuten zu Beginn auf eine kurze Charakterzeichnung seiner drei wichtigsten Charaktere, danach hat er es dann sehr eilig, zur Action überzugehen. Dabei kommen wir dann direkt zu dem, was „Ambulance“ absolut sehenswert werden lässt, aber auch wieder einmal Michael Bays größtes Problem offenbart.
Aber erstmal zum Positiven: Die Action ist der Hammer. Allein das Shoot-Out an der Bank dröhnt volle Möhre durch den gesamten Körper. Das Sounddesign ist der Wahnsinn, die Action ist rasant und spektakulär inszeniert. Vor allem, weil Bay dieses Mal wirklich auf praktische Effekte setzt. Nach dem Shoot-Out in dem Krankenwagen gibt es Verfolgungsjagden zu sehen, bei denen selbst die „Fast and Furious“-Reihe eifersüchtig werden sollte (gerade wenn man bedenkt, was die in ihrem letzten Teil für Mist abgeliefert haben). Mit „Ambulance“ zeigt Bay einmal mehr, dass er Action wirklich gut inszenieren kann. Er lässt uns auch in diesem Film keine Zeit zum Atmen, sondern lässt einfach die Action laufen… zum Glück hat er sympathische und gute Stars, die das dann auch tragen können.
Doch damit kommen wir auch zum größten Problem von Bay: Er lässt einfach keine Zeit zum Atmen. Es ist Action nonstop. Auf der einen Seite ist das echt beeindruckend, aber Bay lässt keine Luft, um die Action-Highlights mal verdauen zu können. Was in jedem anderen Film der große Showdown wäre, ist bei Bay einfach nur ein weiteres Segment. Und kaum ist das vorbei, kommt auch schon direkt das nächste. Es geht einfach immer und immer weiter. So sehr ich Action auch liebe, aber ich brauche zwischendurch einfach auch mal einen kurzen Charakter-Moment. Die sind Bay aber vollkommen egal.
Selbst wenn er mal sowas versucht… und Eiza Gonzalez bei voller Fahrt eine per Zoom angeleitete Operation durchführen lässt, wirkt das mehr albern als ernst.
Dazu kommt, dass Kamera-Mann Roberto De Angelis offensichtlich 10 Espressi zu viel intus hatte und dabei auch noch die Liebe zu Drohnen-Aufnahmen entdeckt hat. Die Kamera steht selbst in Dialog-Szenen nie still. Immer ist Bewegung oder irgendein wilder Schnitt drin. Und wenn das nicht reicht, kommt von irgendwo eine Drohnen-Aufnahme aus dem Nichts, ballert an einer Hausfront entlang – ohne Sinn, einfach nur, weil es cool aussieht. Das strengt aber auch Dauer auch einfach nur an.
Bay wird halt auch in „Ambulance“ einfach Bay. Der ganze Film ist mit über zwei Stunden eigentlich auch viel zu lang für die mehr als dürftige Story und für die viel zu vielen Action-Sachen. Interessanterweise macht Bay aber eine Sache neu: Eiza Gonzalez ist mal nicht das „eye candy“, sondern hat wirklich eine richtige Rolle… was für einen Michael Bay echt eine Neuerung ist. Normalerweise sind die leading ladies bei ihm nur da, um… naja, hübsch auszusehen. Gonzalez wird in „Ambulance“ eigentlich zur scene stealerin. Was echt cool ist. Jake Gyllenhaal hat Spaß daran, mal ein bisschen auszurasten und Yahya Abdul-Mateen II wirkt ein bisschen unterfordert… insgesamt sind die Drei aber echt gut zusammen und bereichern diesen Film dann doch.
„Ambulance“ ist jetzt kein Muss im Action-Bereich, aber wenn man sich dieses Ding anschaut, dann doch unbedingt im Kino. Auf der großen Leinwand und mit ordentlichem Sound ist dieser Film schon irgendwie ein Erlebnis.
Wertung: 6 von 10 Punkten (weniger ist manchmal mehr, das muss irgendwer mal Michael Bay deutlich machen)
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