Filmreise Etappe #47: Hip-Hop-Romeo und Ballett-Julia
Mir war vor dieser Filmreise gar nicht so wirklich bewusst, wie viele Tanzfilme es doch letztendlich gibt. Also so reine Tanzfilme, in denen es wirklich vorrangig darum geht. Aber all die „Step Up“- und „Street Dance“-Filmreihen sprechen schon sehr dafür, dass dieses Genre durchaus seine Beliebtheit hat und seine Fans findet. Für mich persönlich ist es nur immer eher schwer, mich dazu durchzuringen, mir solche Filme anzuschauen – habe ich doch dieses Vorurteil in meinem Kopf, dass die meist einfach nicht sonderlich gut sind. Weil sie schon in den Trailern einfach wirken wie lange Musikvideos, in denen sich attraktive Menschen zum Beat der Musik räkeln und vielleicht gibt es irgendwo dazwischen noch das Porno-Äquivalent einer Story, die das irgendwie so zusammenhält. Um irgendwas zu finden, was vielleicht doch mehr zu bieten hat, bin ich daher ein wenig weiter in die Vergangenheit gegangen… und bin (auch ein bisschen inspiriert dadurch, dass ich vor kurzem noch einmal „10 Things I hate about you“ geguckt habe) bei Julia Stiles und ihrem „Save the last dance“ gelandet.
Ballerina Sara (Stiles) verliert ihre Mutter bei einem schrecklichen Autounfall – für den sie sich die Schuld gibt, da ihre Mutter sich beeilte, zu ihrem Vortanzen an der Juilliard zu kommen. Nun ist Sara gezwungen, zu ihrem Vater (Terry Kinney) nach Chicago zu ziehen. Hier geht sie an eine vorwiegend von schwarzen Schülern besuchte Schule, die natürlich in einem Problembezirk liegt. Sara freundet sich mit Chenille (Kerry Washington) an und lernt dadurch deren Bruder Derek (Sean Patrick Thomas) kennen. Dem kommt sie dann auch näher – vor allem, als er ihr Hip Hop Tanz beibringt. Doch Dereks Zeit mit Sara ist vielen ein Dorn im Auge, auch seinem kriminellen Freund Malakai (Fredro Starr).
„Save the last dance“ bürdet sich ziemlich viel auf und bricht unter der Last leider ein. Zum einen haben wir Saras dramatische Geschichte. Die wird in einer kurzen Montage zu Beginn des Films mal eben runtergeleiert und danach ist sie einfach das kleine, traumatisierte, arme, weiße Mädchen, das in einer neuen scheinbar bedrohlichen Umgebung klar kommen muss. Das entfremdete Verhältnis zu ihrem Vater ist einfach nur ein trauriges Klischee und trägt nie wirklich was zur Geschichte bei – es ist nur das Alibi dafür, dass Sara eben das wunderbare Kleinstadt-Leben gegen das gefährliche Stadt-Leben eintauschen muss.
Zum anderen versucht sich „Save the last dance“ auch daran, die Geschichte von Derek und seiner Schwester aufzuzeigen. Beide wachsen unter schweren Bedingungen auf. Sie ist eine junge Mutter, er wird durch seine Umgebung ins kriminelle Milieu geschoben, obwohl er eigentlich unbedingt Arzt werden möchte. Noch mehr als bei Sara badet der Film mit Chenille und Derek in oberflächlichen Klischees. Wirklich ausgefeilte Charakter-Entwicklungen gibt es hier nicht… und auch wenn der Film die deutlich schlimmeren Probleme seinen schwarzen Charakteren zumutet, wird alles immer durch Saras Anwesenheit relativiert.
Ich glaube, „Save the last dance“ wäre eigentlich besser zwei Filme gewesen. Ein Film über Derek und einer über Sara. Der Mix, der dann halt wirklich versucht, sich ein wenig Inspiration bei „Romeo und Julia“ zu holen, geht nie so ganz auf… was schade ist, da der Film in beiden Handlungssträngen Potenziale verstreichen lässt.
Auch die Tanzeinlagen sind dann meist nicht sooo sonderlich interessant. Die Trainingsmontagen zwischen Derek und Sara liefern leider nie wirklich sehenswerte Moves. Wenn ich so überlege, was richtig gute Hip-Hop-Tänzer so drauf haben, ist „Save the last dance“ nur ein müdes Zur-Kenntnis-Nehmen der Möglichkeiten. Einzig und allein Saras letzter großer Tanz, der dann Elemente aus Ballett und Hip Hop vereint, ist irgendwie ganz nett. Aber als Tanzfilm hätte „Save the last dance“ einfach mehr bieten müssen.
Immerhin hat der Film das Glück, dass Julia Stiles irgendwie perfekt in diese Rolle des schüchternen Ballerina-Mädchens passt, die mit ihren großen unschuldigen Rehaugen wie verloren wirkt. Sean Patrick Thomas liefert in diesem Film dann doch die stärkste Performance ab, da sein Hip-Hop-Romeo ja doch ein paar mehr Höhen und Tiefen durchlaufen darf.
Trotzdem: als Tanzfilm bietet „Save the last dance“ zu wenig eindrucksvolle Tanzsequenzen, als Teenie-Romanze ist die Liebesbeziehung zu gestellt und als Drama lässt der Film zu viele gute Möglichkeiten einfach fallen, um seinem MTV-Publikum gerecht zu werden.
Wertung: 4 von 10 Punkten (aus dem Stoff hätte man mehr machen können)