Fliegt er oder fliegt er nicht?
Es ist das Problem einer fest gesetzten Rolle: Elijah Wood wird immer Frodo sein, Johnny Depp kommt nicht mehr von Captain Jack Sparrow los, ein Benedict Cumberbatch wird wohl Zeit seines Lebens mit Sherlock Holmes in Verbindung gebracht werden… und jeder Comic-Darsteller wird immer sein Superhelden-Kostüm tragen. Davon kann auch ein Michael Keaton ein Lied singen – er ist und war DER Batman schlechthin, aber danach lief es auch nicht mehr wirklich so rund für ihn. Wohl deswegen war Michael Keaton auch die perfekte Wahl für Alejandro González Iñárritus „Birdman“. Schließlich erzählt der Film ja irgendwie Keatons Geschichte.
Riggan Thomson (Keaton) war „Birdman“ – für drei Filme lieh er dem gefiederten Superhelden seine Gestalt und wurde damit berühmt. Doch aus „Birdman 4“ wurde nie etwas, mittlerweile sind Kollegen wie Robert Downey Jr. mit anderen Comic-Helden erfolgreicher und Riggan hat schwer damit zu kämpfen. Am Broadway möchte er allen beweisen, dass er es noch drauf hat. Als Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller will Riggan sich als ernsthafter Künstler zeigen. Doch er kämpft nebenbei nicht nur mit voreingenommen Kritikern und Journalisten, seiner Tochter (Emma Stone) und dem schwierigen method actor Mike (Edward Norton), sondern auch mit seinen eigenen Sorgen. Und gegen die Stimme des mächtigen Birdman, die ständig in seinem Kopf schreit.

Batman vs. Hulk… wer wohl gewinnt?
Ich hatte mich nach ersten Trailer zu „Birdman“ sehr auf den Film gefreut… zum einen wegen der schönen Keaton-Batman-Story, zum anderen aber auch, weil ich dachte, in Hollywood traut sich jetzt mal jemand auf dem Superhelden-Höhenflug einen bissigen Blick auf den ganzen Comic-Hype zu werfen. Aber Iñárritu ist viel ambitionierter: Ihm geht es nicht um Comic-Filme, sondern um Hollywood-Schauspieler im Allgemeinen. Das wird im Clinch zwischen Riggan und Mike deutlich – schließlich ist Mike ein echter Theaterschauspieler, der – seiner Meinung nach – alle „Filmmenschen“ überdauern wird.
„Birdman“ ist vielleicht ein bisschen zu ambitioniert… zumindest will Iñárritu die Sache mit der Satire oder den bissigen Kommentaren nicht so richtig gelingen. Über ein paar kurze Kommentare und Einzeiler kommt er nicht hinaus. Zudem fühlt sich „Birdman“ irgendwann ein bisschen eintönig an. Die Streitgespräche sind immer die gleichen, dass das Theaterstück sinnbildlich für Riggans eigene Probleme steht, fällt auch ziemlich schnell ins Auge… und trotzdem wird’s gern noch und nochmal wiederholt.
„Birdman“ wäre gern ein kritisches Sprachrohr zum Thema Stars und Sternchen, Hollywood und Broadway, Kino und Theater… aber wirklich packendes kann der Film zu dem Thema nicht liefern. Das wirkt einfach an vielen Stellen zu plakativ – und außerdem hat man ein wenig das Gefühl, dass sich Iñárritu ein paar zu viele Storylines aufgebrummt hat (gerade Emma Stone und Naomi Watts kommen gar nicht so richtig zur Geltung).
Vielleicht liegt’s aber auch daran, dass Iñárritu ein sehr ambitioniertes Komzept für „Birdman“ ausgedacht, denn der ganze Film mutet an, wie eine einzige große Plansequenz. Die Kamera schwirrt gekonnt durch die engen Gänge des Theaters, schwirrt um seine Darsteller herum, die mal hier und mal da in Türen verschwinden, später wieder auftauchen, etc. Natürlich ist auch dieses Konzept nicht neu, macht aber bildlich schon was her. Da dürfte Kameramann Emmanuel Lubezki der zweite Oscar nach „Gravity“ wohl so gut wie sicher sein (und das auch verdient).
Dazu kommt, dass Iñárritu immer wieder schön damit spielt, Realität und Fiktion verschwimmen zu lassen. So sehen wir Riggan gleich zu Anfang schwebend und auch sonst hat er einige interessante Sachen drauf… ob er nun aber tatsächlich ein magisches Superhelden-Wesen namens Birdman ist oder ob das alles nur seiner Fantasie entspringt, erklärt uns Iñárritu nicht.
Neben der tollen Optik gibt’s in „Birdman“ immerhin noch zwei Darsteller, die sich gegenseitig an die Wand zu spielen versuchen. Michael Keaton vs. Edward Norton – beides eigentlich tolle Schauspieler, von denen man zu lange schon nichts mehr so wirklich gutes gesehen hat. Und wenn ich ganz ehrlich sein soll, stiehlt Norton dem guten Keaton als wirrer method actor fast noch die Show. Auf jeden Fall aber zeigen sich hier beide von einer sehr sehenswerten Seite, wenn ich das mal so sagen darf.
Aber ansonsten lässt mich „Birdman“ halt ein wenig zwiegespalten zurück… ich hatte mehr erhofft und bekam weniger. Der ganze Film fühlt sich sehr lang an, es wird viel unnützes Zeug geredet, die Kamera schwingt sich kunstvoll durch das Geschehen… es sieht alles nett aus und überzeugt durch starke Darsteller, aber die Story ist irgendwo unter all dem künstlerischen Äußeren verloren gegangen. Irgendwie ein bisschen schade…
Wertung: 6 von 10 Punkten (irgendwie zu vorhersehbar und zu plakativ…)
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Mal jemand, der „Birdman“ nicht überschwenglich lobt. Bin sehr zwiegespalten, ob ich den Film wirklich im Kino sehen will. Na mal schauen…
Ja, ich war auch sehr durch die überschwenglichen Kritiken beeinflusst, aber am Ende konnten meine Erwartungen dann doch nicht erfüllt werden.
„Batman schlechthin“ ? Hmmm, eher der „erste Batman“ „Schlechthin“ ist meiner Meinung nach Bale.
😀 Willkommen!
Das ist jetzt natürlich so eine Frage wie „Wer ist der beste Bond?“
Ich finde Bale gut, aber Batman ist und bleibt für mich Michael Keaton 😉
Nicht Adam West vergessen, wenn es um den „ersten Batman“ „schlechthin“ gehen soll 😉
Der Klugscheißer in mir müsste nun Lewis Wilson als „ersten Batman“ auf der Leinwand herausholen 🙂
Hmm… ich weiß jetzt nicht, warum wir hier jetzt darüber reden, wer der erste Batman war 😀 Es ging mir doch nur um persönliche Favoriten. Und mein persönlicher Lieblingsbatman ist und bleibt Michael Keaton… Bale ist auch toll, aber ich mochte Keaton sehr.