Filmreise Etappe #58: Die amerikanische Königin
Es gibt immer mal wieder Filme, von denen ich glaube, dass sie so absolut nicht mein Geschmack sein werden. So habe ich zum Beispiel nie im Leben geglaubt, dass „Frost / Nixon“ auch nur in Ansätzen für mich interessant sein könnte: Ein Film über ein Interview mit Richard Nixon? Da klingt ein Häkelkurs spannender. Am Ende war ich extrem begeistert von diesem wirklich tollen Film, der es schafft, das trockene Thema so brillant umzusetzen. Ein anderes Beispiel ist für mich „Rush“… warum? Weil ich mich Null für Formel 1 interessiere. Filme über Sport und Politik fasse ich generell nur selten an. Ich will unterhalten werden… selten traue ich diesen Filmen zu, das zu schaffen. Umso überraschter bin ich dann immer wieder, wenn es solchen Filmen dann doch gelingt. Im Rahmen der Filmreise-Challenge wagte ich daher für das zweite Biopic über eine Frau einen kleinen Versuch… ich suchte mir „Jackie“ aus.
Eine Woche nach der Ermordung von John F. Kennedy gibt seine Frau und die einstige First Lady Jaqueline „Jackie“ Kennedy (Natalie Portman) einem Journalisten (Billy Crudup) ein Interview, in dem sie versuchen will, das Erbe ihres Mannes zu würdigen. Dabei redet Jackie auch über den Anschlag in Dallas und alles, was mit ihr danach passierte.

Natalie Portman (Jackie Kennedy)
Ich kenne mich mit der Person Jackie Kennedy kaum aus. Deswegen war ich erstmal skeptisch, was so ein Biopic über die Frau von Kennedy leisten kann. Erstaunlich viel, wie sich herausstellte. Gerade jetzt, wo ich so viele unterschiedliche (und doch sehr ähnliche) filmische Biografien gesehen habe, sticht „Jackie“ schön heraus. Statt das komplette Leben dieser Frau auszuschlachten, beschränkt sich der Film auf die schlimmste Zeit. „Jackie“ ist nur eine Momentaufnahme, aber dafür umso wirkungsvoller. Wenn man vorher nichts über Jackie Kennedy wusste, weiß man nach dem Film biografisch gesehen auch nicht sonderlich viel. Man lernt aber eine Menge über den Menschen Jackie Kennedy… und wie sie in ihrer Trauer und Verzweiflung versucht, einen klaren Kopf zu behalten.
Der Film zeigt uns anfangs eine recht abgebrüht wirkende Kennedy, doch im Verlauf des Interviews wird uns bewusst, was diese Frau durchgemacht hat, wie sie verzweifelt versucht hat, ihren toten Mann in dem Auto zu halten; wie sie verzweifelt versucht, seiner Person nach dem Tod gerecht zu werden. Regisseur Pablo Larrain findet unglaublich starke Momente… besonders beeindruckend dabei eine Szene, in der Jackie gefühlt ihre ganze Gaderobe anzieht und dabei das Lied „Camelot“ von Richard Burton hört. In dieser Szene allein steckt so viel der angestauten Wut, der Verzweiflung und der Trauer einer Frau, die vor unseren Augen zerbricht, aber es für die Öffentlichkeit nicht kann – um zu beweisen, wie stark sie sein kann.
„Jackie“ steht und fällt dabei aber mit seiner Hauptdarstellerin – und Natalie Portman ist einfach nur unfassbar gut. Was allein schon die Kostüme und die Frisur ausmachen, ist gut. Aber Portman verstellt auch ihre Stimme, um dieses flüsternde Reden von Kennedy zu imitieren. Ich habe mir im Nachhinein ein paar Video von Jackie Kennedy angeguckt… und da kann man nur sagen, dass Portman das wirklich gut getroffen hat. Portman porträtiert aber eben auch all die feinen Nuancen der trauernden Frau, die auf sich allein gestellt das würdevolle Begräbnis ihres Mannes auf die Beine stellt.
Die Anlehnung an Camelot, JFK als Arthur und Jackie als Guinevere (die sie angeblich selbst wirklich angebracht haben soll) verarbeitet sowohl der Film als auch Portman sehr gut. Während der Film es wenig subtil mit dem Lied von Burton macht, verstrahlt Portman es subtiler: Ihre Jackie Kennedy ist eine Königin. Ohne jeden Zweifel… sie ist nach außen stark, nur wir als Zuschauer dürfen sie in ihren schwachen Momenten erleben. Was Natalie Portman hier abliefert, ist wirklich Oscar-reif (auch wenn sie den Preis für diesen Film an Emma Stone für „La La Land“ verlor – was jetzt eine ziemliche Schande ist, übertrumpft Portman Stone doch um Welten).
„Jackie“ ist mal die Art von Biopic, das sich nur einen Moment aus dem Leben seiner Porträtierten nimmt… und damit ein gutes Beispiel setzt. Das sollten Biopics häufiger mal wagen. So leiert der Film nicht stumpf das Leben ab und gibt seinen Darstellern mehr Platz fürs Schauspiel und uns als Zuschauern mehr Zeit, sich mehr in die Person einzufinden. Am Ende habe ich mich verbundener gefühlt mit Jackie als mit einem Johnny Cash oder einer Frida Kahlo.
Wertung: 8 von 10 Punkten (Portman liefert eine großartige Performance in einem wunderbar nuancierten Film ab)
Kann ich nur beipflichten, ging mir genauso, auch was meine Zweifel zu Rush und Jackie angingen und ich fand beide richtig gut. Aber ehrlich gesagt hätte ich Jackie vielleicht nie gesehen, hätte ich keine Previewkarten dafür gehabt :)))
Wäre jetzt nicht diese Filmreise Challenge, hätte ich „Jackie“ wohl auch nie geguckt.
Toller Soundtrack und eine überaus überzeugende Natalie Portman (die sicherlich hierfür mit Filmpreisen überhäuft worden wäre, wenn sie nicht ein paar Jahre zuvor schon einen Preisregen für „Black Swan“ erhalten hätte). An viel mehr kann ich mich nicht mehr erinnern, obwohl ich für Politikfilme empfänglicher als du bin (gilt auch für Sportfilme).
Biopics mit ungewöhnlichem Aufbau fällt mir noch „Steve Jobs“ nach Sorkin von Danny Boyle ein, hast du den gesehen?
Stimmt, „Black Swan“ war ja auch noch kurz davor. Aber trotzdem hätte sie es hier nochmal nach Hause bringen können 🤣 Waltz hat es ja auch kurz hintereinander geschafft.
„Steve Jobs“ habe ich noch nicht gesehen. War auch eher so ein Thema, dass mich eigentlich nicht sooo brennend interessiert hat. Aber wenn es mal Biopic in etwas anders ist, werde ich mir das mal auf die Watchlist setzen.
„Jungen“ Frauen gibt man nicht so schnell zwei Oscars (außer Meryl Streep und Hilary Swank), aber in dem Jahr hab ich mich mehr über den Snub von Amy Adams (Nocturnal Animals & Arrival in dem Jahr).
Der Film besteht halt aus drei in etwa gleichlangen Sequenzen, die einen Wendepunkt in Jobs Leben darstellen. Dazu die Dialoge von Sorkin, starkes Schauspiel von Fassbender, Winslet und Co und eine sehr gute Regie von Danny Boyle. Den sollte man Mal schauen.
Stimmt… Amy Adams in Nocturnal Animals war super. Und „Arrival“ war auch großartig.
„Steve Jobs“ werde ich mir definitiv merken!
Amy Adams ist immer großartig, außer in Hillbilly Elegy.
Ist der wirklich so übel? Lese irgendwie überall nur, dass diese Elegie wirklich nichts taugt
Der ist wirklich schlimm
Tja… schade. Der ist doch auch von Ron Howard, oder nicht?
Ja, deswegen konnte ich dieses Fiasko kaum glauben, als ich es sah