Zum Inhalt springen

Es lebe das Haar-Spray!

19. Februar 2014

Bevor sich jetzt jemand verwundert abwendet, weil er oder sie nicht wirklich was über das Musical „Hair“ oder „Hairspray“ lesen will, denn kann ich an dieser Stelle beruhigen. Es geht viel mehr um einen Film, der die besten / schrägsten Frisuren präsentiert, die ich persönlich seit langem im Kino gesehen habe. Aber das muss schließlich sein, wenn man sich thematisch in die 70er Jahre begibt… so wie es David O. Russel in seinem gefeierten Oscar-Favoriten „American Hustle“ macht. Und warum das Ganze „Es lebe das Haar-Spray“ bei mir heißt, erfährt man schon in den ersten fünf Minuten, wenn ein ziemlicher rundlicher Christian Bale versucht, sich seine übrig gebliebenen Haare über die Halbglatze zu kämmen (nur um sie wenig später von Bradley Cooper wieder ruiniert zu bekommen).

„American Hustle“ ist für mich der erste Film seit „Merida“, von dem mir – neben vielen anderen Sachen – vor allem die Frisuren im Gedächtnis bleiben werden. Und erstaunlicherweise vor allem die der Männer. Ganz ehrlich: Allein Bradley Cooper mit Lockenwicklern war das Kino-Geld schon fast wieder wert. Bales fiese Frise auch!

Aber es geht bei David O. Russell nicht nur um Frisuren: Tatsächlich erzählt der Regisseur eine leicht abgewandelte Version des sogenannten „ABSCAM“. FBI-Agent Richard DiMaso (Bradley Cooper) erwischt das Bertrüger-Duo Irving Rosenfeld (Christian Bale) und Sidney Prosser (Amy Adams) auf frischer Tat. Um nicht in den Knast zu wandern gehen die beiden einen Deal mit DiMaso ein: Sie sollen ihm vier korrupte Politiker liefern. Anfangen sollen sie mit dem Bürgermeister von Atlantic City Carmine Polito (Jeremy Renner). Doch das ist alles leichter gesagt als getan: Irving und Carmine werden zu enge Freunde, Irvings Frau Rosalyn (Jennifer Lawrence) plaudert zu viel und schon bald ist die Kacke so richtig am Dampfen.

„American Hustle“ ist ein Film wie eine Lokomotive… bedächtig schaufelt David O. Russell seine Kohle (die Darsteller) rein und wartet ab, bis die nötige Temperatur da ist, um das riesige Gefährt in Bewegung zu bringen. Was ich damit sagen will, ist, dass ich gerade zu Beginn ein bisschen damit kämpfen musste, die Story nicht langweilig zu finden. Russell legt zwar in dieser Zeit den wichtigen Grundstein für die gesamte Story, doch erst wenn auch wirklich alle wichtigen Player aufgetaucht sind, nimmt das Ganze Fahrt auf.

Wir reden hier von vielleicht 45 Minuten, die weniger durch die Story, als durch die Darsteller getragen wird. Ab einem bestimmten Punkt haben Story und Darsteller aber eine ebenbürtige Balance und ab da ist „American Hustle“ ein wahres Fest. Als Zuschauer verliert man sich gern in diesem Betrügerhaufen, bei dem man nicht mehr weiß, wer hier wen hintergeht. Aber gerade das macht dann auch den Reiz der Story aus: Die Ausmaße sind für uns nicht zu erkennen, die möglichen Wendungen nicht zu erahnen und wir müssen uns ganz Russells „Willkür“ hingeben. Was man gerne macht, weil es eine flott erzählte Story ist, die einfach nur Spaß macht.

Dass „American Hustle“ Spaß macht, ist dann halt auch den wirklich großartigen Darstellern zu verdanken. Fangen wir mit dem Offensichtlichen an und enden mit den großen Überraschungen: Christian Bale ist genial. Bei keinem anderen als bei ihm würde es glaubhaft wirken, dass so ein dicker, leicht schleimiger Typ eine Granate wie Amy Adams abschleppen würde. Aber Bale lebt seinen Bauch 😉 Wozu braucht man Körper, wenn man Charisma und Schneid hat? Danke, Christian Bale! Amy Adams spielt gekonnt mit ihren Reizen (nur ganz ehrlich: an ihrem englischen Akzent hätte man noch ein bisschen arbeiten können). Für mich die größten Überraschungen waren Bradley Cooper und Jeremy Renner. Beide habe ich bis jetzt nicht sooo als die Charakter-Darsteller gesehen. Aber gerade Cooper hat hier nicht nur Mut zur Hässlichkeit (im Ernst, die Frisur… brrrr), sondern zeigt auch, was er kann. Ähnliches gilt für Renner, der hier den Bürgermeister als echten Sympathen abliefert. Man kann nur gut verstehen, warum er Irving so ans Herz wächst.

Den Hype um die allseits be- und geliebte J-Law muss ich mich wohl nach diesem Film endgültig anschließen. Auch wenn Lawrence nur eine kleine Rolle hat… war sie mein persönliches Highlight. Ob sie nun über die „Kraft der Intention“ faselt (ich habe mich tot gelacht), den Wissenschaftsofen (Mirkowelle) verflucht oder wütend zu „Live and Let Die“ die Wohnung putzt – Lawrence rockt jede einzelne Minute.

Somit bleibt nur ein gültiges Fazit: „American Hustle“ macht einfach nur Spaß. Es braucht eine Weile, um in Gang zu kommen, aber nach der (kurzen) Zeit ist der Film ein reiner Selbstläufer. Russell lebt seinen 70er-Jahre-Chic, die Schauspieler gehen vollkommen in ihren Charakteren auf und wir bekommen ein absolut witziges Gaunerstück mit einer besonderen Überraschung (die ich hier natürlich nicht verraten werde 😛 )

Wertung: 9 von 10 Punkten (bestens aufgelegte Stars unter FCKW-Einfluss bieten eine nahezu perfekte Show)

6 Kommentare leave one →
  1. 19. Februar 2014 10:18

    Sehr schön geschrieben und alles soweit korrekt. Nur undurchschaubar ist er meiner Meinung nach nicht. Mir zumindest war beinahe zu jeder Zeit klar, was als nächstes passieren würde. Aber hey, was soll’s. Das Teil ist ein Schauspiel-Meisterwerk, lockig flockig. 😉

    • donpozuelo permalink*
      19. Februar 2014 11:18

      Danke, danke 😉 Gut, dass mit dem Undurchschaubar ist vielleicht auch relativ, aber ich fand schon, dass es ein paar nette Wendungen gab.

      „Lockig flockig“ trifft’s aber ziemlich gut 😀

  2. 19. Februar 2014 11:06

    Ich mochte die Rolle von J-Law genausowenig wie sie selber – war für mich die Schwächste der ganzen Truppe. Ansonsten gehe ich mit dir einig: Starker Film. Sogar mit derselben Punktzahl.

    • donpozuelo permalink*
      19. Februar 2014 11:18

      Echt? Schade, mir hat sie wirklich gut gefallen.

    • 24. März 2014 10:05

      Jup, ich fand J-Law auch richtig gut im Film. Diese Schauspielerin ist mir unheimlich facettenreich.

Trackbacks

  1. FÜNF | Going To The Movies

Hinterlasse eine Antwort zu donpozuelo Antwort abbrechen

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..