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Bewusstes Träumen

24. Juni 2015

Ich kenn‘ mich mit Traumdeutung mal so eben Null aus, und irgendwie mag ich auch nicht so recht daran glauben, was so die Sigmund Freuds dieser Welt in unsere Traumbilder rein interpretieren. Aber es klingt ja, wenn man es richtig erklärt, hin und wieder sogar richtig plausibel. So ist angeblich das Pferd im Traum eines der Symbole, das man besonders breit analysieren kann. So steht es sowohl für die Mutter als auch den Tod, Leidenschaft und Triebe… und noch so vieles mehr.

Die Sache mit der Mutter und dem Tod ist für den französischen Horror- / Kunst-Film „Horsehead“ besonders wichtig, weswegen diese Analytik des Traumbildes auch gleich zu Beginn erläutert wird. Und danach immer und immer wieder wiederholt wird, damit man es auch ja nicht vergisst.

In „Horsehead“ kehrt die junge Jessica (Lilly-Fleur Pointeaux) in ihre alte Heimat zurück, um an der Beerdigung ihrer Großmutter teilzunehmen. Ein Ort, den sie lange gemieden hat, wegen ihrer komplizierten Beziehung zur eigenen Mutter Catelyn (Catriona MacColl). Kaum wieder zuhause angekommen, wird Jessica von Alpträumen geplagt – Träume, in denen ein merkwürdiges Wesen mit riesigem Pferde-Kopf, ihre Großmutter und Mutter eine wichtige Rolle spielen.

Auch er macht Angebote, die niemand ablehnen kann… Pferde halt…

„Horsehead“ will ein Film sein, der sich das Prinzip der luziden Träume zu nutze machen will, um uns ordentlich zu verwirren. Wie vielleicht schon aus „Inception“ oder auch „Vanilla Sky“ bekannt, wird hier versucht, aktiv im Traum zu agieren, um ihn so zu beeinflussen. An und für sich eine nette Idee, wenn man sie dann auch gekonnt umsetzt. In „Horsehead“ funktioniert das irgendwie nie so richtig, weil der Film sich schwer tut, die Grenzen zwischen Realität und Traum wirklich zu verwischen. Und genau das hätte dem Film so gut getan. Doch stattdessen trennt Regisseur Romain Basset hier beide Welten zu stark von einander.

Die Realität ist die Realität, während die Traumwelt mit manchmal sehr schönen und surrealen Bildern aufwarten kann, die mit ihrem Rotstich und der treibenden Musik auch gerne mal an Dario Argentos „Suspiria“ erinnern wollen… tja, wenn sie nicht irgendwann zur Gewohnheit werden würden. Anstatt in einem Film, in dem es um die aktive Beeinflussung von Traumwelten geht, diese Traumwelten auch ordentlich durcheinander zu rütteln, bleibt Basset bei den immer gleichen Elementen… so geht irgendwann nicht nur die Spannung flöten, sondern leider auch die durchaus packende Atmosphäre, die noch zu Beginn des Films herrschte.

Doch das liegt nicht nur daran, dass „Horsehead“ wenig innovativ in seiner Bildsprache ist, sondern weil auch einfach die Geschichte ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr an seinen Zuschauer glaubt. Statt uns ein paar Rätsel aufzugeben, bekommen wir eine hanebüchene Story über Schuld, über Sünde, über vergangene Ungerechtigkeiten, die durch einen religiös-fanatischen Vater erklärt werden. Statt dem Surrealen treu zu bleiben, klatscht uns Basset ein Ende hin, dass so offensichtlich ist, dass auch der Letzte es versteht. Nur hätte das alles nicht sein müssen… warum macht man nicht einen Film über die Träume, der ein bisschen mehr Platz für Interpretationen des Zuschauers lässt? Warum muss es alles so plakativ sein, zu offensichtlich?

Basset verspielt die Möglichkeiten, die ihm sein Traum-Thema anbieten und verfährt sich in seiner eigenen Geschichte, die zwar gerne verwirren möchte, es aber nie tut. Das Einzige, was wirklich verwirrt, ist die Tatsache, dass französische Schauspieler hier gezwungen werden, Englisch zu sprechen, was sich gerade bei der älteren Catriona MacColl sehr gestelzt und zu einstudiert anhört.

Eigentlich möchte ich „Horsehead“ gut finden, und der Film bot auch viele Möglichkeiten dazu, aber so der Gesamteindruck und gerade das Ende nehmen viel von dem Zauber wieder weg. So ist es immerhin ein interessantes Filmwerk mit tollen Bildern und einer Story, der mehr Mut gut getan hätte.

Wertung: 6 von 10 Punkten (ich träume hoffentlich nie von Pferden)

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