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Esst nicht die Pilze!!!

30. August 2013

Vor allem nicht, wenn es Pilze sind, die einen sogenannten Hexenkreis bilden. In England werden solche Pilzkreise auch fairy rings genannt und sollten besser nicht betreten werden. Denn betritt ein Mensch einmal so einen Ring, dann ist er so gut wie verloren. Die meisten Sagen gehen davon aus, dass die Feen oder was auch immer für Viecher darin herumschwirren, die Menschen in den Wahnsinn treiben. In einer Erzählung wollte ein Mann seine Tochter aus so einem Ring befreien. Dafür band er sich an ein Seil und betrat den Kreis. Vier kräftige Männer waren nötig, um ihn anschließend wieder herauszuziehen. Also noch einmal: Nicht betreten. Und erst recht nicht die Pilze essen, denn die können mit Sicherheit auch nicht sonderlich gut sein.

Warum erzähle ich euch das alles? Um euch ein kleines bisschen auf Ben Wheatleys neuesten Film „A Field in England“ vorzubereiten. Pilze, fairy rings und vier Männer, die verzweifelt einen anderen an einem Seil ziehen sind Bestandteil dieses reichlich merkwürdigen, aber dennoch sehenswerten Films.

„A Field in England“ spielt irgendwann während des Englischen Bürgerkriegs. Vier Männer, unter ihnen der Astrologe Whitehead (Reece Shearsmith), entfliehen den harten Kämpfen und machen sich auf die Suche nach einer Schenke, um ihre Sorgen im Bier zu ertrinken. Jedoch scheint einer von ihnen, Cutler (Ryan Pope), noch etwas anderes mit ihnen vorzuhaben: An einer Stelle angekommen, befiehlt Cutler den Männern, an einem dicken Seil zu ziehen (merken!!!). Nach enormen Anstrengungen steht vor ihnen O’Neill (Michael Smiley), der die Männer unter Einfluss von Pilzen (es fügt sich langsam alles zusammen) zwingt, für ihn nach einem Schatz zu suchen.

Bei Ben Wheatley sollte man immer auf alles vorbereitet sein. Ich kannte zwar vor „A Field in England“ nur „Kill List“, aber schon der hatte ein angenehm unangenehmes Gefühl hinterlassen und machte bereits eines sehr deutlich: Wheatley mag es geheimnisvoll und anders. „Kill List“ sprang von Thriller zu Okkult-Horror-Irgendwas und ließ einen am Ende ziemlich verwirrt zurück. Nicht besonders anders sieht es da bei „A Field in England“ aus… vor allem wenn man bedenkt, dass in diesem Film einige unter dem Einfluss merkwürdiger Pilze stehen.

Wie gesagt, man könnte versuchen, „A Field in England“ mit dem fairy ring zu erklären. Vielleicht ist es aber auch einfach nur eine verrückte Studie über Wahnsinn. Auf der anderen Seite zeigt Wheatley aber auch diese zwei Klassengesellschaft von damals und verdeutlicht am Ende doch nur eines: Es ist egal, wer du bist, wenn du zu viele merkwürdige Pilze frisst, dann bist du erledigt. Hier hilft weder das Wissen noch die Unwissenheit. Es könnten aber noch andere Dinge für Wheatley eine Rolle gespielt haben… ich bin auf jeden Fall ziemlich verwirrt und ratlos aus dem Kino gekommen.

Doch darf man das hier nicht falsch verstehen. Auch wenn man wahrscheinlich stundenlang über den Film rätseln könnte und trotzdem zu keinem eindeutigen Ergebnis kommen würde – „A Field in England“ muss man sich echt angesehen haben. Wheatley drehte den Film in nur 12 Tagen auf einem Feld in England (d’uh!!!) mit gerade einmal fünf Darstellern. Hätte ein langweiliges abgedrehtes Freiluft-Theaterstück werden können, ist aber zum Glück ein herrlich surrealer Pilz-Trip geworden. Die Darsteller hauchen ihren Charakteren wirklich Leben ein und besonders Michael Smiley als O’Neill ist an einigen Stellen echt angsteinflößend. Und dafür dass vieles Improvisiert ist, können alle Darsteller in Alt-Englisch fluchen… 😉

Die Schwarz-Weiß-Bilder passend dazu hervorragend zu dem düsteren Ton des Films. Wheatley bietet uns neben ein paar sehr schönen Landschaftsaufnahmen (von einem Feld) auch unheimlich psychedelische Bilder, die der Warnung vor stroboskop-artigen Bildern am Anfang des Films mehr als nur gerecht werden. Wenn Whitehead irgendwann zugedröhnt übers Feld jagt, haut Wheatley alles raus. Bildgewaltiger war da höchstens noch der nicht minder merkwürdige „Enter the Void“.

„A Field in England“ ist extrem anders, extrem surreal und einfach nur abgefahrenes Kino. Wheatleys Schatzsuche ist vor allem ein audio-visuell extrem starkes Werk, dass einen ziemlich verwirrt zurücklässt. Trotzdem hat’s mir verdammt gut gefallen…

Wertung: 8 von 10 Punkten (esst echt nie Pilze, die ihr nicht kennt… obwohl es bei diesem Film vielleicht sogar von Vorteil wäre 😉 )

9 Kommentare leave one →
  1. 31. August 2013 11:31

    Wir gemerkt, danke für den Tipp 😉

    • donpozuelo permalink*
      31. August 2013 12:10

      Gerne, gerne. Laut amazon erscheint die DVD am 05. November. Aber als UK-Import sollte es den Film vielleicht auch schon geben. Immerhin wurde der Film bei unseren Freunden auf der Insel gleichzeitig im Kino, im Fernsehen und auf DVD rausgebracht.

      • 3. September 2013 11:03

        Ja, bei unseren englischen Freunden ist er schon zu haben. Ich habe ihn hier stehen, aber noch nicht geschaut.

        • donpozuelo permalink*
          3. September 2013 11:19

          Na dann so schnell wie möglich ran an die Pilze 😉

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