Das wahre Suicide Squad
Endlich habe ich es mal geschafft… mir einen der Klassiker zu Gemüte zu führen, der eben nicht nur Filme wie „Suicide Squad“ und „The Suicide Squad“ inspiriert hat, sondern auch Tarantinos „Inglourious Basterds“ beeinflusste. Und spätestens seit James Gunn wirklich tollem Film wollte ich unbedingt mal das Original dazu sehen, das wahre Original: „THE DIRTY DOZEN“ oder, wie sie bei uns heißen: „DAS DRECKIGE DUTZEND“ – und ja, es ist ein großartiger Film, der dann doch auch irgendwie anders war, als ich es erwartet hatte.
Im März 1944 bekommt der unbeliebte Major John Reisman (Lee Marvin) eine streng geheime Mission. Unter dem Decknamen „Projekt Amnestie“ soll er ein Selbstmordkommando, bestehend aus zwölf Kriegsgefangenen, leiten. Er soll ein kleines Schloss im Norden Frankreichs überfallen, in dem sich zu jeder Zeit zahlreiche ranghohe Nazi-Offiziere aufhalten. Doch bevor es nach Frankreich geht, muss er die zum Tode oder zur Haft verurteilten Gefangenen (darunter Charles Bronson, Donald Sutherland, John Cassavetes und Telly Savalas) erstmal ausbilden und zu einem Team machen – was gar keine leichte Aufgabe ist.
Als ich mit „The Dirty Dozen“ anfing, erwartete ich einen dreckigen Kriegsfilm, der vor lauter Brutalität nur so strotzt. Ich hatte einen Film über dreckige, harte Männer erwartet… aber was ich bekam, war dann doch ein Film, der sehr viel mehr als nur das zu bieten hatte. Denn bei einer Laufzeit von zweieinhalb Stunden hat Regisseur Robert Aldrich ein bisschen Zeit, um dieses dreckige Dutzend in Ruhe aufzubauen… dabei verläuft der Film in etwa so ab wie ich es von Kubricks „Full Metal Jacket“ kannte – erst kommt der Ausbildungsteil und dann die Schlacht. Und die Ausbildung des dreckigen Dutzends nimmt sehr viel Zeit im Film ein… was aber auch echt gut ist. So kommen die Charaktere so richtig zur Geltung und Aldrich kann dem Ganzen sogar noch eine ungewohnte Prise Humor beifügen.
Während der Ausbildung kommen die Darsteller wirklich zur Geltung – allen voran John Cassavetes als Franko, der hier den rebellischen Aufrührer spielt. Er geht die meiste Zeit auf Frontalkurs mit Lee Marvins Major Reisman – und das ist einfach nur großartig. Überhaupt ist Lee Marvin als knurriger Major super in dieser Rolle. Charles Bronson als Wladislaw war aber auch echt stark und ein Donald Sutherland als leicht dümmlicher Pinkley wirkte auf den ersten Blick fehl am Platze zwischen diesen Leuten, fand dann aber auch seinen Platz. Insgesamt ist es echt erstaunlich, wie gut „The Dirty Dozen“ in der ersten Stunde die unterschiedlichen Charaktere ausbaut – ein Clint Walker als sanfter Riese Posey kommt dabei genauso zur Geltung wie der religiöse Fanatiker Maggott – unheimlich gut gespielt von Telly Savalas (und mit unheimlich meine ich wirklich unheimlich, der Typ war gruselig).
Wie schon erwähnt, ist dieser ganze Teil auch mit einer guten Prise Humor versetzt… wenn sich das Team dann auch wirklich als Team in einer Kampf-Übung gegen die Obrigkeit behaupten kann, freut man sich regelrecht mit denen mit – und gönnt ihnen diesen kleinen Sieg gegen die Zweifler und auch das scheinbar sorgenfreie Leben. Denn letztendlich ist das nur ein kurzer Augenblick des „Friedens“, bevor dieses Selbstmordkommando auf Mission geschickt wird.
Diese Mission im Schloss lässt dann echt gut erkennen, woher gerade ein Tarantino seine Ideen hatte. Wenn Wladislaw und Reisman als deutsche Offiziere durch das Schloss laufen, erinnert das schon ein bisschen an Aldo Raine und seine Leute bei der Premiere in „Inglourious Basterds“. Hier erst wird der Film dann wirklich das, womit ich die ganze Zeit schon gerechnet habe: ein dreckiger und brutaler Action-Film, in dem natürlich nicht alles nach Plan verläuft. Im letzten Drittel wird „The Dirty Dozen“ dann wirklich Kriegsfilm, Spionage-Thriller und Action pur – mit tollen Gefechten und starken Momenten, in denen diese Truppe dann leider dem Titel „Selbstmordkommando“ mehr als nur gerecht wird. Aber dank des starken Aufbaus ist man dann auch emotional so bei diesem dreckigen Dutzend dabei, dass einem die einzelnen Tode echt nahe gehen.
„Das dreckige Dutzend“ ist wirklich ein toller Film, der so viel mehr ist als nur ein bloßer Kriegsfilm, der sich Zeit für seine Charaktere nimmt und über zwei Stunden wunderbar unterhält mit einem Mix aus Ernsthaftigkeit, Dramatik und Humor.
Wertung: 9 von 10 Punkten (das wahre Suicide Squad funktioniert auch ohne Riesen-Seesterne)