Du sollst mein Glücksstern sein
Was macht eigentlich einen Klassiker zu einem Klassiker? Sind es neue filmische Innovationen, die ihn von anderen Filmen herausstechen lassen? Sind es neue Wege des Geschichten-Erzählens, die möglicherweise ein ganzes Genre revolutionieren? Oder sind Klassiker einfach Klassiker, weil sie Filme sind, die die Menschen auf verschiedenen Gefühlsebenen ansprechen und einfach nur fabelhafte Unterhaltung sind? Wahrscheinlich spielt alles irgendwie eine Rolle, aber letztendlich ist sind es doch die Zuschauer, die irgendwas in dem Film entdecken, das sie verzaubert und weswegen sie aus einem Film einen Klassiker machen und aus einem anderen nicht. Das Rezept für einen Klassiker gibt es wohl nicht – man muss halt nur den Test der Zeit bestehen und dann wird das schon.
„Singin‘ in the Rain“ ist (mal wieder) so ein Klassiker, an den ich mich vorsichtig herangewagt habe. Und ich sage vorsichtig, weil ich mit Musicals in den meisten Fällen nicht besonders viel anfangen kann. Aber „Singin‘ in the Rain“ ist ja halt wieder so kultig, dass man den „gesehen haben muss“.
In „Singin‘ in the Rain“ lernen wir den Stummfilm-Star Don Lockwood (Gene Kelly) kennen. Gemeinsam mit der Schauspielerin Lina Lamont (Jean Hagen) feierte er große Erfolge. Bis zu jenem verhängnisvollen Tag, als Hollywood sprechen lernt. Mit „The Jazz Singer“ kommt 1927 der erste Ton-Spielfilm in die Kinos und verändert Hollywood von Grund auf. Alle wollen plötzlich „Talkies“ machen – doch nicht jeder Stummfilm-Star ist dafür geeignet. Das trifft leider auch auf Lina zu, die eine furchtbar kreischende und quietschende Stimme hat. Dazu kommen die Anfangsschwierigkeiten der neuen Technik und Dons erster Ton-Film wird bei einer Testvorführung gnadenlos ausgelacht. Hilfe verspricht sich Don von der jungen Schauspielerin Kathy (Debbie Reynolds – übrigens die echte Mutter von Prinzessin Leia 😉 ) – die soll Lina synchronisieren.

Höchstens Spongebob könnte noch mehr Spaß im Regen haben…
Ich weiß, der Vergleich mag hinken, aber ich musste tatsächlich sehr viel an „The Artist“ denken. Das lag zum einen stark am Thema selbst – der Wandel vom Stumm- zum Tonfilm. Aber Jean Dujardin – das fällt mir leider erst jetzt auf, wo ich meinen ersten Film mit Gene Kelly gesehen habe – hat ja wirklich perfekt in die Rolle aus „The Artist“ gepasst. Der sah ja tatsächlich ein bisschen aus wie Gene Kelly. Verrückte Welt, wenn man sie sich so von hinten aufrollen muss.
Aber das soll es dann auch schon mit „The Artist“-Vergleichen gewesen sein. Denn „Singin‘ in the Rain“ stellt schon noch mal eine ganz andere Liga dar. Und da wären wir wieder bei der Anfangsfrage, was denn so einen Klassiker ausmacht? Wirklich viel Neues erzählt uns Regisseur Stanley Donen in seinem Film eigentlich nicht. Die Story ist jetzt auch nicht sonderlich ausgefallen und dient eigentlich vielmehr als Weiterführung zu den Gesangs- und Tanz-Einlagen. Aber wen kümmert das, wenn es trotzdem irgendwie funktioniert??? Zumal, was den Film wirklich interessant und auch verdammt lustig macht, ist die Film-im-Film-Handlung. „Singin‘ in the Rain“ zeigt uns auf ziemlich witzige Art und Weise, mit welchen Schwierigkeiten die Filmemacher damals zu kämpfen hatten. Teilweise geht der Film dazu sogar zu Slapstick-Nummern über, behält aber auch immer einen cleveren Humor… der vor allem auch durch einen verdammt charismatischen Gene Kelly und der sympathischen Debbie Reynolds getragen wird. Die Chemie zwischen Kelly und Reynolds stimmt (auch wenn Kelly die arme Reynolds am Set schon ziemlich getrieben haben soll), die Geschichte um das neue Medium ist witzig erzählt – allein wenn Lina das erste Mal ihre Tonaufnahmen macht und den Regisseur zur Weißglut bringt, weil sie einfach nicht in das Mikrofon spricht, ist schon echt witzig. Und gleichzeitig hat man das Gefühl, man hat sogar ein bisschen was über die Anfänge des Tonfilms gelernt.
Und dazu kommen dann halt die Gesangsnummern. Ich gebe ja zu, dass ich den Song „Singin‘ in the Rain“ das erste Mal durch Kubricks „Clockwork Orange“ und diese berühmt-berüchtigte Szene kennengelernt habe. Und ja, ich muss auch hier noch mal zu verstehen geben, dass ich nicht der größte Musical-Fan bin. Deswegen mag man vielleicht Verständnis für mich haben, wenn ich nicht alle Tanz-Einlagen wirklich so berauschend fand. Der Titelsong und seine regnerische Umsetzung sind natürlich bekannt und auch wirklich toll. Ein Gene Kelly beweist auch, dass er wirklich was drauf hat. Besonders im Gedächtnis bleiben wird mir aber wohl Donald O’Connors „Make ‚Em Laugh“, weil das Ding einfach mal gekonnt, Slapstick mit Breakdance und Step-Tanz vereint und es einfach nur unglaublich aussieht, wie agil O’Connor durch die Sets hüpft. Es gab aber auch einige Sachen, die sich für mich etwas gezogen haben – sicherlich waren gerade die große Endszene nochmal eine Huldigung des alten Hollywood-Musicals, aber meinen Geschmack getroffen, hat es nicht immer.
Trotzdem ist „Singin‘ in the Rain“ ein sehenswerter, flotter und witziger Film, der Musical-Liebhaber sicher noch mehr begeistern wird als mich. Aber selbst ich bin ja schon schwer beeindruckt, dass ich diesem Film so viel abgewinnen konnte – das ist doch mal wirklich ein Klassiker, der a) seinen Ruf verdient und b) den man wirklich mal „gesehen haben sollte“ 😀
Wertung: 9 von 10 Punkten (ein Glück sind sie irgendwann von diesem merkwürdigen deutschen Titel – siehe meine Überschrift – weggekommen)
Das ist ja einer dieser Klassiker, an die ich mich bisher nicht rangewagt habe. Vor allem, weil auch ich mit Musicals eher wenig anfangen kann. Aber klingt doch ganz unterhaltsam. Muss ich wohl wirklich mal nachholen.
Du, mir ging und geht es da genau wie dir. Musicals sind jetzt auch nicht unbedingt mein Lieblingsgenre. Aber vor diesem Film habe ich mich lange genug gedrückt und war echt positiv überrascht… einige Gesangsnummern haben ihre Längen, aber insgesamt ist es wirklich ein unterhaltsamer und witziger Film.