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Random Sunday #71: His Dark Materials

30. Januar 2022

Im Vorwort zu meiner Ausgabe von „HIS DARK MATERIALS“ meldet sich Autor Philip Pullman selbst zu Wort und erzählt ein wenig davon, wie sein Schreibprozess gewesen ist. Er redet davon, dass er viele Autoren kennt, die sich genaue Notizen machen, wohin die Reise gehen soll. Pullman selbst sei aber kein Fan von sowas und würde einfach nur drauf losschreiben. So, und das betont er sehr deutlich, überraschte er sich dann beim Schreiben immer wieder selbst, als er merkte in welche Richtungen die Abenteuer der jungen Lyra Belaqua ausschlug. Als ich das so las, hielt ich das für sehr prätentiös und albern… und irgendwie machte es mir ein wenig Sorgen, diese Reihe überhaupt zu lesen. Ich war immer wieder mal an diese Trilogie herangetreten, hatte es dann doch als Young Adult Käse abgestempelt und bin wieder weggegangen. Doch nun hatte ich das Buch in der Hand, wollte mich von diesem komischen Gefasel des Autoren nicht zu sehr beeinflussen lassen und fing einfach mal an. Spätestens als ich nach „Der Goldene Kompass“ den zweiten Teil, „Das Magische Messer“, las, wurde mir aber bewusst, dass Pullman in seinem Vorwort nicht einfach nur Käse erzählt hatte, sondern recht hatte.

„His Dark Materials“ besteht aus drei Romanen: „Der Goldene Kompass“, „Das Magische Messer“ und „Das Bernstein-Teleskop“. Das Ganze beginnt im ersten Roman in einem Oxford, das dem unseren ein wenig gleicht, aber dennoch eine andere Welt ist. Größter Unterschied: Alle Menschen werden von einem Daemon begleitet – ein Tierwesen, das sich der Natur des Menschen anpasst, zu dem es gehört. Hier lernen wir die junge Lyra kennen und ihren Daemon Pantalaimon. Es geht um einen bevorstehenden Krieg in dieser Welt und um eine merkwürdige Substanz, die einfach nur „Dust“ genannt wird. Es geht um die Vormacht einer kirchlichen Gruppierung, um grausame Experimente und um eine lange Reise, auf die sich Lyra begibt, bei der sie (und wir als Leser) Dinge erleben, die einfach nur unglaublich erscheinen.

Das ist mal die unbeeindruckendste Inhaltsangabe überhaupt… aber ich wäre nach drei Seiten noch nicht wirklich fertig, das alles zusammenzufassen. Nur mal so viel, dieser Film „Der Goldene Kompass“, der 2007 mit Daniel Craig und Nicole Kidman und Eva Green und wem nicht noch alles in die Kinos kam, ist nicht einmal das komplette erste Buch. Was eine Schande ist, denn allein „Der Goldene Kompass“ für sich ist fantastisch.

Der Goldene Kompass“ ist an sich noch der Roman, der tatsächlich sehr an einen Fantasy-Jugendroman erinnert. Wir haben eine junge Heldin, die sich auf eine große Reise begibt. Es gibt viel zu entdecken, gerade weil Lyra sich aus ihrer bisherigen Komfortzone begibt. Es gibt faszinierende Charaktere und einen f**king Eisbären mit Rüstung (Iorek Byrnison ist einfach nur großartig und entführt uns in eine spannende Welt der Eisbären und deren Kultur).

Das erste Buch von „His Dark Materials“ baut diese Welt sehr schön auf. Und auch wenn sie vertraut erscheint, wirkt sie gleichzeitig doch sehr fremdartig und faszinierend. Es ist einee greifbare Fantasy-Welt, die uns hier präsentiert wird… und, das muss ich an dieser Stelle sagen, ich finde dieses Konzept des Daemons absolut genial. Ein cleveres und charmantes Mittel, um uns zusätzlich noch einmal die Innenwelt der Charaktere zu offenbaren und diese Welt von Lyra zu etwas Besonderem zu machen.

Gleichzeitig schlägt Autor Pullman aber schon in diesem ersten Roman auch sehr, sehr ernste Töne an. Mal abgesehen vom Finale, in dem es einem wirklich den Atem verschlägt, geht es hier echt um schwere Verluste, um gnadenlose Experimente, bei denen Menschenleben einfach weggeworfen werden, ohne weiter groß darüber nachzudenken. Band 1 endet mit einem ziemlichen Schocker und man merkt schon beim Lesen, dass man hier wirklich mit jedem Kapitel auf eine neue Überraschung warten muss.

Doch das, was Pullman in seinem Vorwort gesagt hat, wird erst so richtig mit Band 2 und 3 deutlich. Band 2 führt ja den Jungen Will ein, der dann auf einmal aus unserer Welt stammt… und auf einmal spielen so Sachen wie Paralleluniversen eine Rolle, auf einmal haben wir es mit einem ganz neuen Charakter zu tun, der für Lyra unglaublich wichtig wird. „Das Magische Messer“ ist gleich ein ganz anderer Roman, hat eine ganz andere Tonalität, wirkt wirklich, als wären wir durch die Seiten in ein anderes Universum gesprungen. Ich war begeistert, fasziniert und verwirrt zugleich, hatte ich doch nicht mit sowas gerechnet.

Pullman behält dabei Erzählerisch das Ruder trotzdem gut in der Hand, verliert seinen Fokus – Lyra und die Suche nach Antworten, was es mit diesem Staub auf sich hat – nie aus den Augen. Gleichzeitig wird seine Erzählung dabei aber immer fantastischer, philosophischer und epischer. Es ist dann wirklich in Band 3, „Das Bernstein-Teleskop“ so, das ich mit dieser Welt von Pullman nicht mehr klarkam – im positivsten Sinne, den man sich hier bitte nur vorstellen mag. Was als vermeintlich kleine Geschichte begann, wird zu einem sehr philosophischen Krieg zwischen Himmel und Erde, wird sehr religiös, wird sehr vielschichtig und so viel komplexer als es der Anfang noch angedeutet hat.

Ich konnte nicht fassen, wie gefesselt ich von „His Dark Materials“ war. Ich konnte nicht fassen, wie sehr ein Pullman es wirklich schafft, gekonnt mit den Erwartungen zu spielen. Jedes seiner drei Bücher schafft das und so entsteht hier beim Lesen ein episches Abenteuer, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte. Gleichzeitig muss ich aber auch sagen, bin ich froh, dass ich das Ganze erst jetzt gelesen habe. Ich glaube als Kind hätte mich spätestens Band 3 dann doch an einigen Stellen zu sehr verwirrt und möglicherweise auch überfordert.

Aber egal… „His Dark Materials“ ist eins der besten Lese-Erlebnisse gewesen, das ich im letzten Jahr hatte. Diese Trilogie ist einfach nur fantastisch – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Diese Welt und diese Charaktere wachsen einem unglaublich schnell ans Herz – und ich bin mir sicher, dass ich das Ganze noch ein zweites und auch ein drittes Mal lesen werden.

Wo ich mir nicht so sicher bin, ist die Frage, ob ich die „Dust“-Trilogie auch noch lesen soll, in der Pullman die Abenteuer von Lyra weiterausgebaut hat… aber wie ich meine Neugierde kenne, wird das schon der Fall sein.

6 Kommentare leave one →
  1. 30. Januar 2022 13:34

    Das freut mich sehr, dass die Trilogie bei dir so gut ankam. Ich fand sie auch fantastisch. Gibt es tatsächlich schon eine zweite Trilogie? Ich hatte nur einmal etwas von einem weiteren Buch mitbekommen, aber mich nicht groß damit beschäftigt. Hmm, vielleicht sollte ich das doch einmal anpacken?

    Kennst du eigentlich die Serienversion? Ich habe noch nicht reingeschaut, bin aber gespannt, wie sie diese Welten umsetzen. Gerade jenseits von „Der Goldene Kompass“.

    • donpozuelo permalink*
      30. Januar 2022 19:18

      Die zweite Trilogie ist die „Dust“-Trilogie… und zwei Bände wurden wohl auch schon veröffentlicht. Sobald Band 3 erscheint, werde ich das auf jeden Fall auch mal lesen.

      Von der Serie habe ich bislang nur gehört… aber die Tatsache, dass sie nur auf 3 Staffeln angelegt ist, stimmt mich schonmal positiv. Ich will sie auf jeden Fall mal gucken.

  2. 3. Februar 2022 16:16

    Ich kenne nur die Serie und die ist tatsächlich ziemlich gut. Visuell beeindruckend (auch der Eisbär ist hier cool ;-)) und die Figuren sind ja eh sehr komplex und voller Wendungen. Staffel 3 steht noch aus, da die bisher noch nicht bei Sky zu sehen war. Aber wenn du die Bücher kennst, ist die Serie sicher auch was für dich…

    • donpozuelo permalink*
      6. Februar 2022 13:00

      Das klingt echt gut. Hab eh schon sehr viel positives über die Serie gehört. Von daher bin ich echt mal gespannt. Wird auf jeden Fall geguckt.

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