Das Ältere Blut
Als vor zwei Jahren die erste Staffel von „THE WITCHER“ auf Netflix erschien, war ich ja sofort Feuer und Flamme. Direkt danach besorgte ich mir die Bücher und stürzte mich ins Abenteuer. Doch schon beim Lesen der Pentalogie, der großen Saga rund um Ciri und Geralt, wurde mir bewusst, dass Autor Andrzej Sapkowski hier zwar etwas wirklich Fantastisches geschaffen hatte, das aber in vielen Aspekten auch ein wenig langatmig erzählt wurde. Da wird halt viel durch die Gegend gewandert… und Geralt und Ciri werden ziemlich schnell von einander getrennt und erleben ihre separaten Abenteuer. Jetzt mit STAFFEL 2 der Netflix-Serie zeigt sich, dass die Macher rund um Showrunnerin Lauren Schmidt Hissrich es geschafft haben, die Bücher – zumindest in meinen Augen – noch zu verbessern.
Am Ende von Staffel 1 finden sich ja Ciri (Freya Allen) und Geralt (Henry Cavill). Nun reisen beide gemeinsam nach Kaer Morhen, dem Wintersitz der Hexer, wo Ciri ihre Ausbildung beginnt. Schnell wird aber nicht nur Geralts altem Lehrmeister Vesemir (Kim Bodnia), sondern auch der Zauberin Triss Merrigold (Anna Shaffer) bewusst, dass Ciri etwas Besonderes ist… etwas Besonderes hinter dem eine uralte Macht, der Kaiser von Nilfgaard, aber auch die Zauberer her sind.
Während sich die erste Staffel hauptsächlich an den Kurzgeschichten orientiert hat, geht Staffel 2 direkt in die Pentalogie. Naja, nicht direkt direkt. Die erste Episode ist die „Schöne und das Biest“-Variante von Sapkowski. An sich eine coole Sache, die sich aber etwas fehl am Platze fühlt. Wie ein schneller Einschub, weil man das unbedingt noch erzählen wollte. Der Rest der Season ist dann endlich klarer auf die große Hauptstory ausgerichtet, in der sich dann wirklich alles um Geralt und Ciri dreht. Dabei können dann Henry Cavill und Freya Allen auch wirklich mal zeigen, was in diesen Figuren steckt. Es ist echt toll mit anzusehen, wie die Beiden hier so eine Vater-Tochter-Beziehung aufbauen, wie Geralt sich um Ciri sorgt, wie sie aber gleichzeitig versucht, mehr sein zu wollen wie er. Dabei entsteht dann einfach eine unglaublich starke Dynamik, die in Staffel 2 richtig gut zur Geltung kommt.
Was auch daran liegt, dass beide Figuren durch ihre Hintergrund mehr ausgebaut werden. Wir erfahren schon unglaublich viel darüber, was Ciri so besonders macht. Gleichzeitig tauchen wir aber auch tiefer in die Welt der Hexer ein. Der Anime „Nightmare of the Wolf“ hat da schon tolle Vorarbeit geleistet, aber auch wenn man den jetzt nicht gesehen hat (was ich aber nur empfehlen kann), wird Kaer Morhen und den anderen Hexern sehr viel Platz eingeräumt.
Zusätzlich zu all dem wird auch alles drumherum erweitert. Der Hass den Elfen gegenüber wird als großes kommendes Konfliktpotenzial ausgebaut (und hier gibt es echt ein paar Sequenzen, da bleibt einem kurz mal das Herz stehen und die Serie traut sich echt ordentlich was). Die politische Ränkespiele werden wichtiger und deuten auf ebenfalls viel Potenzial hin, die Story neben Ciri und Geralt noch zu erweitern. Ciri selbst steht dabei aber im Mittelpunkt, was Geralt ebenfalls in all das mit hineinzieht.
Staffel 2 löst sich wirklich von diesem Episodischen aus Staffel 1 und fängt an, so richtig groß und episch zu werden. Dazu kommen die ganzen anderen Charaktere, die wunderbar sind. Was sie hier aus Yennefer (Anya Chalotra) machen, ist unglaublich gut (und ein weiterer Beweis dafür, dass der Ausbau der Vorlage hier wirklich gut gelingt). Die Elfenkönigin Francesca (Mecia Simson) ist schon jetzt eine der spannendsten neuen Figuren in der Serie.
Auch budget-technisch hat man bei Staffel 2 aufgestockt. Die Sets sehen alle etwas imposanter aus, die Action ist mal wieder fantastisch. Die Schwertkämpfe sind der Hammer. Und auch die Monster, die man uns zeigt, sind spannend… aber nicht mehr unbedingt so im Fokus, weil andere Dinge jetzt natürlich gerade wichtiger werden.
Ich hatte mit Staffel 2 echt meinen Spaß. Das Ganze ist einfach sehr aufregend geworden. Sie orientieren sich weiterhin gut an den Büchern, füllen aber auch gekonnt alle Lücken und Löcher, die die Erzählung in den Büchern so hatte. Dadurch atmet „The Witcher“ auch viel Neues und fühlt sich nicht einfach nur wie eine „simple“ Adaption an.
Wertung: 9 von 10 Punkten (kann bitte gerne genau so weitergehen)
Fand die Staffel okay bis gut. Zwei große Probleme hatte ich: die Darstellerin von Ciri, die sich gegen Ende zu viel sichtbare Mühe geben muss, tough zu wirken; und das teils mangelhafte Worldbuildung. Da wird sehr viel angedeutet und mit Namen umher geworfen, aber die großen Zusammenhänge ergaben sich für mich nicht. Hatte Mühe, da durchzublicken
Das mit dem World Building ist aber auch ein bisschen das Problem der Bücher. Da haben sich tatsächlich hauptsächlich die Spiele echt gut geschlagen. Aber ja, das gebe ich dir… wer hier wer und von wo ist, ist wirklich etwas unübersichtlich.
Ist ja auch einfacher in einem Medium, das im wesentlichen über die Erkundung einer interaktiven Welt funktioniert 🙂
Aber ohnehin: Hab über die Bücher sowohl Gutes als auch Vernichtendes gehört. Aber wenn ich von der Serie ausgehe, werd ich von denen wohl Abstand nehmen
Ja, die Bücher sind so lala… das stimmt schon 🙈
Mit der Staffel hatte ich leider so meine Probleme und fand sie eher so mittel. Wie sich die Beziehung zwischen Geralt und Ciri aufgebaut hat, fand ich zwar schön anzusehen und absolut wünschenswert, aber dass aus Geralt plötzlich so eine Vaterfigur mit emotionaler Intelligenz geworden ist, ging für mich gar nicht auf. Klar ist er nicht dumm, keinesfalls, aber Emotionalität Raum zu geben, sich um andere zu kümmern, das war bisher durchaus nicht seine Stärke.
Auch das ewige hin- und her um Ciri fand ich äußerst unspannend und repititiv erzählt. Ständig tappt irgendwer anders im Dunkeln um ihre Fähigkeiten und Abstammung. Auch die Monster fand ich nicht so spannend. Den Lishi(?) total, aber der Drachen-ähnliche war mir zu Sci-Fi angehaucht und die Monster im Finale so generisch. Das schien mir überhaupt nicht zum Worldbuilding zu passen.
Da fand ich andere Aspekte spannender zum Beispiel das Ränkeschmieden unter den Königreichen/Parteien und die Flüchtlingsmetapher. Naja, schließlich ist es nicht nur eine Metapher. Auch die Rolle der Elfen. Oder die Entwicklung von Yennefer, wobei ich finde, dass es ein kleines plot hole ist wie das zum Schluss aufgelöst wurde. Jaskier kam ein wenig kurz finde ich und hoffe, dass das in der nächsten Staffel besser wird.
Ja, kann ich nachvollziehen. Diese emotionale Bindung zu Ciri kommt bei Geralt in den Büchern auch sehr aus dem Nichts.
Ich finde aber, dass sie das in der Serie immer noch etwas besser einführen… und allgemein die Verläufe aus den Büchern besser umsetzen. Was man gerade bei diesen ganzen Intrigen spürt und auch bei der Flüchtlingsdebatte mit den Elfen. Das sind alles Punkte, die im Buch zwar vorkommen, aber nie so gut ausgearbeitet werden.
Ja den Vergleich zum Buch hab ich natürlich nicht. Wobei ich mir das erste schon Mal zugelegt habe. 🙂
Jedenfalls hoffe ich, dass die dritte Staffel sich nicht so zieht. Gerade bei der großen Offenbarung am Ende der zweiten …
Oh ja… und eigentlich können sie es auch nur besser machen als in den Büchern.