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Der Jesus verarscht alle…

10. September 2021

Ich liebe „The Big Lebowski“. Das ist für mich wirklich so ein Kultfilm, den ich immer wieder gerne gucken kann. Dieser Film hat mich damals dazu gebracht, unbedingt mal einen White Russian trinken zu wollen. Und wie gerne wäre ich auch in Latschen und Bademantel in die Kaufhalle gegangen, um mir meine Milch dafür zu kaufen… aber das konnte ich nicht. Dafür fehlt mir das Charisma eines großartigen Jeff Bridges, der sowas einfach perfekt kann. In „The Big Lebowski“ gab es ja auch viele, wunderbar schräge Charaktere – von denen besonders der von John Turturro gespielte Jesus Quintana, der seine Bowlingkugel legte und sowohl dem Dude als auch uns unverständlich eines klar machte: „Nobody fucks with the Jesus!“… und wir haben ihm alle geglaubt. Das Problem ist, dass diese Regel für den Jesus nicht gilt. Jahrelang setzte sich Turturro dafür ein, die Rolle von Jesus noch einmal spielen zu können. Er bekam den Segen der Coen-Brüder und machte sich ans Werk… dieses Werk, bei dem Turturro Regie führte, das Drehbuch schrieb und natürlich auch selbst die Hauptrolle spielte, nennt sich „THE JESUS ROLLS“ – und ist eine der größten Verarschungen, die mir in meiner langen Zeit als Filmegucker untergekommen ist.

Jesus (Turturro) wird aus dem Gefängnis entlassen. Sein Freund Petey (Bobby Cannavale) holt ihn ab und gemeinsam begeben sich die Beiden auf eine Reise. Mit welchem Ziel, mit welchem Zweck??? Keine Ahnung. Sie klauen ein Auto von Don Draper, der hier als Friseur in einer kleinen Stadt arbeitet und dabei Petey in die Eier schießt. Bei ihrer Flucht sammeln die Zwei aber noch Marie (Audrey Tatou) ein… mit der sie dann (nachdem Peteys Eier verarztet wurden) viel Sex haben, weil sie noch nie einen Orgasmus hatte. Leider schaffen auch Jesus und Petey das nicht… und so geht der Roadtrip mit Sex und einigen kleinen Überfällen weiter.

WAS… ZUR… HÖLLE… ???

Dieser Film ist 90 Minuten lang und fühlt sich an wie drei Tage. Dabei hat die Story nichts herzugeben. Das Ganze basiert auf einem französischen Skandalfilm namens „Die Ausgebufften“ mit Gerard Depardieu, der wegen seiner vulgären Sprache, den expliziten Sex-Szenen und seinen Moralvorstellungen in den 70er Jahren für Aufsehen sorgte. Das Gleiche lässt sich leider über „The Jesus Rolls“ nicht sagen. Wie es Turturro dennoch geschafft hat, Leute wie Audrey Tatou, Jon Hamm UND Susan Sarandon oder auch Christopher Walken (in einer winzigen kleinen Rolle zu Beginn des Films) davon zu überzeugen, in diesem Film mitzumachen, ist vielleicht die größte Errungenschaft des Films. Alles andere ist einfach nur Müll.

Die Story zieht sich ewig in die Länge, weil es einfach kein wirkliches Ziel gibt. Es wird geredet oder gevögelt – und keines von beidem ist sonderlich gut. War das französische Original vielleicht noch provokant in seiner Sexualität (ich kann es nicht sagen, weil ich es nie gesehen habe), ist „The Jesus Rolls“ in dieser Kategorie lahm wie sonst nichts. Abgesehen von Audrey Tatou, die sich sehr freizügig gibt, passiert nichts in diesem Film, was großartig erwähnenswert wäre. Was ich mich dabei dann immer gefragt habe, ist, ob Petey und Jesus möglicherweise miteinander was haben. Das wird hier und da mal angedeutet, aber nie näher beleuchtet. Sexy ist an diesem Film auch einfach nichts… weswegen man „The Jesus Rolls“ von der Warte her nicht betrachten muss.

Auch die Dialoge sind eher ziemlich ermüdend und nichtssagend – obwohl gefühlt ständig irgendwer labert. Turturro schafft es nicht, ein gutes Drehbuch zu liefern, dass auch nur in irgendeiner Form seiner eigenen Figur gerecht wurde. Jesus war in seinem kurzen Auftritt in „The Big Lebowski“ größer und intensiver als er es in 90 Minuten seines eigenen Films ist. Hier ist er einfach nur langweilig und öde… und abgesehen von einer Szene, in der wir Jesus mal auf einer Bowlingbahn sehen, ist „The Jesus Rolls“ auch nicht wirklich als Spinoff des Coen-Klassikers zu identifizieren.

Kurzum, „The Jesus Rolls“ hält sich für sehr wichtig, ist es aber nicht. Das Ganze ist prätentiöses Nichts, das gerne französisches Arthouse wäre. Dafür fehlt aber einfach das gewisse Etwas… wie zum Beispiel Chemie zwischen den Darstellern, irgendwas Emotionales, das mich an die Geschichte bindet oder einfach nur mal irgendeine Art von Geschichte, die mich dazu bringt, mitzufiebern. Setzen, sechs, Mr. Turturro.

Wertung: 2 von 10 Punkten (kein würdiges Spinoff, kein würdiges Remake [gehe ich einfach mal von aus] – einfach nur Nichts mit Jesus aus „The Big Lebowski“)

2 Kommentare leave one →
  1. 10. September 2021 17:22

    Als ich irgendwann vor Jahren gelesen habe, dass der Film kommen sollte, wusste ich schon, dass, egal was es wird, es sicher nicht gut wird. Als ich dann nach Erscheinen gelesen habe, worum es geht (oder halt auch irgendwie nicht), fühlte ich mich absolut bestätigt.

    Ich muss auch ganz klar sagen: Von all den abgedrehten Figuren in Lebowski ist Jesus der, bei dem ich mir am wenigsten vorstellen kann, einen guten Einzelfilm draus zu machen. Der Charakter funktioniert halt für ne Minute als Gaglieferant und mehr nicht. Das auf 90 Minuten gedehnt ist zum Scheitern verurteilt. Zumal man sich ja ohnehin mal wieder fragen muss, warum das hier ein Spin-Off (und gleichzeitig auch noch ein Remake) sein musste, statt entweder die Verbindung zu Lebowski wegzulassen, weil absolut überflüssig oder zumindest mit dem Charakter etwas eigenes zu versuchen, dass mehr zu der Rolle in Lebowski passt. Ist halt mal wieder die übliche Ideenlosigkeit, die hier scheinbar aus jeder Pore tropft.

    • donpozuelo permalink*
      11. September 2021 18:27

      Absolut richtig. Und ja, gerade Jesus hätte nun wirklich keine weitere Story gebraucht. Da bin ich vollkommen deiner Meinung, für den Gag im Original hat das ausgereicht. Für mehr auch nicht…

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