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800-Millionen-Dollar-Glitch

8. Juni 2016

Mal ganz ehrlich, würde sich wirklich jemand eine Show über einen Typen anschauen, der mit reichlich Blinkblink (schreib man überhaupt so Blinkblink?) und zwei netten Damen wild herumhüpft, es Tanz nennt und anschließend interessante Börsen- und Wirtschaftstipps gibt??? Also, wenn ich von mir aus gehen würde: „Nein, überhaupt nicht!“ Und dennoch möchte uns Jodie Foster in ihrem neuen Film genau das weismachen… na gut, dachte ich mir, immerhin sah der Trailer halbwegs spannend aus. Warum also nicht mal „Money Monster“ gucken?

Da sehen wir dann tatsächlich genau so eine Sendung, die so ein bisschen ist wie die Börsennachrichten vor der tagesschau – nur halt mit George Clooney als coolem Moderator, der dem einfachen Mann (in diesem Fall wird der gespielt von Jack O’Connell) ein paar Tipps gibt, wie man sein sauer verdientes Geld am sinnvollsten anlegen kann, um vielleicht ein bisschen mehr draus zu machen. Doch dann kommt mein Titel gebender 800-Millionen-Dollar-Glitch, irgendein doofer Computer-Fehler, den ja zum Glück sowieso keiner wirklich nachvollziehen kann und die Aktionäre – und auch unser einfacher Mann – verlieren ihre Ersparnisse. Darüber kann man sich ärgern, einmal mehr über die oberen Ein-Prozent schimpfen und das war’s. Oder man verlangt Antworten, was unser einfacher Mann macht, in dem er sich in die „Money Monster“-Show schleicht und live (jupp, die Sendung wird auch noch live übertragen!!!!) den Moderator als Geisel nimmt. Julia Roberts muss als taffe Regisseurin für laufende Kameras sorgen… und natürlich auch für ein paar Antworten…

Er hasst Werbung… er will wirklich keine Werbung mehr sehen…

Man mag mir den leicht sarkastischen Ton verzeihen, denn wider aller Erwartungen hat mich „Money Monster“ doch ganz gut unterhalten. Trotz des eher öden Themas, dem Jodie Foster mit der ganzen Geiseldrama-Nummer einen netten Twist verschafft… und damit wahrscheinlich dem ein oder anderen aus der Stammtisch-Seele spricht, der schon immer mal wissen wollte, wieso die Reichen immer reicher werden, selbst wenn die Armen immer ärmer werden und selbst wenn die Firmen der Reichen Fehler machen. Denn im Gegensatz zu jedem Stammtisch-Gequatsche macht unser kleiner Mann von der Straße wenigstens mal was. Er lässt sich nicht weichklopfen und abwimmeln mit lahmen Erklärungen… gut, man sollte Fosters Film jetzt auch nicht als Aufforderung auffassen, einfach mal mit ein bisschen C4-Sprengstoff in die nächste Börse oder Bank zu rennen, aber immerhin zeigt sie uns mit Jack O’Connell einen Typen auf, der mal ein bisschen mehr wissen will. Und vielleicht sollten wir öfter mal auch diesen Tatendrang (ohne Geiseln und Sprengstoff) in uns aufnehmen und uns nicht immer einfach nur weichspülen lassen. Aber vielleicht interpretiere ich da auch nur zu viel rein und Foster wollte einfach endlich mal nach Filmen wie „Das Wunderkind Tate“ oder „Der Biber“ einen Thriller drehen, einen etwas rasanteren Film.

Gelungen ist ihr das schon… und dabei ist „Money Monster“ jetzt kein schießwütiger und explosionsreicher Thriller (trotz Sprengstoff-Weste, da kann man mal staunen), vielmehr bleibt sie ihrem Fach treu und konzentriert sich auf ihre Charaktere. Wenn man mal von der utopischen Idee einer Live-Börsen-Sendung absieht, ist George Clooney trotzdem irgendwie genau der passende, schmierig-sympathische Typ dafür, ein Typ, dem man meint, ihm vertrauen zu können – egal, was er für einen Schwachsinn labert. Angeblich reich geworden durch seine Sendung (muss wohl am Product Placement liegen), ist er halt das Nächstbeste für den Einfachen Mann, der wiederum ein gutes Kontrastprogramm mit Jack O’Connell abliefert und Clooneys Moderator immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Julia Roberts als mutige Regisseurin, die ihrem Moderator sowohl Gewissen als auch Motivationsstütze ist… ist halt Julia Roberts einmal mehr in einer ihrer klassischen Rollen.

„Money Monster“ ist ein unterhaltsamer Film, der aber leider nicht viel mehr zu sein schafft. Finanz-Wesen und all seine Hinterhältigkeiten hat ja zuvor auch schon „The Big Short“ wesentlich besser, amüsanter und Augen öffnender porträtiert. Deswegen hält sich Foster auch fern davon, uns mit zu viel Fachchinesisch zu langweilen… und mit der Konzentration auf den armen Einfachen Mann (der im Film übrigens Kyle heißt, aber theoretisch jedes arme Schwein sein könnte, weswegen ich bei Einfacher Mann bleibe) liefert uns Foster eine gute Projektionsfläche… denn wer von uns würde nicht gerne mehr Geld machen, einfach in dem er ein bisschen auf nen Typen hört, der eine Live-Show über Finanzen hat, die dann auch noch per Live-Stream in aller Welt geguckt wird… hahahaha… sorry, ich komme immer noch nicht so ganz über diese merkwürdige Show hinweg… Jodie Foster hat eindeutig schon lange kein Fernsehen mehr geguckt. Aber gut, „Money Monster“ unterhält dank guter Darsteller, die Story ist nicht besonders aufregend, aber spannend genug, damit man das Interesse nicht verliert. Solide halt…

Wertung: 7 von 10 Punkten (eine Börsen-Live-Show… gut, wenn Clooney die moderieren würde, wären da tatsächlich gute Einschalt-Quoten möglich)

8 Kommentare leave one →
  1. 8. Juni 2016 08:12

    Lass die zwei netten tanzenden Damen oben ohne rumhüpfen und die Quote kommt von ganz alleine.
    Trailer sah ganz nett aus, mehr scheint es dann auch nicht zu sein.

    • donpozuelo permalink*
      8. Juni 2016 10:09

      Aber es ist ja amerikanisches Live-Fernsehen. Wenn da schon ein Nippel zum Nippel-Gate wird, würden sich Oben-Ohne-Damen in einer Finanzshow noch weniger tragen.

      • 8. Juni 2016 11:04

        Okay, dann lass George Clooney den netten tanzenden Damen mit scharfem Aktienpapier die Pulsadern aufschneiden. Gewalt zieht immer, wenn Sex keine Option ist.

        • donpozuelo permalink*
          8. Juni 2016 13:00

          😀 Ja, das könnte wahrscheinlich besser funktionieren. Vielleicht so als Performance… die Kritik am System, die den Menschen mit billigen Aktien das letzte Blut nimmt…

        • 8. Juni 2016 13:10

          Das wäre aber schon fast wieder zu tiefgründig für den Fernsehzuschauer.

  2. 10. Juni 2016 20:23

    Bling bling. 😉 Und irgendjemand muss sich das wohl anschauen, denn solche Shows gibt es ja tatsächlich. Nicht, dass man da notwendigerweise einen Film draus machen muss … aber ich stimme dir in etwa zu. Meine Erwartungen waren praktisch nicht existent (ich fand auch den Trailer mies), und überraschenderweise war der Film dann doch recht unterhaltsam. Daumen hoch besonders für Jodie Foster, die weniger schauspielern und mehr regie-ren (ahem, gibt’s da ein vernünftiges Verb zu im Deutschen?) sollte.

    • donpozuelo permalink*
      18. Juni 2016 16:23

      Ja, sie sollte wirklich mehr regieren… obwohl sie das ja schon mehr macht als schauspielern. Und nein, ich glaube, es gibt kein richtiges deutsches Verb dafür… nur „Regie führen“, aber das kann die gute Dame ganz gut.

Trackbacks

  1. Kritik: Money Monster – filmexe

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