Zum Inhalt springen

Gefangen in Sicherheit?

30. März 2016

Eigentlich gibt es heutzutage keine Geheimnisse mehr… zumindest, wenn wir jetzt mal von Filmen reden. Gut, es mag Geheimnisse um den Plot geben, aber alles andere wird ja immer großzügig kundgetan. Da werden Teaser zum Teaser veröffentlicht und Teaser zum Teaser des Trailers, Trailer, Clips, Making-Ofs… und bevor man überhaupt den Film gesehen hat, weiß man eigentlich schon alles über einen Film. Richtige Überraschungen gibt es eigentlich so gut wie gar nicht mehr. Aber selbst ein „eigentlich so gut wie gar“ enthält noch die Möglichkeit, dass es doch mal eine Überraschung gibt… und wer könnte uns so eine Überraschung besser präsentieren als J.J. Abrams.

Vor so langer Zeit, dass ich mich schon gar nicht mehr so richtig daran erinnern kann, produzierte Abrams einen Found-Footage-Film über ein riesiges Monster, das New York terrorisiert und nannte den Film „Cloverfield“. Soweit ich den Film in Erinnerung habe, mochte ich ihn zum Teil. Klar, ich hätte auf die ganze Wackel-Kamera verzichten können, aber das Monster-Design von „Coverfield“ war ziemlich cool und die Tatsache, dass der Film an sich nicht viel über das Vieh verriet, war auch nicht schlecht. Da konnte man ja gut auf einen zweiten Teil hoffen… der nur nie kam.

Dann auf einmal tauchte vor knapp zwei Monaten (?) auf einmal dieser Trailer zu einem Film auf, von dem bis zu dem Augenblick wohl keiner wirklich was gehört hatte. Aber kaum wurde der Titel deutlich, spitzten alle die Ohren: „10 Cloverfield Lane“. Hatte uns Abrams gerade die Fortsetzung zu seinem Monster-Spektakel geliefert? Aber so richtig nach Monster-Sequel sah der Trailer nicht aus. Vielmehr erinnerte das Ganze an den Beginn von „LOST“ Staffel 2: eine Kamera gleitet zu alter Musik durch einen Bunker… aber die Neugier war geweckt. Zumal sowohl Trailer als auch Abrams die Frage, ob dies nun ein Prequel, Sequel, Reboot oder was auch immer sei, unbeantwortet ließ.

Nun, „10 Cloverfield Lane“ scheint anfangs wirklich nur das „Cloverfield“ im Titel mit dem Monster-Streifen gemein zu haben. Stattdessen entführt uns Erstlingsregisseur Dan Trachtenberg in einen Bunker. Hier wacht die junge Michelle (Mary Elizabeth Winstead) nach einem Autounfall an ein Rohr gekettet wieder auf. Natürlich geht sie vom Schlimmsten aus, selbst wenn ihr vermeintlicher Entführer Howard (John Goodman) ihr weismachen will, er hätte sie gerettet. Denn laut Howard ist die Welt außerhalb seines kleinen Bunkers für Menschen nicht mehr sicher. Was genau passiert ist, sagt er aber nie – redet von einem Angriff. Nach und nach lässt er Michelle aber frei in seinem Bunker herumlaufen, wo sie nun mit Howard und Emmett (John Gallagher Jr.) lebt… und heimlich Pläne schmiedet, zu entkommen – egal, was sich außerhalb des Bunkers befinden mag.

Einer muss den Müll raustragen…

Von knapp anderthalb Stunden Laufzeit ist „10 Cloverfield Lane“ mindestens eine Stunde lang weder Prequel, Sequel noch sonst irgendwas. Vielmehr ist es ein Drama in einem Bunker mit der großen Frage, was sich draußen befindet. Ein bisschen hat mit der Film an „The Divide“ erinnert, in dem ja auch die Frage mitschwang, was vorgefallen ist, aber der Fokus ganz stark auf den Menschen lag, die isoliert in der Enge des Bunkers miteinander auskommen müssen. Und das ist in „10 Cloverfield Lane“ echt ziemlich gut gelungen. Bis auf ein, zwei Szenen, in denen sich Michelle und Emmett über ihre „Vergangenheit“ austauschen und der Film etwas ins Stocken gerät, ist die Handlung im Bunker wahnsinnig spannend. Was vor allem immer wieder daran liegt, dass man nie so richtig einschätzen kann, ob John Goodmans Howard die Wahrheit sagt oder einfach nur ein Psychopath ist.

Und ganz ehrlich, Mary Elizabeth Winstead ist gut in ihrer Rolle. Auch ein John Gallagher Jr. passt gut in diesen Bunker, aber ohne John Goodman würde der gesamte Film in sich zusammenfallen. Denn wie gesagt, hauptsächlich dreht sich alles um diesen Bunker und wenn ein John Goodman nicht so wahnsinnig gut darin wäre, innerhalb von Sekunden vom sympathischen Knuddelbären zum furchteinflößenden Irren zu wechseln, würde „10 Cloverfield Lane“ ziemlich schnell einsacken. Aber gerade weil John Goodman so gut ist und gerade weil er es immer wieder gekonnt umgeht, die Geschehnisse da draußen offenzulegen, bleibt man am Ball. Die Spannung ist fast schon unerträglich… und immer dann, wenn man glaubt, man hätte Goodmans Charakter durchschaut, schockt er uns mit wieder etwas Neuem oder macht irgendwas komplett Unerwartetes.

Von den Charakteren her und von der Spannung ist „10 Cloverfield Lane“ wirklich ein echter Augenschmaus, der unheimlich Spaß macht, weil er einen so gut unterhält. Aber irgendwann neigt sich der Film dem Ende zu und gewährt uns dann doch einen Blick nach draußen… und ich werde hier jetzt nichts sagen, aber an dieser Stelle kommt dann 1) die Verbindung zu „Cloverfield“, 2) nimmt der Film auf einmal eine ganz andere Wendung und 3) wird er an dieser Stelle sicherlich das Publikum spalten. Ich will jetzt an dieser Stelle keine Vergleiche anstellen, denn selbst das würde zu viel verraten… aber ich mochte diese Wendung und ich mochte, was Abrams und Trachtenberg hier angestellt haben. Sie eröffnen sich nach „Cloverfield“ mehr Spielraum, um ein Franchise aufzubauen, dass nicht unbedingt nach den üblichen Anforderungen ablaufen muss. Vielmehr können es unterschiedliche Filme sein, die nur indirekt (so wie „10 Cloverfield Lane“ es ja auch mit „Cloverfield“ macht) Bezug nehmen auf die anderen Filme… womit sich vielleicht für uns die Gelegenheit liefert, an einem Franchise teilhaben zu können, dass uns mit jedem neuen Film auch immer noch überraschen könnte.

„10 Cloverfield Lane“ macht auf jeden Fall schon mal eine Menge Spaß. Der Film steht förmlich unter Strom und als Zuschauer ist man irgendwann auch wie elektrisiert. Trachtenberg hat sein Trio an Darstellern wunderbar unter Kontrolle, John Goodman brilliert und die Spannung wird bis zum Schluss aufrecht gehalten. Dieser Film ist wirklich eine kleine, aber sehr, sehr feine Kino-Überraschung.

Wertung: 8 von 10 Punkten (Abrams, gern mehr davon!!!)

16 Kommentare leave one →
  1. 30. März 2016 10:06

    Sehen wollen, sofort! :)))

    • donpozuelo permalink*
      30. März 2016 10:54

      Ich denke, du musst erstmal BvS gucken? 😉 Obwohl du mit diesem Film hier wahrscheinlich mehr Spaß haben wirst…

      • 30. März 2016 10:57

        Hm, ist vielleicht Verhandlungssache oder ich gehe heimlich :)))

        • donpozuelo permalink*
          30. März 2016 15:45

          Das kann doch keine Verhandlungssache sein, sondern Pflicht. John Goodman war schon lange nicht mehr so good, man… (ich weiß, ich weiß, ich zahle fünf Euro in die Wortspielkasse)

  2. 30. März 2016 13:52

    Schick mir mal per Mail was passiert. 🙂

    • donpozuelo permalink*
      30. März 2016 15:44

      Im Ernst??? Willst du dir den Film nicht lieber anschauen? Ich will dir ja jetzt auch nicht den Spaß am Film versauen.

Trackbacks

  1. Filmkritik: 10 Cloverfield Lane | Ma-Go Filmtipps
  2. Kritik: 10 Cloverfield Lane | filmexe
  3. Blogparade: My 100 greatest films of the 21st century… so far | Going To The Movies
  4. 2016 | Going To The Movies
  5. Dimensionssalat | Going To The Movies
  6. Magellans Schatz | Going To The Movies
  7. Auf den Spuren des Predators | Going To The Movies

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..

%d Bloggern gefällt das: