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Der Lockvogel

30. Januar 2015

Regisseur Atom Egoyan war mir nie wirklich ein Begriff. Ich hatte den Namen hier und da zwar schon mal gehört, aber wenn ich ehrlich sein soll war’s das auch schon. Und wenn ich noch ehrlicher sein soll, habe ich mich dabei immer wie ein kleiner, alberner Junge darüber amüsiert, dass der gute Mann mit Vornamen Atom heißt… wobei ich unweigerlich an die Simpsons und Radioactive Man denken musste: „Auf zum Atem! Äh… auf zum Atom!“ (Sorry, Mr. Egoyan!!!)

Tja, und dann habe ich ja letztens mit „The Devil’s Knot“ meinen ersten Egoyan gesehen und war jetzt nicht so übermässig begeistert… aber man soll sich ja nicht von ersten Eindrücken täuschen lassen, weswegen ich Egoyan noch eine Chance geben wollte. Mit „The Captive“. Aber leider war der erste Eindruck wohl doch der richtige…

„The Captive“ erzählt die Geschichte einer Entführung: Nur ein paar Minuten ist Matthew (Ryan Reynolds) im Laden und lässt seine Tochter Cassandra (Peyton Kennedy) allein, doch als er wieder kommt, ist sie verschwunden. Seine Frau Tina (Mireille Enos) gibt ihrem Mann die Schuld – und auch Detective Jeffrey (Scott Speedman) hält ihn sofort für schuldig…. acht Jahre gehen ins Land, Matthew sucht immer noch nach seiner Tochter, da geschehen merkwürdige Dinge, die vermuten lassen, dass Cassandra noch am Leben sein könnte.

No evil shall escape my sight.

„The Captive“ hat ein ähnliches Problem wie „The Devil’s Knot“ – Egoyan erzählt zwar eine an sich spannende Geschichte, nur erzählt er sie nicht spannend. Und im Fall von „The Captive“ fehlt ihm auch jegliche Emotionalität, die mit dem Thema Kindesentführung einher geht. Statt sich der Familie zu nähern, springt Egoyan mal hier und mal dorthin. Gerade zu Beginn irritiert er durch unnötige Zeitsprünge – man ist mehr verwirrt als alles andere. Man kann sich in diesen ersten wichtigen Minuten des Films auf nichts weiter konzentrieren, außer nicht den Faden zu verlieren. Mal springt der Film in die Zukunft, dann in die Vergangenheit und man selbst weiß gar nicht so wirklich, wann eigentlich die Gegenwart ist. Und in dieser Zeit wird man auch mit zahlreichen Infos zugeschüttet: Wir sehen Cassandra am Leben, bevor wir wissen, dass sie überhaupt entführt wurde, wir erfahren von der Entführung einer prominenten Ermittlerin (Rosario Dawson) und vom Zerwürfnis der Eheleute Matthew und Tina. Wirklich näher bringt uns das aber weder den Figuren noch der Geschichte.

Und wie gesagt, die Geschichte an sich – wenn der Film dann ein bisschen zur Ruhe kommt – ist schon ziemlich brisant und auch sehr interessant. Aber leider stopft Egoyan sie voll mit billigen Klischees (Cassandras Entführer schreit mit seinem ganzen Getue und Aussehen förmlich Entführer) und merkwürdigen Wendungen. Am schlimmsten (und gleichzeitig sehr bezeichnend für den restlichen Film) ist das Gespräch zwischen Ryan Reynolds und Scott Speedman, nachdem Reynolds das Verschwinden seiner Tochter meldet. Cassandra lag auf der Rückbank des Autos, weswegen sie sonst niemand gesehen hat. Also schlußfolgert unser Detective, dass das Mädchen vielleicht nie in dem Auto. Ein Kind wäre doch am Nachmittag nicht schon müde und müsste auf der Rückbank liegen. Innerhalb von wenigen Sekunden wird hier der Vater zum Täter abgestempelt – nach dem Motto: „Es ist in solchen Fällen ja immer jemand aus der Familie!“ Aber danach passiert auch damit nichts weiter.

Und so geht es auch mit den anderen Charakteren weiter, die sind alle so flach und oberflächlich wie der Täter oder der Detective. Ryan Reynolds ist von allen tatsächlich noch halbwegs erträglich…

Egoyan weiß in diesem Film nicht, wo hinten und vorne. Statt eine wirklich emotionale Geschichte zu erzählen, bekommt man einfach nur so einen kruden Abriss einer Story, die nie wirklich zu fesseln oder zu bewegen weiß. Das Ganze wirkt übermässig konstruiert, was durch den schwierigen Anfang mit all seinen Zeitsprüngen zusätzlich unterstrichen wird… und es dem Zuschauer von Beginn an schwer macht, Interesse an diesem Ding namens Film zu finden. In fähigeren Händen hätte „The Captive“ aber sicherlich ein wirklich dramatischer und spannender Thriller werden können… in Egoyans Händen wird daraus leider nur Mist.

Wertung: 3 von 10 Punkten (eine wahnsinnig spannende und erschreckende Story wird zu einem reinen Schnarchfest… echt verdammt schade…)

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