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Copy, Paste… Delete!!!

27. Dezember 2021

Als die Wachowskis 1999 „Matrix“ in die Kinos brachten, schrieben sie Action- und Kinogeschichte. Der Film wurde Kult, brachte viele meines Alters dazu, ihre ganze Existenz zu hinterfragen (und sich vorzustellen, wie es wäre, wenn das hier alles wirklich nur eine Simulation wäre) und sah einfach nur fantastisch aus. Es folgten zwei Fortsetzungen, die ich nach erneutem Schauen dann doch besser finde als gedacht (vor allem „Matrix: Reloaded“ ist wesentlich besser als sein Ruf). Doch die große Matrix-Trilogie rund um Computer-Jesus Neo wurde mit „Matrix: Revolutions“ eigentlich zu einem perfekten Ende gebracht. Aber hey… wir leben in einer Zeit, in der Nostalgie über alles gestellt wird. Manchmal funktioniert das ganz gut (wie zuletzt dank „Ghostbusters: Legacy“ und aktuell gerade mit „Spider-Man: No Way Home“ zu sehen ist). Da wollte man sich bei Warner nicht lumpen lassen und spendiert uns jetzt ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte… mit „MATRIX: RESURRECTIONS“.

Thomas Anderson (Keanu Reeves) leidet an merkwürdigen Alpträumen. Sein Therapeut (Neil Patrick Harris) versucht ihm die mit schönen blauen Pillen auszutreiben. Doch das merkwürdige Gefühl in Mr. Anderson bleibt, dass da früher mal was war, was ihm und seinem Leben mehr Bedeutung gegeben hat. Als er in einem Café Tiffany (Carrie-Anne Moss) kennenlernt, verstärkt sich dieses Gefühl nur noch… er meint zu glauben, sich an sein früheres Leben als „The One“ zu erinnern, sicher ist er sich aber nicht. Bis er Bugs (Jessica Henwick) kennenlernt, die ihn tiefer in den Kaninchenbau führt und ihm die Augen öffnet.

Ich weiß gar nicht, wo ich bei „Matrix 4“ anfangen soll. Der Film ist de facto das „Star Wars: The Force Awakens“ für die Matrix-Reihe – nur leider in sehr viel schlechter. Allerdings hatte ich anfangs noch die Hoffnung, dass Regisseurin Lana Wachowski das Ding noch schaukeln wird. Bis zu einem gewissen Zeitpunkt spielt sie hier zu Beginn sehr gekonnt mit dem Konzept von Deja-vu… und in der Matrix wissen wir alle, was das bedeutet. Sie kopiert viele Szenen aus dem ersten Teil, lässt sich ein kleines bisschen anders aussehen, aber dieses Gefühl ist da. Problematisch wird das Ganze nur dann, wenn Wachowski ihren eigenen Zuschauern nicht zutraut, das alles in Einklang zu bringen. Also verkommt sie zum blödesten Trick überhaupt: Sie verwendet einfach direkt Clips aus den alten Filmen. „Matrix: Resurrections“ wird so zu einer Sitcom-Clipshow-Folge, die ich normalerweise überspringen würde. Im Kino geht das nur schlecht… und so muss man alle fünf oder zehn Minuten einen neuen Matrix-Supercut über sich ergehen lassen. Story-telling geht anders.

Was man leider auch für das große Ganze an sich sagen muss. Die Story, warum Neo wieder lebt, warum eine Tiffany so stark an Trinity erinnert, ist leider auch ziemlich lahm. Extrem lahm sogar, wenn man sich noch überlegt, wie sehr die Wachowskis uns mit ihrem ersten Matrix-Film zum Denken angeregt haben. „Matrix 4“ gibt sich da nicht wirklich viel Mühe. Stattdessen kommt auch alle halbe Stunde mal jemand vorbei, der in einer extrem langen Expositionsszene alles noch einmal genau erklärt. Als Zuschauer mal selbst mitdenken, muss man also nicht.

Der Mix aus Altem und Neuen funktioniert leider nur bedingt. Tatsächlich hat „Matrix 4“ ein paar nette Ideen und auch einige interessante Ansätze, die aber nur mal als Schlagwörter fallengelassen werden. Es steckt zu viel gutes Potenzial in diesem Film, was das Ganze umso ärgerlicher macht, weil es einfach nicht genutzt wird.

Besonders deutlich merkt man das an den neuen Charakteren und Schauspielern, die eingeführt werden. Jessica Henwicks Bugs soll ein bisschen die neue Trinity sein. Erfahren wir aber wirklich was über sie? Nein. Sie ist einfach eher ein weiteres Deja-vu. Das Gleiche trifft auf Yahya Abdul-Mateen II zu, dessen Charakter eine extrem faszinierende Geschichte hat, die in fünf Minuten abgefrühstückt wird. Auch Jonathan Groff und Neil Patrick Harris kommen nicht wirklich zur Geltung… aber ohne zu spoilern, kann ich dazu jetzt nicht viel sagen. Die Beiden haben zwar sichtlich Spaß an ihren Rollen, aber auch da steckt mehr Potenzial drin, das von der Matrix direkt in den Papierkorb wandert.

„Matrix 4“ setzt auf Nostalgie ohne Ende und versagt… vor allem wegen einer Sache: Der Kern des Films ist die ach so große Verbindung, die mal zwischen Neo und Trinity bestanden hat. Aber ich fand schon in der Trilogie die Chemie zwischen Keanu Reeves und Carrie-Anne Moss nicht soooo stark. Die Filme hatten früher auch diese Liebesgeschichte nicht wirklich in den Vordergrund gestellt. „Matrix 4“ versucht das jetzt extrem und scheitert daran… zumal ein Keanu Reeves in diesem Film auch einfach nur sehr müde wirkt.

Das Schlimmste habe ich aber noch gar nicht erwähnt. Die Matrix-Trilogie sticht ja auch durch das hervor, woran sich jeder Mensch erinnert: Großartige Action, die grandios in Szene gesetzt wird. In „Matrix 4“ sucht ihr sowas vergeblich. Hier hatte ich eher das Gefühl, Lana Wachowski hat zu viel „Train to Busan“ und „Peninsula“ geguckt… und es dann eher schlecht als recht kopiert. Nichts von der Action bleibt wirklich in Erinnerung… und somit verpufft auch die letzte Hoffnung auf etwas, was „Matrix 4“ noch wenigstens sehenswert macht.

„Matrix 4“ ist eines dieser späten Revivals, das leider einfach überhaupt nicht funktioniert. Der Meta-Humor möchte selbstironisch sein, ist aber einfach nur langweilig. Die Action ist nicht erwähnenswert.  Die neuen Figuren werden schamlos ungenutzt gelassen, die alten sind nur ein müdes Spiegelbild ihrer früheren Ichs und die Story ist schlimmer als jede Fan-Theorie. „Matrix 4“ ist so ein Film, den nun wirklich niemand gebraucht hätte.

Wertung: 2 von 10 Punkten (DELETE, DELETE, DELETE)

13 Kommentare leave one →
  1. 28. Dezember 2021 15:59

    Ich hab den Beitrag mal nur überflogen, weil ich unvoreingenommen in den Film gehen will, aber 2 Punkte klingt ja nicht gut.

    • donpozuelo permalink*
      29. Dezember 2021 06:38

      Ich bin gespannt, wie du den Film bewerten wirst. Ich habe jetzt echt von allen möglichen Seiten sehr unterschiedliches gehört. Der Film spaltet auf jeden Fall sein Publikum

  2. 29. Dezember 2021 21:07

    Puh, das sehe ich alles wirklich komplett anders, außer die Action, die war besonders im letzten Drittel schwach.

    • donpozuelo permalink*
      30. Dezember 2021 07:46

      Ich sag’s ja, der Film spaltet die Fans. Ich fand einfach alles schwach. Da waren gute Ansätze, die aber nie wirklich genutzt wurden. Und dann halt einfach darauf zurückzufallen, ständig alte Clips zu zeigen, fand ich leider echt lahm.

      • 30. Dezember 2021 10:31

        Und ich fand es im Rahmen des Metakommentars gelungen, nicht besonders subtil, aber verständlich.

        • donpozuelo permalink*
          30. Dezember 2021 11:48

          Die Tatsache, dass es eben nicht so subtil, sondern ziemlich hau-drauf war, hat mich schon direkt am Anfang gestört. Da war sich der Film irgendwie in meinen Augen nicht sicher, ob er nun Komödie sein möchte oder nicht….

        • 30. Dezember 2021 12:13

          Matrix war noch nie subtil. Für mich ist der Film zu Beginn eher eine Tragödie, der sich mehr über Filmfans lustig macht, die immer wieder dasselbe sehen wollen und das hat mich sofort abgeholt und Matrix hat durch seine aufgebaute Logikstruktur schon sich geeicht, dass es sich immer wiederholt und wie der Film damit umgeht, empfand ich als äußerst gelungen. Da war mir genug zum interpretieren da, was ich von einem Matrix-Film erwarte.

        • donpozuelo permalink*
          30. Dezember 2021 17:34

          Ist halt die Frage, wie clever es ist, sich über Filmfans lustig zu machen, wenn man sich selbst nichts Neues einfallen lässt. Wie gesagt, wenn es eine Satire gewesen wäre, hätte ich darüber auch lachen können. Aber es wollte ja trotzdem immer noch irgendwo ernst genommen werden… und dafür wiederum war die Story, selbst im Vergleich zu seinen Vorgängern, ziemlich flach. Da hätte mich ja mehr dieser Krieg der Maschinen gegen Abtrünnige interessiert.

        • 31. Dezember 2021 14:28

          Auch hier würde ich komplett widersprechen. Die Trilogie war düster und nahezu hoffnungslos, dieser Film ist deutlich hoffnungsvoller und weit weniger verbittert.
          Ich kann verstehen, dass man damit wenig anfangen kann bzw. will. Aber bei so viel Schrott dieses Jahr, kann ich nicht verstehen, wie man darin einen der schlechtesten Filme des Jahres gesehen.

        • donpozuelo permalink*
          31. Dezember 2021 14:43

          Am Ende wird die Trilogie doch aber auch hoffnungsvoll… dass die Originale düster waren, hat aber in meinen Augen ziemlich gut gepasst.

          Nun ja, ich würde gerne was damit anfangen wollen, das steht hier nicht zur Debatte 😁 es war einfach nicht meins. Erzählerisch und optisch sehr unspektakulär. Wenn der Film nicht die Vergangenheit und damit gewisse Erwartungen hätte, könnte ich ihn vielleicht auch wohlwollender betrachten.

          Aber Geschmäcker sind nun mal verschieden 😁

  3. 8. Januar 2022 18:09

    Danke! Mir ging es genauso, wobei ich ein paar Punkte mehr für die ganz netten Meta-Aspekte und LGBTQ+-Botschaften vergeben habe, die ich tatsächlich sehr lohnenswert fand. Aber der Rest … wie du sagst. Ich habe mir auf Twitter ein wenig Kritik dafür anhören müssen, dass der Film doch total toll sei. Allerdings habe ich auch den Eindruck, dass mein Artikel und meine Beweisführung gar nicht gelesen wurde… social media halt.

    Was mich an Matrix R. am meisten ärgert, ist dass er absolut nicht an das Feeling der Matrix-Vorgänger ansetzt und durch und durch die schlimmsten Befürchtungen über Franchise-Nachzügler bestätigt. Es ist anders als die Vorgänger, viele Charaktere waren nicht mehr für das Sequel zu gewinnen (Score, Darsteller, eine der Regisseurinnen, … Mutmaßung), die Philosophie/der Ton/die Atmosphäre/der Score sind komplett anders und die Begründung für das Sequel sind sowas von dünn … trotz all der offensichtlichen Schwächen gibt es soviele, die den Film so stark feiern. Das ist mir unerklärlich … außer durch eines, was man dem Film anmerkt: er ist für ein ganz anderes Publikum gemacht und bei denen funktioniert es.

    • donpozuelo permalink*
      9. Januar 2022 16:45

      Ja, die Meta Aspekte und Botschaften (von wegen Regenbogen Himmel und so) waren nett, aber einfach so dümmlich platt. Da habe ich mir irgendwie mehr von erwartet, wenn jemand wie Lana Wachowski das macht.

      Ich fand das auch alles sehr dünn, kenne aber eben auch sehr viele, die den wirklich sehr mochten. Ich kann es auch nicht ganz nachvollziehen, freut mich aber für alle, die damit was anfangen konnten.

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  1. Ghostface is back! | Going To The Movies

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