Die Familie der Schwarzen Witwe
2010 tauchte Scarlett Johansson das erste Mal im MCU auf und sorgte dafür, dass sich „Iron Man 2“ wenigstens ein wenig lohnte. Ich habe den Film vor kurzem noch mal gesehen und ja, er ist zwar nicht ganz sooo schlecht, wie ich ihn in Erinnerung hatte, aber wirklich gut ist er deswegen trotzdem nicht. Justin Hammer a.k.a. Sam Rockwell war super in dem Film und eben Frau Johansson, die als Black Widow damals zwar hauptsächlich als „eye candy“ gedacht war, aber gleichzeitig auch die erste ordentliche bad ass Frau im MCU war, die wir bis dato hatten. Mittlerweile hat sie sich zu einem Avenger gemausert, doch ihren eigenen Film durfte sie bis heute nicht haben. Dass es echt elf Jahre gedauert hat, bis man einer DER leading ladies im MCU einen Solofilm spendiert, ist verdammt traurig. Noch trauriger ist nur die Tatsache, dass dieser „BLACK WIDOW“-Film jetzt a) einfach viel zu spät kommt und b) Black Widow selbst nur bedingt als Abschied reicht.
Nach den Ereignissen von „Civil War“ wird Natasha Romanoff (Johansson) von SHIELD gejagt. Also versteckt sie sich irgendwo im Nirgendwo. Nur ein Informant, der sie zusätzlich mit allem anderen versorgt, was sie so braucht, weiß, wo sie sich aufhält. Der bringt ihr auch ein mysteriöses Päckchen, hinter dem auch ein noch mysteriöserer Kämpfer her ist: Der Taskmaster. Nur mit Mühe kann Natasha dessen Angriff abwehren und ist nun gezwungen, zu ermitteln… sie fängt in Budapest an und trifft hier auf ihre Schwester Yelena (Florence Pugh), ebenfalls eine Agentin des Red Room. Diese Organisation, die schon Natasha zur Killerin machte, sollte es eigentlich nicht mehr geben. Doch das Auftauchen des Taskmasters, der Inhalt des geheimnisvollen Päckchens und Yelena überzeugen Natasha vom Gegenteil. Um gegen diese neue, alte Bedrohung zu kämpfen, braucht Natasha nicht nur Yelena, sondern auch ihre Zieheltern – Alexei (David Harbour) und Melina (Rachel Weisz).
Marvels Phase 4 geht endlich auch im Kino weiter. Nachdem die ja schon durch die Serien „WandaVision“, „Falcon and the Winter Soldier“ und zur Zeit „Loki“ auf den Heimbildschirmen angefangen hat, geht‘s nun endlich auch im Kino los. Doch ist dieser Kinostart ein etwas wackeliger… gerade weil der Film von seiner Tonalität doch arge Schwierigkeiten hat, wie aus einem Guss zu wirken. Vielmehr spürt man auf der einen Seite Marvel, die großes Blockbuster-Kino haben wollen und auf der anderen Seite Independent-Regisseurin Cate Shortland, die versucht, das Ganze auf die Charaktere herunterzubrechen. Und so merkt man beim Schauen ziemlich schnell, dass hier zwei Visionen miteinander duellieren und sich nie so ganz einig werden können.
Die Action ist cool. Es gibt coole Kämpfe, die ein wenig an Mr. Wick und Co. Erinnern – und in denen gerade auch Florence Pugh, die ja bislang im Action-Genre noch nicht wirklich unterwegs gewesen ist, zeigen kann, was sie alles drauf hat. Es gibt coole Verfolgungsjagden, bei denen selbst Ethan Hunt stolz gewesen wäre. Es gibt aber dann auch wieder diese Over-the-Top-Extravaganzen, die den Rahmen des Glaubwürdigen sprengen… und man muss sich dann doch fragen: „Hat Black Widow auf einmal zwischendurch irgendwo Superkräfte bekommen???“. Gerade das Finale explodiert förmlich vor unseren Augen auf der Leinwand und zeigt, dass wir es doch mit einem Marvel-Film zu tun haben: Am Ende muss es groß, laut und noch viel lauter werden. Das ist so Gesetz.
Genauso wie es Gesetz zu sein scheint, einfach keine guten Gegner zu erschaffen. Auch „Black Widow“ leidet extrem unter einem Schurken, der einfach nur langweilig ist. Und sehr vergessenswert. Damit meinte ich aber nicht den Taskmaster. Der ist tatsächlich ganz cool gemacht… nur ist auch diese Figur vorhersehbar ohne Ende, gerade wenn man sich auch andere Schurken in der jüngeren Marvel-Geschichte vor Augen führt.
Das ist halt alles Marvel. Das Übliche halt. Solide gemacht, aber nichts, was nach nunmehr 24 Filmen (wenn wir „Black Widow“ mit einbeziehen) noch irgendwelche Begeisterungsstürme auslösen kann. Dennoch ist „Black Widow“ kein schlechter Film. Die Story ist ein bisschen „James Bond“, ohne die großen Schauwerte, aber die Action ist solide und macht hier und da echt Laune.
Was aber wirklich Laune macht, ist der Teil, an dem man Cate Shortland als Regisseurin merkt, die vorher Charakter-Dramen gemacht hat. Denn die kleine Familie innerhalb von „Black Widow“ funktioniert super. David Harbour als sowjetische Version von Captain America ist super. Wenn der seine alten Tage aufleben lässt und sich in sein viel zu enges Kostüm quetscht, erinnert er schon fast an Mr. Incredible aus Pixars „Die Unglaublichen“. Überhaupt passt der Film ganz gut als Vergleich zur Familiendynamik in diesem hier. Es gibt eine Szene, an der die ganze Truppe – in ihren „Kostümen“ – am Tisch sitzen und in ihre alten Familienmuster verfallen, auch wenn eine von ihnen eine der Avengers gewesen ist und die andere zig Menschen für den Red Room getötet hat. Florence Pugh ist ein toller Neuzugang, die Johansson wunderbar Paroli bieten kann. Ihr schwesterliches Gestänkere ist herrlich und fühlt sich authentisch an. Als würden die das schon immer machen. Auch Rachel Weisz als Mama Black Widow ist toll… und das sind dann die Momente in „Black Widow“, die wirklich Spaß machen.
Hätte man Shortland einfach in diesem Stile weitermachen lassen, gerade auch was die Action und die Story an sich angeht, hätte „Black Widow“ in die Richtung von „Logan“ gehen können: weniger Superhelden-Film, als viel mehr Charakter-Drama. Aber das geht ja nicht… und deswegen fühlen sich diese Familienmomente so fehlplatziert an, wenn sie dann immer zwischen diese großen Action-Nummern gequetscht werden.
„Black Widow“ hätte einfach damals direkt nach „Civil War“ kommen sollen und dann hätte man ein wenig mehr Mut dazu haben müssen, sich auf den Charakter zu konzentrieren. So fühlt sich das Ganze einfach an, als hätte man ein Serie zu Ende geschaut und auf einmal finden die Macher noch eine Episode… naja, kann man nichts machen. „Black Widow“ ist Standard-Marvel-Action-Werk, dem man aber anmerkt, dass es doch so viel mehr hätte sein können.
Wertung: 7 von 10 Punkten (Natasha bekommt einen „okayen“ Abschied… der viel besser hätte sein können)
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Interessant, dass wir auf eine ähnliche Wertung kommen, ich die Mischung aus Action und Charaktermomenten im Gegensatz zu dir aber durchaus gelungen fand. Aber letztlich: Ja, es ist ein Marvel Film, und inzwischen müsste man wissen, was einen da erwartet. In der Hinsicht ordne ich den hier doch unter den besseren ein.
Und wenn du Pugh nochmal in Action sehen willst, sei dir Fighting with my Family empfohlen 😉 (oder hast du den schon gesehen? bestimmt, oder?)
Ja, der Film ist schon nett. Aber irgendwie hätte ich mir für Natashas letzten und Yelenas ersten Film doch ein bisschen mehr gewünscht… naja…
Und nein, den Fighting with my family kenne ich nicht. Kannte Pugh bislang nur aus Midsommar und Little Women.
Dann lege ich dir den wirklich als Herz – Pugh macht als aufstrebende Wrestlerin echt einen guten Job 😉