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Vom Meer ferngesteuert

15. März 2021

Vorschusslorbeeren sind immer so eine Sache. Sie sind mit Vorsicht zu genießen. Nur weil zig Kritiker plötzlich einen Film feiern, muss das noch nichts bedeuten. Ich finde Kritiker-Wertungen immer ganz gut als ersten Überblick, in welche Richtung ein Film so schlägt. Spannender finde ich dann aber doch, wie so ein Film beim Publikum selbst ankommt. Da zeigen sich dann meist doch sehr deutliche Diskrepanzen („Joker“ ist da immer noch ein schönes Beispiel für: bei den Kritikern kommt der „nur“ auf 68%, bei den Zuschauern auf 88%). Rotten Tomatoes zeigt das ja immer sehr schön, weswegen ich da auch gerne nicht nur auf den Score der Kritiker schaue, sondern eben auch auf den der Zuschauer. Letztens wurde mir nun also ein neuer Netflix-Horror-Film empfohlen… basierend auf der Tatsache, dass der von Kritikern auf Rotten Tomatoes eine Wertung von 96% hat. Der Audience Score wurde mir aber verschwiegen… und der liegt (Stand: 13.03.2021) bei 44%. Doch wie gut ist dieses „THE BLOCK ISLAND SOUND“ nun wirklich?

Harry (Chris Sheffield) lebt mit seinem Vater Tom (Neville Archambault) auf der kleinen Insel Block Island, die von einem mysteriösen Fischsterben heimgesucht. Mehrere Tonnen toter Fische werden Tag für Tag an Land gespült. Dass wiederum zieht auch Harrys Schwester Audry (Michaela McManus) auf die Insel, die für eine Umweltorganisation das Ganze untersuchen soll. Doch das Fischsterben ist nicht das Einzige, was mysteriös ist auf der Insel. Harrys Vater scheint unter Blackouts zu leiden, wacht plötzlich allein auf seinem Boot auf und verschwindet irgendwann einfach… nur um das gleiche Leiden dann auf seinen Sohn Harry zu übertragen, der sich komischer und komischer verhält – fast so, als würde ihn irgendwas fernsteuern.

„The Block Island Sound“ hat mich in seinen ersten Szenen stark an das Spiel „Oxenfree“ erinnert. Diese Musik, die Bilder der kleinen Insel, das große Mysterium, das sich uns nicht wirklich erschließt. All das war wunderbar. Und für einen Film, der ein „Sound“ im Titel hat, ist der Sound im Film selbst auch wirklich fantastisch. Gerade Tom und später auch Harry werden in ihren „Blackout“-Moment von einem fantastisch-unheimlichen Sound untermalt, der an ein riesiges Monster erinnert, dass irgendwo im Hintergrund lauert und wartet.

Doch, um das gleich mal vorweg zu nehmen, ein Monster-Film ist „The Block Island Sound“ nicht. Es ist ein kleiner, feiner Gruselstreifen, der es wirklich gut schafft, (anfangs) eine unheimliche und bedrohliche Stimmung aufzubauen. Das gelingt vor allem auch deswegen, weil der Schauspieler Neville Archambault einfach so eine starke Präsenz hat – als wenn er für die Rolle geboren worden wäre. Er sieht in seinen verletzlichen Momenten so klein aus und in seinen bedrohlichen so unglaublich fies und gruselig. Aber auch der Rest des Casts ist wirklich stark… gerade Chris Sheffield, der den Film auf seinen Schultern tragen muss, überzeugt in seiner immer größer werdenden Verzweiflung.

Schauspielerisch und technisch ist „The Block Island Sound“ wirklich stark. Die McManus-Brüder, die hier als Autoren und Regisseure tätig sind, liefern einen durchaus starken Film ab… der aber dennoch ein paar Probleme hat. Was mich extrem gestört hat, war die Tatsache, dass wir so einen Mini-Fox-Mulder auf der Insel haben, der eigentlich schon in den ersten fünf Minuten den kompletten Film spoilert. Seine ganzen Verschwörungstheorien haben vielleicht aber auch auf mich eine besondere Wirkung gehabt, weil ich gerade mal wieder „Akte X“ gucke. Doch sie haben mich halt nicht losgelassen… und der Film will ja auch, dass man miträtselt und Mutmaßungen anstellt.

Hier kommt aber das zweite Problem: Ab einem bestimmten Punkt weiß man einfach, was Sache ist… und dennoch will der Film immer noch so tun, als wäre alles ein großes Geheimnis. Das hat mich dann einfach gestört, weil ich wollte, dass der Film den nächsten Schritt geht. Ich glaube, in diesem Augenblick hat sich der Film für cleverer gehalten als er in Wirklichkeit ist. „The Block Island Sound“ hätte da dann einfach ein bisschen mehr Gas geben und die Story vorantreiben müssen, anstatt so zu tun, als müssen man noch mehr wissen.

Der Film ist nicht schlecht, man kann ihn sich schon anschauen. Ein vermeintliches Meisterwerk darf man nun auch nicht erwarten. Wie schon erwähnt, technisch ist er toll in Szene gesetzt (bei diesem Film war ich das erste Mal so richtig froh, mir vor kurzem eine Soundbar für meinen Fernseher gekauft zu haben), aber erzählerisch hätte ein bisschen mehr Tempo am Ende doch gut getan.

Wertung: 7 von 10 Punkten (atmosphärischer Gruselfilm, der einfach am Ende ein bisschen früher auf den Punkt hätte kommen können)

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