Der Weiße Wolf
Den Monsterjäger Geralt von Riva kannte ich eigentlich nur aus dem PS4-Spiel „The Witcher 3: Wild Hunt“. Das fand ich auch cool, aber so richtig gepackt hatte mich das Hexer-Fieber da noch nicht. Als es dann hieß, Netflix würde eine Hexer-Serie bringen, war ich skeptisch. Das erste Bild von Henry Cavill, der Geralt spielen sollte, sah eher merkwürdig aus: Dieses weiße, lange Haar, das wie eine schlechte Perücke der Khaleesi aussah, half nicht gerade. Als es dann hieß, die Serie wäre keine Verfilmung des Spiels, sondern basierte auf den Büchern, wurde mir erneut bewusst, dass es da ja noch diese Bücher des Polen Andrzej Sapkowski gibt. Doch auch da konnte ich mich noch nicht dazu hinreißen lassen, mir die Bücher zu holen. Nachdem ich aber kurz vor Weihnachten dann an einem Tag die komplette erste Staffel von „The Witcher“ durchgesuchtet hatte, musste ich mir einfach die Bücher besorgen… und seitdem bin ich endlich im Hexer-Fieber. Denn: Die Serie ist der Hammer!
Das König Cintra wird von der Armee Nilfgaards angegriffen. Als sich die tapfere Königin Calanthe (Jodhi May) geschlagen geben muss, sorgt sie dafür, dass ihre Enkelin Cirilla (Freya Allan) die Flucht gelingt. Das junge Mädchen soll den Hexer Geralt (Cavill) finden. Der ist ein herumwandernder Monsterjäger, der sich für Geld um alle möglichen Ungeheuer kümmert, die das Land unsicher machen. Der trifft auf seinen Reisen nicht nur auf den Barden Jaskier (Joey Batey), sondern auch immer wieder auf seine einzig wahre große Liebe, die Zauberin Yennefer (Anya Chalotra).
Die erste Staffel von „The Witcher“ ist eigentlich ziemlich interessant aufgebaut: Sie besteht aus drei verschiedenen Handlungssträngen, die sich immer wieder überschneiden, die aber teilweise auch zeitlich von einander getrennt sind. Das kann anfangs bei einigen Episoden zu einer leichten Verwirrung führen, insgesamt hält die Serie aber dennoch alles verdammt gut zusammen. Dabei stürzt sich „The Witcher“ noch nicht einmal auf die eigentliche, 5 Bände umfassende Hexer-Saga, sondern konzentriert sich nur auf die beiden Kurzgeschichten-Bände „Der Letzte Wunsch“ und „Das Schwert der Vorsehung“. Wie diese beiden Bände, so dient auch Staffel 1 der Serie erst einmal nur dazu, diese Welt und die Charaktere aufzubauen.
Da hätten wir die Geralt-Story, die man am besten als „Monster of the Week“-Episoden beschreiben könnte. Er taucht auf und findet ein neues Monster, gegen das er kämpfen muss. Er ist unser stiller Held, aber einer, der sich sehen lassen kann. Und damit meine ich jetzt nicht den durchtrainierten Superman Cavill, sondern tatsächlich eher seine Action-Sequenzen. Cavill ist zum ordentlichen Schwertmeister geworden und die Kämpfe sind mehr als nur beeindruckend. Brutal, schnell und effizient schlachtet sich der Hexer durch seine Gegner – das ist aufregend inszeniert, das ist gewalttägig, ohne dabei voyeuristisch zu werden. Ob gegen Menschen oder gegen Monster (die sich übrigens auch sehen lassen können) – wenn Geralt in Aktion tritt, geht es ordentlich rund.
Die zweite Story ist die der Zauberin Yennefer. Diese Geschichte ist noch interessanter als die von Geralt. A) Weil sie sich für die Serie neu ausgedacht wurde und wir ein bisschen mehr von der Origin der Zauberin zu Gesicht bekommen! B) Weil sie eine stringentere Story hat und wir ihren Weg klarer verfolgen als den von Geralt. Yennefer ist eine Frau auf der Suche nach Macht – aber nicht um mächtig zu werden, sondern um sich einen sehnlichen Wunsch zu erfüllen. C) Weil wir durch sie ein wenig mehr von der Politik und Gesellschaft in dieser Welt erfahren. Kurz gesagt: Yennefers Charakter wird weitaus stärker ausgebaut als der von Geralt – dazu kommt, dass Anya Chalotra eine tolle und talentierte Darstellerin ist, die in dieser Rolle sehr aufgeht.
Die dritte Story ist dann das, was der eigentliche rote Faden sein wird: die Geschichte von Ciri. Hier erlaubt sich die Serie Anfänge der Hexer-Saga aufzugreifen… wird Ciri doch später (so viel weiß ich zumindest schon) Dreh- und Angelpunkt der Hauptgeschichte. Ihre Story ist noch nicht so groß, aber dennoch ausreichend, um uns in ihre Gefühlswelt eintauchen zu lassen und zu wissen, dass sie etwas Besonderes ist.
Staffel 1 von „The Witcher“ macht wirklich alles richtig: Es ist die richtige Portion Anteasern von den großen Dingen, die da noch kommen werden. Es ist die richtige Menge an Fantasy: Magie, Monster und mystische Orte. Es ist der richtige Umgang mit der Action und – auch sehr wichtig – dem Humor (denn ja, man darf auch an der ein oder anderen Stelle schmunzeln). Mit „The Witcher“ könnte Netflix wirklich der große Wurf gelungen sein, wenn sie es jetzt weiterhin richtig machen. Immerhin (um diesen kleinen Seitenhieb auf „Game of Thrones“ machen zu dürfen) ist die Vorlage zur Serie abgeschlossen und liefert alles, was man braucht, um gut weitermachen zu können. Ich bin auf jeden Fall jetzt schon heiß auf Staffel 2… lese aber erst einmal brav die Bücher!
Wertung: 9 von 10 Punkten (toller Auftakt für ein spannendes Fantasy-Spektakel)
Trackbacks
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Habe gestern endlich die finale Folge geschaut und finde die Serie leider nicht gut. Es gibt 3, vielleicht 4 gute Folgen (vor allem die erste war stark), aber dann baut sie doch arg ab. Die zeitliche Struktur ist ein einziges Chaos (interessante Idee, es nicht chronologisch zu erzählen, aber hier sorgte das, wie du schon geschrieben hast, für große Verwirrung). Die Etablierung der Orte, Figuren und Konflikte ist ziemlich oberflächlich – hätte ich das zweite und dritte Spiel nicht gespielt, wäre ich vermutlich überhaupt nicht hinterhergekommen. Das gesamte Setdesign und die Effekte reichen nicht an das Niveau vergleichbarer Serien heran. Und so sehr ich Potential in der Figur der Yennefer sehe, so grausam ist das Schauspiel der Darstellerin. Statt genervt-cool, wirkt sie wie eine Teenie-Göre, der alles am Arsch vorbei geht. Aber na ja, ich fand ja auch das dritte Spiel extrem overhyped. Immerhin die Atmosphäre hat mir gefallen.
Bei dem dritten Spiel gebe ich dir sogar ein wenig Recht. Klar, es hat Spaß gemacht und sah gut aus… aber viele sahen ja da irgendwas total Revolutionäres drin. Keine Ahnung, was…
Die Serie mochte ich und kam auch so ganz gut klar mit den Orten und Figuren. Ich hoffe sehr, dass es in Staffel 2 dann aber ein wenig weg geht von dieser Monster of the Week Nummer…
Ich lese ja jetzt gerade die Bücher… da steckt noch gutes drin. Und lässt mich sehr hoffen.
Anya Chalotra als Yennfer mochte ich sehr 😅
Das Spiel war ja vor allem quantitativ ein Wucht. Und auch erzählerisch gab es einige gute Momente, das will ich ihm nicht absprechen. Aber spielmechanisch gab es doch so einige Probleme, etwa das grauenhafte Kampfsystem, dass wie Dark Souls sein wollte, aber nicht mal ansatzweise dessen Klasse erreichte.
Habe mich damals durch die Hauptstory gekämpft – und dann kam der erste DLC, dessen 5 Stunden viel besser waren, als alles, was ich in den 80 Stunden zuvor erlebt hatte 😅
Echt? Das DLC habe ich schon nicht mehr gespielt… aber ja, das Kampfsystem war wirklich echt anstrengend. Vor allem das Ausweichen und überhaupt… 😀
Ooops, echt? 9 Punkte? Ich meine Cavill kann echt heiß sein, manchmal spielt er auch passabel, aber mit blonder Langhaarperücke? :))
Zur Zeit habe ich kein Netflix aus Selbstschutz, aber wenn es wieder aktiviert ist, werde ich mal einen Blick riskieren :))
Kein Netflix aus Selbstschutz? Was bedeutet das? 😅
Ich betrachte Cavill jetzt nicht nach Hotness, aber er ist echt gut in der Serie.
Ich kann nicht meine ganze Freizeit vor der Glotze sitzen und nur vier Stunden am Tag schlafen :)) Es gibt so viel Serien und Filme, die ich noch sehen will und jetzt konzentriere ich mich auf Amazon Prime.
In der Serie sieht er k@cke aus :))
Ja. Das Serienproblem kenne ich. Ich komme auch kaum nach… 🙈 ich bräuchte ein zweites Leben nur dafür 😅
Und zu Cavill… ach naja, würde ich jetzt nicht sagen. Aber gut 😄