Der Film der Vier
Ein Film, der heutzutage vier Millionen Dollar kostet, ist nichts besonderes. Also wirklich nichts besonderes. Wenn dieser Vier-Millionen-Dollar-Film dann aber knapp 4 Milliarden Dollar an Gewinnen einfährt, ist das schon was ziemlich, ziemlich besonderes. Und wenn dieser Film dann noch ein vierstündiges Epos ist, ist das umso beeindruckender. All das ist „Vom Winde verweht“. Ein Klassiker der Filmgeschichte. Ein Film, der so viele Superlative aufgestellt hat und ein Film, den ich bislang noch nie gesehen hatte.
Ich dachte immer, der Film wäre so ein schnulziges Liebesdrama zwischen Scarlett O’Hara (Vivien Leigh) und Rhett Butler (Clark Gable). Aber da wußte ich ja auch noch nicht, dass der Film vier Stunden lang ist… und wohl nur Bollywood würde es vielleicht hinbekommen, einen Film so lang werden zu lassen, um dann „nur“ eine Liebesgeschichte zu erzählen. Tatsächlich geht’s ja um so viel mehr. Da wird gleich noch der amerikanische Bürgerkrieg verarbeitet und statt Liebesgeschichte erzählt „Vom Winde verweht“ die Geschichte einer Frau, die alle Höhen und Tiefen erlebt und dabei die ganze Zeit verzweifelt einer großen Liebe hinterher rennt.
Wenn man sich mal so ein bisschen in die ganze Entstehungsgeschichte zu „Vom Winde verweht“ einliest, ist es eigentlich wirklich unglaublich, dass dieser Film überhaupt je entstanden ist. Insgesamt fraß der Film drei Regisseure, die aber – so scheint es – nur die Fantasien von Produzent David O. Selznick verwirklichen sollten. Dazu gehörte unter anderem auch ein riesiger Stadtbrand, für den Selznick alte Kulissen (unter anderem ein„King Kong“-Set) verbrennen ließ. Wenn diese Aufnahmen gescheitert wären, hätte man mit dem eigentlichen Film gar nicht erst begonnen.
Dazu kommt ein unglaubliches Aufgebot an Menschen, die aus „Vom Winde verweht“ ein unglaublich beeindruckend anzuschauendes Meisterwerk machen. Allein die Kostüme hauen einen um… und gerade die Damen in diesem Film sind immer verdammt auffällig gekleidet. Wie es sich halt für die reichen Ladies des Südens gehörte.
„Vom Winde verweht“ spielt zwar im Süden, aber kümmert sich da jetzt nicht wirklich um Themen wie Sklaverei oder sonstiges. Die Sklaven, die man im Film sieht, scheinen alle recht glücklich damit zu sein, den weißen Damen und Herren dienen zu dürfen (immerhin wurde Hattie McDaniel als erste Afroamerikanerin für ihre Rolle als Dienerin Mammy mit dem Oscar ausgezeichnet).
Interessanter für Selznick und ja auch für den Roman von Margret Mitchell ist die Rolle der Scarlett O’Hara, hier wunderbar vielschichtig dargestellt von der damals noch unbekannten Vivien Leigh. Anfangs nervt diese Scarlett – sie ist ein junges, quirrliges Mädchen, dem die Männer nur so hinterher rennen, weswegen sie machen kann, was sie will. Aber im Laufe des Bürgerkriegs muss auch Scarlett umdenken, zu einer anderen, selbstständigeren Frau werden. Und diesen Wandel vollzieht Vivien Leigh sehr überzeugend (möchte man ja auch meinen, bei einer Laufzeit von vier Stunden!!! 😉 ). Es ist wirklich spannend dabei zuzusehen, wie sie härter und berechnender wird, gleichzeitig aber auch immer wieder in sich zusammenfällt, wenn ihre große Liebe auftaucht…
Diese große Liebe ist jetzt aber nicht Rhett Butler. Clark Gables Butler ist zwar eine wiederkehrendes Element in Scarletts Leben, doch die beiden verbindet die meiste Zeit mehr so eine Art Hassliebe. Gable geht in der Rolle des arrogant-charmanten Butlers total auf… und wenn er am Ende seine berühmten Worte „Frankly, dear, I don’t give a damn!“ sagt, steckt da alles hinter, was Butler wirklich fühlt.
„Vom Winde verweht“ ist wirklich ein Film, auf den man sich einstellen muss. Vier Stunden – das macht man nicht mal so nebenbei. Aber dafür entlohnt euch der Film mit tollen Bildern, einer ausladenden Geschichte über Krieg und Frieden, Reichtum und Armut, Liebe und Hass, und einem sehr denkwürdigen Leinwand-Pärchen.
Wertung: 9 von 10 Punkten (vier Stunden Hollywood-Epos pur)
Ugh. Ausnahmsweise mal totaler Dissenz: Überlange, anstrengende, rassistische Schnulze mit der nervtötendsten Hauptdarstellerin der Kinogeschichte. Ganz furchtbar.
😀 Es gibt noch schlimmere als Vivien Leigh. Ja, gerade zum Anfang, wenn sie dieses kleine Mädchen spielt, nervt die gute Dame schon sehr. Aber da passt es ja irgendwie auch perfekt zur Rolle. Und ja, auch die anderen Sachen stimmen irgendwie ein wenig, aber es ist trotzdem ein interessanter Film. Ich würde ihn jetzt aber wahrscheinlich auch kein zweites Mal sehen wollen 😉