Mord in Zimmer 408
Wir sind das ja mittlerweile gewohnt: Irgendwo wurde ein guter Film gemacht – wir reden dabei vorzugsweise von einem Film, der nicht in englischer Sprache gedreht wurde. Dann kommen die Synchron- und Untertitel-faulen Amerikaner und machen daraus ein Remake. Schließlich wollen sie ihren einheimischen Kino-Gänger nichts vorenthalten. Aber lieber einfach komplett neu drehen als zu synchronisieren… wer synchronisiert schon noch??? So ist der gewöhnliche Weg, doch es geht auch mal ganz anders. Und dieses Mal sind nicht einmal irgendwelche Amerikaner Schuld. Stattdessen wenden wir uns nach Korea und dem Film „The Target“, der das Remake des französischen Films „Point Blank“ ist.
In „The Target“ wird ein unbekannter Mann (Ryu Seung-ryong) nach einem Autounfall ins Krankenhaus eingeliefert. Der zuständige Arzt, der junge Lee Tae-joon (Lee Jin-wook), entdeckt darauf hin bei dem Unbekannten eine Schußwunde und schaltet darauf hin die Polizei ein. Wie sich herausstellt, ist der Unbekannte möglicherweise verdächtig einen Mord begangen zu haben, doch nicht nur die Polizei ist hinter ihm her. Nur im letzten Moment kann Lee im Krankenhaus einen Mordversuch an dem Unbekannten selbst verhindern. Gut für ihn, denn nur einen Tag später wird Lees schwangere Frau entführt und der Entführer verlangt, dass Lee ihm den unbekannten Patienten ausliefert. Was Lee nur zu gerne tun würde, nur ist die Polizei bereits vor Ort und wenig später flieht der Unbekannte aus dem Krankenhaus. Für Lee beginnt nun die Jagd nach dem Unbekannten.

How NOT to clean your ears…
Ich habe das französische Original nicht gesehen und kann daher keine Vergleiche ziehen, aber „The Target“ selbst ist auf jeden Fall ein guter Film. Ein spannender und packender Film, der gekonnt damit spielt, dass er uns einfach nichts erzählt. Nicht umsonst habe ich in der Inhaltsangabe gefühlte tausendmal „Unbekannter“ geschrieben… wir erfahren zwar später, wer er ist und was er ist. Aber bis dahin ist es ein langer, aufregender Weg. „The Target“ nimmt sich die Zeit, uns mit vielen kleinen Details der Geschichte zu beladen, ohne uns eine Anleitung dafür zu geben, wie die einzelnen Teile zusammenpassen. Unter den falschen Umständen hätte das ganz schön in die Hose gehen können, doch Regisseur Yoon Hong-seung behält das Ruder fest in der Hand.
„The Target“ ist ein rasanter und spannender Film, weil Yoon uns voll in diese Hetzjagd schmeißt und uns immer wieder mit neuen Wendungen überrascht, die erahnen lassen, dass sehr viel mehr hinter dem Mord (in Zimmer 408), dem Unbekannten und der Entführung von Lees Ehefrau steckt. Der Film ist ein wirklich spannendes Puzzle, dem die Luft nicht ausgeht und das vor allem nicht den Fehler macht, den stinknormalen Arzt zum plötzlichen Action-Helden werden zu lassen. Lee Tae-joon bleibt der gewöhnliche 08-15-Typ, der aus seinem Alltag gerissen wird. Die Figur wird nicht übertrieben ins Heroische gezogen. Er verprügelt hier kaum jemanden, sondern bekommt meist nur ordentlich auf die Nase… aber wie so oft: Haut man einen lange genug, haut er irgendwann auch zurück.
Doch wenn wir an dem Punkt im Film angekommen sind, wendet sich das Ganze auch. Was leider ein bisschen schade ist. Denn nachdem wir endlich wissen, wer der Unbekannte ist und was das Ganze eigentlich soll, wird aus dem spannenden Thriller „The Target“ der Rache-Action-Film „The Target“. Hier übernimmt dann unser unbekannter Patient die Führung und beweist mit coolen Moves, dass seine Fäuste tödlicher sind als die Waffen, die ihm seine Gegner entgegenhalten. „The Target“ verspielt die gute Atmosphäre vom Anfang ein bisschen, in dem sich der Film später zu sehr auf die Action bezieht… die ist zwar immer noch gut und sehenswert, wird aber leider auch ein bisschen zu sehr in die Länge gezogen. Da könnte man fast vergessen, dass man bis vor wenige Minuten noch einen verdammt spannenden Film gesehen hat.
Nichtsdestotrotz ist „The Target“ ein gelungener und gerade in der ersten Hälfte unheimlich spannender Film, der gekonnt damit spielt, uns eigentlich nichts zu verraten. Die Action am Ende ist zwar passend, aber zu lang und zu viel… weniger wäre hier vielleicht einfach auch mehr gewesen.
Wertung: 7 von 10 Punkten (jetzt bin ich nur gespannt, ob die Amerikaner ein Remake von diesem Film machen… das wäre doch mal was: das Remake vom Remake 😀 )
Klingt für mich interessant. Und als 7er durchaus einen Blick wert. Danke für den (Geheim-)Tipp. 🙂
Der ist auch wirklich spannend. Wie gesagt, man hätte diesen Wechsel vom spannungsgeladenen Thriller zum actionhaltigen Rachefilm ein bisschen flüssiger machen können, aber es ist ein unterhaltsamer Film.