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Die Sorgen der kleinen Frauen

3. Februar 2020

Louisa May Alcotts Roman „Little Women“ erschien in den späten 1860er Jahren. War ein Erfolg, den sich Hollywood nicht entgehen ließ. Schon 1917 wurde der Stoff das erste Mal verfilmt, danach folgten weitere Adaptionen. Jetzt wagt sich die gefeierte Drehbuchautorin und Regisseurin Greta Gerwig an die Geschichte der March-Schwestern… und liefert die mittlerweile siebte Verfilmung. Und normalerweise bin ich für diese Verfilmungen alter Klassiker irgendwie nicht so zu haben, doch bei „Little Women“ war schon der Trailer irgendwie erfrischend anders. Das wirkte alles nicht so angestaubt und trocken, sondern nach etwas, dass durchaus interessant sein könnte. Mein Gefühl beim Trailer hat mich nicht getäuscht – „Little Women“ ist wirklich einfach nur ein toller Film.

Jo (Saoirse Ronan) lebt mit ihren Schwestern Meg (Emma Watson), Amy (Florence Pugh) und Beth (Eliza Scanlen) in einem kleinen Örtchen, wo sie gemeinsam mit ihrer Mutter (Laura Dern) auf die Rückkehr des Vaters aus dem Bürgerkrieg warten. Die vier Schwestern könnten alle nicht unterschiedlicher sein und jede hat so ihre eigenen Sorgen im Alltag. Während Meg nichts mehr daran gelegen ist, als zu heiraten, sieht Jo darin keine Erfüllung. So bemerkt sie auch nicht die Allüren, die ihr der junge Laurie (Timothee Chalamet) macht. Ihrer anderen Schwester Amy fallen die jedoch auf, ist sie doch heimlich verliebt in den Jungen.

Es ist irgendwie ein wenig schwierig, die Story von „Little Women“ kurz und knackig aufzuschreiben, ohne sie irgendwie öde wirken zu lassen. Vielleicht sollte man einfach sagen, es ist die Coming-of-Age-Story. Ich habe keinen Vergleich zum Buch, aber Greta Gerwig schafft es scheinbar mühelos, präzise die einzelnen Sorgen und Probleme der Mädchen zu porträtieren und so ein Bild einer Welt zu erzeugen, die für junge Frauen nicht einfach gewesen ist. Die ihnen genau vorgegeben hat, was sie zu denken hatten… Dabei sind die vier Frauen, die wir hier erleben dürfen, wunderbare, eigenwillige Charaktere mit ihren eigenen Ambitionen, die aber oftmals von den anerzogenen Wertevorstellungen unterdrückt werden: Meg will heiraten und sieht darin die Erfüllung – ist ein gutes Mädchen. Jo wird als wild bezeichnet, weil sie ihren eigenen Kopf durchsetzen will.

Greta Gerwigs „Little Women“ gehen clever mit diesen Themen um, erfüllen das Ganze mit einer Leichtigkeit und zugleich einer Dramatik, wodurch das Filmerlebnis wirklich eine kleine Achterbahn der Gefühle wird. Man lacht, man weint (oh ja, und wie man weint), man fiebert mit, ist gespannt, schockiert – um es mal so zu sagen: „Little Women“ ist der perfekte Coming-of-Age-Film, der sich eine alte Vorlage nimmt, diese aber einfach zeitlos wirken lässt.

Die Darstellerinnen sind durch die Bank einfach nur großartig: Saoirse Ronan ist ein Wirbelwind, der sich einfach nicht stoppen lässt. Florence Pugh setzt nach „Midsommar“ ihren Siegeszug weiter fort und liefert eine feinfühlige Performance ab. Emma Watson schwächelt bei diesen beiden ein wenig, hat aber auch die vielleicht „uninteressanteste“ Rolle – verkörpert sich doch mehr oder weniger den braven Standard, diejenige, die sich sofort auf eine Ehe einlässt. Eliza Scanlen spielt die kranke Beth und steht noch mehr im Hintergrund als Watson, schafft es aber auch einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Timothee Chalamet hat mir hier sogar ein bisschen besser gefallen als in „Call me by your name“… und Laura Dern ist eine tolle und sehr weltoffene Mama.

Greta Gerwig liefert einen Kostümfilm, der sich nicht wie einer anfühlt. Ich kann es nicht anders beschreiben. „Little Women“ fühlt sich modern an, ist wunderschön, feinfühlig und vielschichtig erzählt. Gerwig lässt nichts aus, verliert sich nicht zu sehr im Kitsch und gibt ihren kleinen Frauen Platz, um sich voll und ganz zu entfalten… und so versinkt man selbst in dieser Geschichte. „Little Women“ ist der perfekte Ausbruch aus der Normalität – in eine Welt, in der wir einfach alle Emotionen, alle Gefühle durchlaufen… ein großartiger Film, ein wunderschöner Film.

Wertung: 10 von 10 Punkten (von sowas gerne mehr)

7 Kommentare leave one →
  1. 4. Februar 2020 20:11

    Huch, ich bin überrascht, hat doch meine Dramafilm-Koryphäe den Film nur mittelmäßig gemocht.
    Hm muss ich ihn wohl doch gucken :))

    • donpozuelo permalink*
      4. Februar 2020 21:19

      Hahahaha… musst du dann wohl machen. Aber ich bin ja auch nicht deine Dramafilm-Koryphäe 😅 vielleicht hat die ja auch Recht…

  2. 4. Februar 2020 22:41

    Boah, volle Punktzahl? Oioioi… Also ich mochte ihn ja auch, wie du gelesen hast (und allem voran die Leistung von Pugh, die einfach nur der Wahnsinn ist – so viele verschiedene Gesichtsausdrücke von einer Person im selben Film – das habe ich selten gesehen). Aber ich hatte doch so meine Probleme beim Tempo und in der zweiten Hälfte alle paar Minuten auf die Uhr geguckt. Leider dann doch etwas zäh und vielleicht eher ein Film für zu Hause…

    • donpozuelo permalink*
      6. Februar 2020 17:44

      Ich war durchweg gut unterhalten. Auf die Uhr geguckt habe ich tatsächlich nicht. Ich dachte zum Ende hin auch bei mehreren Szenen „Oh, jetzt ist bestimmt Schluss“, aber das es dann noch weiterging, störte mich dann nicht 😄

  3. 12. Februar 2020 17:25

    Ganz schön euphorisch…

    • donpozuelo permalink*
      12. Februar 2020 20:15

      🤣🤣🤣 ja, das ist wohl so… 🤣🤣🤣

Trackbacks

  1. 2020 | Going To The Movies

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