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Das Geheimnis der blauen Lunchbox

28. September 2015

Eigentlich mag ich es nicht so gern, wenn ich damit anfange, einen Film mit einem anderen zu vergleichen. Oder in diesem Fall einen Regisseur mit anderen in Verbindung zu bringen. Klar, man macht das immer gern, weil es die Vergleichsmöglichkeiten erweitert und man ein besseres Bild von dem bekommt, was man vielleicht noch nicht kennt. Gleichzeitig tappt man dabei aber auch immer wieder in die Falle, etwas mit etwas zu vergleichen, was möglicherweise gar nicht so richtig zusammen passt und dann am Ende falsche Erwartungen auslöst. Nun gut… im Falle von Regisseur Matt Shakman kann man getrost eine Ausnahme machen – und ihn einfach mal als „dritten“ Coen-Bruder bezeichnen.

Als Regisseur kennt man Shakman jetzt nur, wenn man bei zahlreichen Serien wie unter anderem „It’s Always Sunny In Philadelphia“, „Dr. House“ oder auch „Six Feet Under“ ordentlich bei den Credits aufgepasst hat. Warum ich diesen Serien-Regisseur jetzt sehr, sehr vorsichtig als „dritten“ Coen-Bruder bezeichne, liegt an zwei Dingen: Zum einen an der Serie „Fargo“ und an Shakmans ersten Spielfilm „Cut Bank“. Für „Fargo“ stand Shakman für die letzten beiden Folgen hinter der Kamera und konnte dabei schon einmal beweisen, dass er skurrile Charaktere und noch absurdere Geschehnisse spannend unter einen Hut bringt (dabei wollen wir natürlich nicht die tollen Drehbuchautoren und die grandiosen Darsteller vernachlässigen).

In „Cut Bank“ versucht er das nun in Spielfilm-Länge und erzählt uns die Geschichte von dem jungen Automechaniker Dwayne (Liam Hemsworth), der eigentlich nur seine Freundin Cassandra (Teresa Palmer) in einem Feld vor der Stadt filmen will und dabei den Mord an Postbote Georgie (Bruce Dern) aufzeichnet. Der erste Mord in dem beschaulichen Städtchen Cut Bank sorgt bei Sheriff Vogel (John Malkovich) für viel Kopfzerbrechen… zumal bald weitere folgen. Und dann wäre da ja noch die Sache mit der blauen Lunchbox, die vielleicht des Rätsels Lösung sein könnte.

Erklär mir das mit dir und Katniss noch einmal in Ruhe…

„Cut Bank“ trägt tatsächlich ziemlich offensichtlich die Handschrift der Coen-Brüder. Ähnlich wie schon in „Fargo“ (dem Film) lässt auch Shakman aus einer eigentlich kleinen Sache ein riesiges Chaos werden. Und das passiert auch bei Shakman auf ähnliche absurde Weise wie bei „seinen“ Brüdern. Nach und nach offenbart sich uns das große Ganze, nach und nach wird die Lawine der Ereignisse größer, bis sie unaufhaltsam wird. All das meistert Shakman… nun, nicht unbedingt mit Bravour, aber doch auf ansehnliche Art und Weise. Und sogar so, dass man fasziniert dabei bleibt. Immer wieder setzt Shakam sein MacGuffin, die blaue, kleine Lunchbox, gekonnt ein, ohne uns zu viel darüber zu verraten. Wir können nur anhand der Taten, die für sie begangen werden, mutmaßen, was sie für eine Bedeutung hat.

Was Shakman in „Cut Bank“ dann aber doch vom Coen-Touch fällt, ist der Sinn für die lustig-makabren Momente. Es ist doch gerade der schwarze Humor, der die Coens immer wieder ausmacht. Und es war auch genau dieser Humor, der es gekonnt in die Serie „Fargo“ geschafft hat. Aber leider muss man wohl davon ausgehen, dass das dann halt doch mehr der Verdienst der Schreiber als des Regisseurs war. Denn was „Cut Bank“ wirklich fehlt, ist halt dieser gewisse Humor.

Aufgefangen wird das allerdings ein wenig durch die Darsteller. Auch hier bedient sich Shakam einiger bereits Coen-erprobter Herren – mit John Malkovich und besonders mit Billy Bob Thornton sind zwei dabei, die sich mit den Coens auskennen. Und Thornton selbst spielt ja eine tragende Rolle in der Serie „Fargo“. Während Thornton in „Cut Bank“ leider etwas im Hintergrund gelassen wird, überzeugt vor allem Malkovich als Sheriff Vogel, der hier an eine gewisse Frances McDormand erinnert – nur halt ohne den schwangeren Bauch und den vielen Schnee. Malkovichs Sheriff passt von den Charakteren in „Cut Bank“ noch am ehesten in die Coen-Schublade. Alle anderen sind zwar auch stark, aber halt nicht unbedingt so, dass sie lange in Erinnerung bleiben. Selbst der gute Liam Hemsworth, endlich mal aus dem Schatten von seinen Panem-Stars getreten (wenn auch nur für kurze Zeit), punktet nicht – im Gegenteil, er wirkt noch am blassesten von allen, obwohl er eigentlich der Hauptmotor der Geschichte ist. (Und leider kann auch Teresa „Warm Bodies“ Palmer nicht so wirklich überzeugen, weswegen die große Kür doch bei den alten Hasen am besten funktioniert).

„Cut Bank“ hat halt einfach das Problem, dass es fast schon zu sehr wirkt wie ein Film von den Coens, so dass man gar nicht mehr erkennen kann, wo der eigentliche Shakman durchblitzt. Ein bisschen mehr von sich selbst hätte dem Film sicherlich gut getan, dem natürlich die vielen Coen-Verweise jetzt nicht gut tun. Aber sie drängen sich nun mal auf. Darunter ist „Cut Bank“ dennoch ein unterhaltsamer Film mit spannenden Irrungen und Wirrungen und einem überzeugenden Cast der alten Garde.

Wertung: 6 von 10 Punkten (spannender Coen-Klon, dem ein bisschen mehr Eigenes gut getan hätte)

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