Ärger im Paradies
Der Name Eli Roth erweckt in mir nicht unbedingt das Vertrauen, einen wirklich guten Film zu Gesicht zu bekommen. „Hostel“ oder „Cabin Fever“ stehen bei mir jetzt nicht wirklich hoch im Kurs, weswegen Roth bei mir jetzt nicht den Zwang erweckt, einen Film mit seinem Namen drauf kaufen zu müssen. Selbst wenn er für besagten Film nur als Produzent tätig war. Was für „The Sacrament“ zutrifft… zweites „Vorab-Manko“, weswegen ich „The Sacrament“ nur sehr widerwillig angerührt habe, ist die Tatsache, dass es sich mal wieder um einen Found-Footage-Film gehört. Found-Footage plus Eli Roth… da dachte ich, ich bekomme wieder mal so einen Schnetzel-Film mit viel Gedärm, noch mehr Blut und sehr viel weniger Inhalt… um Platz für noch mehr Folter und Qualen zu haben. Womit ich dem Film total Unrecht getan habe.
„The Sacrament“ erzählt von drei Journalisten: Modefotograf Patrick (Kentucky Kentucker Audley), Reporter Sam (A.J. Bowen) und Kamera-Mann Jake (Joe Swanberg). Patrick erhält von seiner Schwester Caroline (Amy Seimetz) einen Brief, in dem sie von der religiösen Kommune namens „Eden Parish“ erzählt, in der sie unter der Obhut des „Vaters“ (Gene Jones) ihr neues Leben begonnen hat. Patrick, Sam und Jake machen sich auf, um die Kommune zu besuchen – irgendwo im Urwald Südamerikas. Und schon das Begrüßungskommitee mit Maschinengewehren ist ihnen suspekt. Zwar sind in der kleinen Kommune scheinbar auch alle ziemlich glücklich, doch als dann eine Frau Kontakt zu den „Außenseitern“ aufnimmt und sie bittet, sie und ihre Tochter aus der Hand des „Vaters“ zu befreien, eskaliert das Ganze.

Keine Sorge, der Vati regelt das schon…
Puhh… bisschen viel Inhalt für einen Film, aber anders ging’s leider nicht. „The Sacrament“ ist ein Film, in dem das Unbehagen erst ganz langsam aufbaut. Ja, die Maschinengewehre am Anfang sind ein ungemütliches Zeichen, aber das vergisst man dann wieder, wenn Sam und Jake anfangen, die Menschen in dem kleinen Dorf zu interviewen. Alle reden davon, wie toll es ist, wie sehr ihnen „Vater“ geholfen hat…. blablabla… Regisseur Ti West gelingt es gekonnt, zu zeigen, wie sehr die Menschen in so einer Sekte der Gehirnwäsche unterzogen sind. Kritische Nachfragen von Sam finden keinen Nährboden, der Außenseiter würde das ja eh nicht verstehen.
Auch im Interview mit dem „Vater“ selbst erkennt man sehr schnell, dass kritisches Hinterfragen fehl am Platze ist. Dazu kommt, dass Ti West mit Gene Jones jemanden gefunden, der die perfekte Mischung aus gutmütiger Vaterfigur und eiskaltem Despoten wiederspiegelt. Jones hat etwas Unscheinbares… doch man spürt, dass dahinter etwas Unheimliches lauert. Jones taucht im Film nicht so oft auf, aber wenn, dann mit einer unglaublichen Präsenz, die wirklich erschreckend ist.
Überhaupt ist das ganze Szenario an sich einfach wirklich verdammt unheimlich… vor allem, wenn man den Gedanken im Hintergrund behält, dass Ti West diesen Film zum größten Teil auf den wahren Begebenheit von 1978 aufbaut. Damals gründete Jim Jones in Südamerika eine Kommune namens Jonestown. Genau wie Jones in Jonestown wird auch „Eden Parish“ knallhart abgeriegelt und immer wieder hört man den Vater über Lautsprecher Anweisungen geben. Es fühlt sich meist doch mehr wie ein Arbeitslager an, egal wie nett da geredet wird.
Ti West gelingt es in „The Sacrament“ diese Sekte ohne billige Klischees zu präsentieren. Der anfängliche Interview-Teil verdeutlicht, dass es für viele Menschen einfach wirklich Sinn gemacht hat, sich der Welt zu entziehen… aber die Frage ist dann immer zu welchem Preis? Das ist vielleicht ein Kritikpunkt, den „The Sacrament“ außen vorlässt: Denn wie „Vater“ seine Schäfchen unter Kontrolle hält, ist für West nicht weiter von Bedeutung…. ihm geht es viel mehr darum, wie dieses ganze System zusammenbricht, wenn die Außenseiter ankommen. Es ist ein bisschen als würden Viren in unser Immunsystem gelangen. Dann wird alles versucht, dagegen anzukämpfen.
Dabei kann sich ein Ti West dann manchmal zwar nicht davon lösen, etwas zu krasse Bilder zu zeigen. Ansonsten gelingt es ihm in „The Sacrament“ aber immer, diese unheilschwangere Atmosphäre gekonnt einzufangen.
Wertung: 8 von 10 Punkten (Sekten haben halt doch etwas sehr gruseliges… und wenn man sich danach über Jim Jones und Jonestown beliest, wird’s nur noch unheimlicher)
Klingt interessant; vielleicht sollte ich mal reinschauen… irgendwann. Vielleicht zu Halloween 2015 😉
😀 Muss ja nicht zu Halloween sein. Ist ja nicht wirklich ein Horror-Film in dem Sinne…
[Achtung: extrem qualifizierter, hochwertiger Kommentar.]
Der eine Darsteller heißt Kentucky? Tzzzz 😀
😀 Gut, dass du diesen wirklich qualifizierten Kommentar abgibst… denn das ist mal tatsächlich ein Fehler meinerseits. Der gute Mann heißt nicht Kentucky, sondern Kentucker… ich weiß jetzt aber nicht, ob das wirklich besser ist 😀
Nein sag bloß XD Aus meinem Kommentar sind sogar noch Erkenntnisse entstanden. Hatte ich nicht erwartet. XD Aber „Kentucker“ … wirklich? Was haben sich die Eltern denn dabei gedacht?
Klar. Auf jeden Fall!!!! 😀 Und ja, Kentucker ist wirklich toll… was sich die Eltern da gedacht haben, wissen sie wahrscheinlich selbst nicht mehr 😀
Haha XD Gut möglich … ich würde das auch verdrängen.