Der furzende Peniskompass
Louis CK hat einmal bei Jon Stewart sehr schön zusammengefasst, warum Fürze witzig sind. Punkt 1 – sie kommen aus unserem Hintern. Punkt 2 – sie riechen merkwürdig. Punkt 3 – sie machen ein lustiges Trompetengeräusch. Allein wegen Punkt 3 möchte ich ihm schon recht geben und auch wegen dem weisen, weisen Spruch, den CK dieser (intelligenten) Ausführung folgen lässt: „Man muss nicht clever sein, um über Fürze zu lachen, aber man wäre schön dumm, wenn man es nicht tun würde!“ Und Fürze – gerade in Filmen – werden ja immer gerne verwendet, um für eine gewisse Komik zu sorgen, denn Fürze sind witzig. Natürlich nicht immer – vor allem, wenn sie irgendwie falsch angewendet werden, aber in vielen, vielen Fällen können Film-Fürze sehr witzig sein. Wie ich jetzt auf dieses tolle Thema komme? Nun, durch einen nicht weniger tollen Film, bei dem es sehr viel um Fürze geht: „Swiss Army Man“ – ein Film, der quasi schon vor seinem Erscheinen für Furore sorgte, weil es viel um Fürze geht. Genauer gesagt, um einen Daniel Radcliffe, der eine Leiche spielt, der ständig und auf sehr geräuschvolle Weise die Gase entweichen.
„Swiss Army Man“ erzählt die Geschichte des auf einer einsamen Insel gestrandeten Hank (Paul Dano). Eines Tages, Hank will sich eigentlich gerade von seinem Leid erlösen, wird ein Körper an den Strand von Hanks Insel gespült – nur leider ist der Mann schon längst tot…. und leidet unter starkem Gasaustritt. So extrem, dass Hank ihn als Jetski verwenden kann, um von seiner Insel an einen anderen, aber nicht weniger einsamen Ort zu gelangen. Manny (Radcliffe), wie Hanks neuer, toter Gefährte heißt, erweist sich schon bald als wahres Schweizer Taschermesser von einer Leiche. Er fängt nicht nur irgendwann an, mit Hank zu reden, sondern ist auch in vielen anderen Dingen nützlich – unter anderem halt auch als Peniskompass.

Sitzen nen Typ und ne Leiche im Wald…
Die Regisseure und Drehbuchautoren Daniel Scheinert und Daniel Kwan haben mit „Swiss Army Man“ den Film mit der vielleicht skurrilsten Prämisse gedreht. Eine Leiche als Allzweckgerät – warum auch nicht? Allein schon die Idee klingt gut genug, hätte aber auch unter den falschen Regisseuren zur Vollkatastrophe werden können. Aber die Daniels wuppen das Ding – und das auf eine Art und Weise, die ich nie für möglich gehalten hätte. Klar, auf der einen Seite ist „Swiss Army Man“ eine absolut herrliche, wunderschön absurde Komödie, die halt unter anderem von sehr viel Furz-Witz lebt. Wirklich… ich weiß gar nicht, wie ich das schreiben soll, ohne wie ein komplettes Kind zu klingen, aber das war teilweise schon echt sehr, sehr lustig. Fürze in allen Tonlagen, Fürze im Takt des Wanderns, Fürze, Fürze, Fürze…
Bevor ihr jetzt aber denkt, Fürze wären wirklich das einzig Komische an „Swiss Army Man“ – ich kann euch beruhigen, der Film hat noch mehr und noch andere Lacher zu bieten. Da wäre halt unter anderem Radcliffe als Multifunktionsgerät, Radcliffe als steife Leiche, die auf ruppige Art und Weise durch die Wildnis geschleppt wird, da wäre ein verzweifelnder Dano, bei dem wir irgendwann schon gar nicht mehr wissen, ob er einfach nur verrückt ist oder ob die Leiche nicht vielleicht doch redet. „Swiss Army Man“ hat viele herrlich chaotische Momente, die von der Situationskomik leben und von diesem wunderbaren Duo Dano-Radcliffe, die Verrückter und Leiche grandios verkörpern.
Aber… „Swiss Army Man“ kann nicht nur lustig. Ich muss zugeben, ich war sehr erstaunt über die wirklich zarten und sanften Momente des Films. Ich meine, wer hätte es für möglich gehalten, dass ein Film mit einer furzenden Leiche als Hauptrolle mich mit existenziellen Fragen zu Leben, Liebe und Mensch-Sein konfrontieren würde? Unsere Daniel-Regisseure handhaben auch diese Situationen mit viel Liebe und so vergisst man auch zwischendurch gerne mal, dass Mr. Radcliffe ja eigentlich immer noch eine tote Leiche ist. Aber wenn die beiden sich über das Leben unterhalten und dabei Hank mit dem seinen (und seinen verschiedenen Entscheidungen) konfrontieren, dann kann man schon mal über das ein oder andere intensiv nachdenken.

Ziemlich beste Freunde
Und, wie ich es bereits erwähnt habe, funktioniert dieser skurrile Mix aus Komödie und Drama halt auch nur, weil die beiden Daniels hinter der Kamera sich voll auf ihre merkwürdige Geschichte einlassen… und weil der eine Daniel vor der Kamera wirklich umwerfend ist. Als Leiche, als furzende Leiche, als furzende Leiche mit einem Peniskompass. Zusammen mit Dano liefern die sich einen schönen Schlagabtausch, werden zu besten Freunden, bringen uns zum Nachdenken und zum Grübeln und lassen diese eine Leiche zu einem wunderbaren Freunde werden.
Großes Plus (und die perfekte Untermalung) ist auch der Soundtrack, bei dem teilweise einfach nur das Gesumme, Geblubbere, das Was-auch-immer-Paul-Dano-da-von-sich-gibt als Loop gespielt wird und zu einem interessanten a cappella Soundtrack, der wirklich gut zum Film passt.
„Swiss Army Man“ ist ein merkwürdiger kleiner Film, aber ein toller merkwürdiger kleiner Film, den man sich auf jeden Fall mal anschauen sollte. Ich hatte jetzt das Vergnügen beim Fantasy Filmfest, regulär soll der bei uns hier am 13. Oktober in die Kinos kommen.
Wertung: 8 von 10 Punkten (eine furzende Leiche kann also sowohl lustig als auch philosophisch sein – wer hätte es gedacht?)
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